Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
Stadion dicht gemacht. Niemand drin außer dem Team. Und die, total verkatert, guckten den Kerl mit den Flügeln an und dachten, es handle sich um einen Werbegag. Oder 'ne Probe für einen. Die erste Mannschaft kam aufs Feld und der Junge auf die Platte. Ihr hättet sehen sollen, wie die ihre entzündeten Augen aufrissen, als der Junge einen roller die Third Base Linie runterschmetterte und dann zur First Base rüber FLOG ! Dort machte er touchdown, und ehe der Third Base Mann den Ball aus den Händen kriegte, war der Junge schon weiter zur Second Base geflogen. Alles schwankte und torkelte durcheinander an diesem heißen Morgen. Um für ein Team wie die Blues zu spielen, mußte man schon ziemlich behämmert sein, aber das hier war nochmal was anderes.
Dann machte sich der pitcher fertig, um dem batboy, den wir auf die Platte gestellt hatten, einen Ball zu verpassen, und J. C. flog runter zur Third Base! Er peste runter! Ihr hättet die Flügel nicht mal gesehen, selbst wenn ihr an dem Morgen noch Zeit gefunden hättet, zwei Alka Seltzer zu kippen. Und bis der Ball bei der Platte ankam, war unser Junge schon wieder eingeschwebt und hatte home plate berührt. Wir fanden heraus, daß der Junge das ganze Outfield spielen konnte. Seine Geschwindigkeit war einfach unvorstellbar! Wir nahmen also die zwei anderen Outfielder einfach herein und stellten sie ins Infield. Damit hatten wir zwei shortstops und zwei Spieler auf Second Base. Und schlecht wie wir waren: damit waren wir ein irrer Gegner.
An diesem Abend sollten wir unser erstes Spiel mit Jimmy Crispin im Outfield abziehen.
Zu Hause hängte ich mich sofort ans Telefon und rief Bugsy Malone an.
»Bugsy, wie stehen die Wetten auf einen Pokalsieg der Blues?«
»Gibt keine Wetten. Die Tafel ist leer. Selbst bei 10000 : 1 würde nicht mal der größte Idiot auch nur einen Cent auf die Blues setzen.«
»Was gibst du mir?«
»Ist das dein Ernst?«
»Yeah.«
»250 : 1 . Was willst du setzen? Einen Dollar?«
»Tausend.«
» TAUSEND ? Also Menschenskind . . . Moment mal ... ich ruf dich in zwei Stunden zurück.«
Das Telefon läutete nach einer Stunde und 45 Minuten. »In Ordnung, ich nehm dich rein, 'n Tausender kann ich immer brauchen.«
»Thanks, Bugsy.«
»Keine Ursache.«
Das Spiel an jenem Abend werd ich nie vergessen. Alles dachte, wir hätten einen Affenzirkus auf die Beine gestellt, um die Ränge zu füllen; aber als sie sahen, wie Jimmy Crispin aufstieg und einen todsicheren hom run einfing, der 5 Meter über den Zaun am linken centerfield gegangen wäre, da fing der Laden an zu laufen. Bugsy war neugierig geworden und runtergekommen, um sich die Geschichte anzusehen, und ich beobachtete ihn in seiner Loge. Als er sah, wie J. C. diesen Ball aus dem Himmel holte, fiel ihm seine 5-Dollar-Zigarre aus dem Mund. Aber in den Bestimmungen stand nichts, das es einem Mann mit Flügeln verbot, Baseball zu spielen; und damit hatten wir sie bei den Eiern. Und wie. Wir gewannen das Spiel mit der linken Hand. Crispin holte allein 4 Punkte.
Die anderen kriegten aus unserem Infield nichts raus, und im Outfield gabs sowieso nichts für sie zu holen.
Und die Spiele danach. Die Zuschauermassen. Einen Spieler durch die Luft fliegen zu sehen, war an sich schon Anreiz genug; dazu kam noch, daß wir mit 25 Spielen im Keller waren und die Zeit langsam knapp wurde. Die Menge sieht es gern, wenn einer wieder von den Brettern hochkommt. Und die Blues waren groß im Kommen. Es war die Schau des Jahrhunderts.
LIFE kam und bat Jimmy um ein Interview. TIME . LIFE . LOOK . Er hatte ihnen nichts zu erzählen. »Ich möchte bloß, daß die Blues die Meisterschaft gewinnen«, sagte er. Aber das war immer noch ein harter Brocken, allein von der mathematischen Seite, wenn man sich das Punktverhältnis ansah. Und wie im Illustriertenroman kam es arn Ende auf das letzte Spiel der Saison an, wir lagen punktgleich mit den Bengals auf dem zweiten Platz, und im Endspiel hieß es die Bengals oder wir. Für mich war die Sache ganz klar. Wir hatten, seit Jimmy in die Mannschaft gekommen war, kein einziges Spiel verloren. Und meine 250 Tausend Dollar waren zum Greifen nah.
Am Abend des Endspiels hockten wir im Büro, Old Man Henderson und ich. Wir hörten was draußen auf der Treppe, und dann fiel einer zur Tür rein, voll wie tausend Mann. J. C. Seine Flügel waren weg. Nur noch Stummel waren zu sehen.
»Sie ham mir meine gottverdammten Flügel abgesägt, die Drecksäcke! Sie ham ne Frau auf mich angesetzt, im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher