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Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß

Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß

Titel: Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß
Autoren: Oliver Hassencamp
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klang wenig erfreulich. Die Schreckensteiner, so hieß es, fühlten sich in dem alten Gemäuer als Raubritter und benähmen sich entsprechend, die ganze Schule würde von einer Clique von Schlägern beherrscht, die keinen Widerspruch und keine anderen Interessen duldeten.
    Vorsichtig gab Andi seinem Vater zu bedenken, was er gehört hatte. Es half nichts. So milde der Vater seinen Abgang von der Ebert-Schule hingenommen hatte, so fest schien er entschlossen, ihn in das Internat zu geben. Vielleicht war auf der Burg gar kein Platz für einen neuen Schüler? Doch auf solche Hoffnungen wollte Andi sich nicht verlassen. Wenn überhaupt noch etwas zu machen war, dann nur über die Mutter. Um sie zu gewinnen, musste Andi besser Bescheid wissen. Und so beschloss er, zuerst einmal die Verhältnisse auf der Burg auszukundschaften. Nach Indianerart. Er hatte ja noch etwas Zeit.
     
     
     

Häuptling Felgenbremse
     
    Ein richtiges Rennrad mit schmalen Schlauchreifen ist schon ein besonderes Fortbewegungsmittel. Wer einigermaßen trainiert ist, kommt damit weiter als andere Radfahrer mit normalen Rädern. Andi war trainiert; eine Fahrt zur Burg und zurück an einem Tag waren eine Kleinigkeit für ihn. Gleich nach dem Frühstück hatte er sich aufgemacht; leichtfüßig kurbelte er durch den Wald, wie es in der Fachsprache heißt. Eifrig schaltend passte er sich den jeweiligen Straßenverhältnissen an, immer bedacht, einen „runden Tritt“ zu halten und sich nicht mit zu großen Übersetzungen müde zu strampeln. Diese Fahrweise hatte er aus Fernsehberichten von der Tour de France und der Italienrundfahrt gelernt.
    Als die Serpentinen anfingen, schaltete er vorn auf das kleinere Kettenblatt, hinten auf ein größeres Rad des sechsfachen Zahnkranzes und blieb trotz der erheblichen Steigung im Sattel sitzen, woran man den wahren Kletterer erkennt. Die „Roller“ nämlich, die großen, athletischen Fahrer, die nur in der Ebene schnell sind, müssen meist schon bei kleinen Steigungen aus dem Sattel und sich in den Pedalen stehend hinaufplagen. A la danseuse — nach Tänzerinnenart, nennt man im Radsportland Frankreich diese kraftraubende Fahrweise.
    Immer dichter wurde der Wald, immer enger die Kurven, immer steiler der Anstieg. Andi schaltete auf den kleinsten Gang, beobachtete die hinüberspringende Kette, als sein Rad plötzlich einen Stoß bekam, dass er glaubte, gegen eine Gehsteigkante gefahren zu sein. Sofort zog er die Felgenbremsen und sah auf.
    Der Schreck, der ihn durchfuhr, war nicht umsonst: Er befand sich auf dem Schreckenstein. Genauer gesagt auf der hölzernen Zugbrücke vor dem Tor, durch das er in den gepflasterten Innenhof sehen konnte. So düster und verwunschen hatte er sich die Burg nicht vorgestellt. Was für eine Strafe, hier leben zu müssen! Grauenhaft! Zu weiteren Überlegungen blieb keine Zeit, wenn er nicht entdeckt werden wollte. Und das hätte ihm gerade noch gefehlt! Nach rückwärts rutschte er vom Sattel, nahm das Rad wie ein Querfeldeinfahrer über die Schulter, verkroch sich ins nächste Gebüsch und lauschte atemlos. Nichts war zu hören, niemand zu sehen. War das am Ende gar nicht der Schreckenstein?
    Andi schob das Rad tiefer ins Unterholz, lehnte es an eine morsche Futterkrippe für Wild und schlich, ohne einen Zweig zu bewegen, zur Zugbrücke zurück. Wieder wartete er umsonst. Schließlich wurde es ihm zu dumm. Er ließ sein Rad, wo er es abgestellt hatte, und lief ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen durch das Dickicht um die Burg herum. Das Gelände fiel ab, immer steiler, der Wald wurde lichter und hörte dann ganz auf. Links unter ihm lag ein See, am Ufer ein Bootshaus mit Steg, rechts oben die Burg. Von dieser Seite sah sie etwas freundlicher aus. Andi kletterte im Schutz der Bäume den Hang hinauf und schlich an dem Gemäuer entlang.

    Als er gerade wieder zweifeln wollte, dass dies die Burg Schreckenstein sei, vernahm er über sich ein Geräusch. Es klang, als öffne jemand ein Fenster. Sofort presste er sich gegen die Mauer, und es war ihm, als höre er Stimmen. Dann war es wieder still. Nach einer Weile schlich er weiter bis zur nächsten Ecke. Wieder wartete er, schob dann vorsichtig den Kopf nach vorn. Hier sah es wesentlich freundlicher aus. Ein Park mit gestutzten Hecken, daneben Obstbäume und Gemüsebeete und dahinter ein wunderschöner Sportplatz mit Geräteschuppen, vor dem ein Dutzend Jungen in Trainingsanzügen Lockerungsübungen machten.
    Also doch der
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