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Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela

Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela

Titel: Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela
Autoren: Heinz Malangré
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fahren über Clermont-Ferrand (dem
Geburtsort Pierre Teilhard de Chardins) und Notre-Dame-du-Pont nach Conques auf
der „Via Podiensis“. In Conques erleben wir Portalplastik von erschütternder
Großartigkeit. Die „Tympanon-Orgie“ beginnt (welch schreckliches Wort! Wie kann
man romanische Portal-Skulptur und Orgie in einem Atemzug nennen! Und doch
werden uns die „Schauwände des Ewigen“ — wie unser Reiseleiter Helmut Deutz
betont — mit elementarer Gewalt gefangennehmen, begeistern und erheben!).
    Am dritten Tag folgen wir der
„Via Podiensis“ nach Cahors. Wir bestaunen in Cahors die Brücke, den wehrhaften
Pont Valentré über den Fluß Lot. Aus Cahors stammt Jacques Duèse, der spätere
Papst Johannes XXII., ein Mann des 14. Jahrhunderts, gewählt nach zwölfjährigem
Konklave, ein gewaltiger Kämpfer in den mittelalterlichen Auseinandersetzungen
zwischen Papsttum und Kaisertum, ein Streiter gegen das Armutsideal der
Franziskaner, ein Förderer des Pfründenwesens und des Ämterkaufs. — Papst
Johannes XXIII. wird gewußt haben, warum er sich mit seiner Namenswahl ganz
bewußt über die große Problematik dieses Haders hinausschwang, indem er sie im
Namen aufgriff und sie in einem Pontifikat der Fröhlichkeit, Bescheidenheit und
Demut überwand. Wir freuen uns, auf unserer Reise solchen Zusammenhängen zu
begegnen.
    Doch Cahors ist nicht nur der
Geburtsort des Jacques Duese und der Platz des Pont Valentré. Die Perle der
Stadt ist die Kathedrale St-Etienne mit ihrem herrlichen Tympanon 2 von der Himmelfahrt
Jesu. Die Härte des „Letzten Gerichts“ von Conques findet eine erlösende
Fortsetzung.
    Von Cahors geht die Fahrt nach
Moissac. Die Abteikirche mit ihrer Portalplastik — wieder ein Tympanon! — ist
ein neuer Höhepunkt unserer Pilger- und Bilderreise. Die „Himmelfahrt“ von
Cahors wird hier fortgeführt in die „Verklärung“ der Apokalypse, der „Geheimen
Offenbarung“ des Johannes. Die Zusammenhänge verdienen spätere Erläuterung.
    Nach Moissac verlassen wir die
„Via Podiensis“ und wechseln auf die „Via Tolosana“. Toulouse ist unser
wichtiges Ziel. Wir sehen die große Pilgerkirche St-Sernin und Les Jacobins mit
dem Sarg des Thomas von Aquin. Wir betrachten wieder herrliche Portalplastiken
und Kapitelle. Wir wachsen immer tiefer hinein in das beglückte Staunen über
die „biblia pauperum“, die steinerne Bilderbibel, auf der Blatt für Blatt der
Heilsgeschichte dargestellt wird und die den Pilger früher führte und auch
heute noch zu den sich immer klarer und tiefer öffnenden Geheimnissen der
Erlösung und der Seligkeit leitet.
    Am vierten Tag überqueren wir
nach Übernachtung in Pau von Oloron-Ste-Marie aus die Pyrenäen über den Somport-Paß.
Dichter Nebel hindert die Sicht. Wir sind ein wenig ängstlich auf den steilen
und engen Serpentinen, bis nach der Überquerung des Passes das Wetter besser
und besser wird. Als wir im spanischen Jaca ankommen, scheint die Sonne.
    In Jaca sehen wir die älteste
romanische Kirche Spaniens. Am Tympanon der Kirche selbst belehrt uns ein
großes „Chrismon“, ein XP, griechisches Monogramm mit den Anfangsbuchstaben des
Christus, über christianische und trinitarische Bezüge, und wir ahnen erneut,
daß die Bilderbibel der Tympana nicht nur etwas für die „Armen im Geiste“ war
und ist. Diese Bilderbibel hält Aussagen von hoher Geistigkeit bereit, deren
Auflösung nicht immer ein Kinderspiel darstellt.
    So haben wir bisher drei der
vier französischen Pilgerstraßen berührt. Über Leyre und Sangüesa erreichen wir
die Königsstadt Pamplona. Dort bleiben wir zwei Tage und Nächte. Endlich gibt
es einen Ruhepunkt.
    Wir reden über Wege. Von
Pamplona aus fahren wir auch auf den vierten Weg, lernen das Ende der „Via
Turonensis“ kennen und steigen hoch zum Paß von Ibaneta bei Roncesvalles. Das
ist ein ganz wichtiges Erlebnis. Ist doch für uns Aachener der Paß mit der Vita
„unseres“ Kaisers Karl und seines Gefolgsmannes Roland legendär verbunden.
    Auf der Paßhöhe oberhalb von
Roncesvalles sitzen wir im Sonnenschein auf dem Wiesenboden, um uns herum
fröhlich blökende Schafe. Unser Reiseleiter Helmut Deutz spricht über den
„Codex Calixtinus“, insbesondere über dessen viertes Buch, den „Pseudo-Turpin“.
Er spricht nicht nur über Texte, er stellt Zusammenhänge dar, Bezüge, Ursachen,
Wirkungen. Literatur, Historie, Theologie und Politik verbinden sich zu einem
großen Muster, zu einem Spiel Gottes auf
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