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Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition)
Autoren: Marcel von Treppen
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sollen in Gegenwart der Aborigines getestet werden.“ Zuerst begriff ich nicht. Man wollte Testpersonen den Aborigines aussetzen, Testpersonen, die etwas gegen Wahnsinn geschluckt hatten, damit sie dem Wahnsinn, der von den Aborigines ausging, standhielten. Unsere Psychiatrie behandelte mit Schocks und Psychopharmaka Psychosen und Depressionen, die es auch auf dieser Welt gab. Wenn nicht hier, wo sonst? Vermutlich war ein Verrückter auf die Idee gekommen, die neuesten Produkte, die in den Irrenanstalten eingesetzt wurden, in Kontakt mit den Aborigines auszuprobieren. „Aber das ist doch gefährlich“, äußerte ich mich. „So gefährlich nun auch wieder nicht, man bezahlt ganz gut, inklusive eines zweiwöchigen Urlaubs in New Havanna.“ Ich schluckte. „Möglicherweise bleibst du wahnsinnig. Für immer wahnsinnig“ - „Eher unwahrscheinlich. Zudem schützen ja die Psychopharmaka“ - "Vielleicht kriegst du ja auch einen Schaden von dem Zeugs, dass du einschmeißt.“
    Er schaute mich verständnislos an, zog an seiner Zigarette, trank an seinem Bier, als ob er mir sagen wollte: „Mein Freund, all das, was wir hier zu uns nehmen, schädigt uns auch!“ Die Diskussion wurde nicht weiter fortgeführt, weil sich Peter zu uns setzte und das übliche Begrüßungsritual begann. „Ich brauche Bier und Weiber“, sagte der dann. Peter war einfacher Industriearbeiter, las aber ganz gerne und ich versorgte ihn mit „verbotener“ Literatur. „Das du hier Bier kriegst ist ziemlich wahrscheinlich. Aber Weiber?“, entgegnete ich ihm lächelnd, während Paul mich aufmerksam musterte.
    „Meine kleinen Freunde. Für wen arbeitet ihr? Peter und Paul vom klerikalen Geheimdienst, geschickt, um mich auszuspionieren, mich zu verraten, mich auszuliefern, an die Messer der Geistlichkeit. Wer von ihnen will mich der Verbrechen überführen, denen ich mich schuldig gemacht habe.“ Die üblichen Gedanken. Mein größtes Verbrechen: Ich glaubte nicht an Gott und somit nicht an seine Verwalter auf New Earth. Ich war verdächtigt worden, aber nicht überführt. Wer von euch würde mich überführen? In einem betrunkenen Moment hatte Peter mir gestanden, dass er kaum an Gott, wie er uns gepredigt wurde, glaube. Im Übrigen war ich schon in seiner Hand, ich versorgte ihn mit verbotener Literatur. Studenten und Lehrende der Vorgeschichte durften ihre Lehrmaterialien nicht öffentlich machen; was wir lehrten, war zwar öffentlich, aber zensiert. Vorausschauend mussten wir selbst zensieren. Insofern gehörten wir einer wissenden Kaste an, die es besonders zu beobachten galt. Waren Peter und Paul Beobachter? Auch Peter wollte offensichtlich nichts essen. Er und Paul unterhielten sich über Weiber im Allgemeinen und Weiber in dieser Kneipe, ohne eigentlich die geringste Ahnung zu haben, was Weiber waren. Gut, Peter hatte wohl eine gewisse Ahnung, aber auch er war unverheiratet. Ich hatte eine gewisse Ahnung über Weiber und es war völlig egal, dass Paola die perfekteste Schauspielerin der Welt war, auch sie hatte meinen Erfahrungsschatz bereichert, sodass ich zwar mit Ahnung ausgestattet war, aber ich war entfernt davon zu sagen: „Ich verstehe die Frauen!“ Während Bier und Wein mein intellektuelles Vermögen in die Knie zu drängen versuchten, waren andere Sphären meines Geistes bemüht, festzulegen, was ich hier eigentlich wollte. Trinken, ja sicher! In Berührung mit einer Frau kommen, die quasi instantan meine Gefühle in Wallung bringen würden, Berührungen, berühren, was ich immer berühren wollte, berührt werden, an der einen oder anderen Stelle. Meine Tendenz mich daneben zu benehmen war größer als meine Disziplin, die als Parole Anpassung ausgab, die äußerste Konformität von mir verlangte, was den Hedonisten in mir aber nicht kümmerte. Dieser Hedonist lebte im Hier und Jetzt und selbst die Versprechungen, dass bei genügend Disziplin und Konformität die Ehefrau sicher wäre, zogen nicht. Ich war mir sicher, dass Paola mir nie langweilig würde, aber gewöhnlichen Ehefrauen wurde auf Dauer eine Langeweile erzeugende Frigidität unterstellt, und es musste ein irgend gearteter Untergrund sein, der solche Vorurteile über Ehefrauen verbreitete. Gab es einen Untergrund? Wer waren Peter und Paul? Wer war ich? Peter war auch einige Jährchen jünger als ich und stand also noch voll im Saft. Alles in allem wollte ich die Erotik an diesem Abend für mich nicht ausblenden.    
     
     
     
    Der Abend nahm seinen
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