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Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition)
Autoren: Marcel von Treppen
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der ihr nachstarrte, als sie durch eine Hintertüre verschwand. Die begehrten, heiratsfähigen Frauen standen nicht auf Studenten oder mittellose Absolventen eines Studiums, da ihnen genügend Männer zur Verfügung standen, die Bares in der Tasche hatten. Niemand schien die romantische Liebe zu kennen – ich schon, als Experte hatte ich darüber gelesen. Es musste sie gegeben haben, auf der Erde, und vermutlich gab es sie auch hier, vereinzelt, ohne als Idee oder Begriff in den Köpfen der Leute zu existieren. Allerdings war die romantische Liebe nur ein romantisches Gespinst, ein Ideal bestimmter Kulturen auf der Erde, geeignet für Dramen und Komödien, weniger geeignet fürs wirkliche Leben mit seinen existenziellen Widerwärtigkeiten. Eine Leitlinie für Pubertierende, die auch damals nur schlecht verstanden wurde, so schätzte ich. Paola hatte ich „romantisch“ geliebt, in den zwei Wochen, aber es gelang mir nicht, sie zu einer Flucht zu überreden. In unseren Gesellschaften musste man fliehen, um „romantisch“ lieben zu können. Aber wohin? Es gab in den Ozeanen ein paar, kleinere unbewohnte Inseln, für die sich niemand interessierte. Historisch bedingt war es wohl dadurch, dass man sich vom Meer nicht ernähren konnte. Alles, was dort schwamm, war ungenießbar, unsere Fische hatten keine Chance gehabt zu überleben.
    Da wäre noch unser Nachbarplanet, dessen Biologie praktisch eine völlig andere ist, mit einer anderen DNS, wenn ich es mal salopp sagen darf. Ein Ort, der in Verdacht steht, von einer Superintelligenz bevölkert zu sein, die womöglich mit unseren Aborigines verwandt ist. Sämtliche Rückkehrer der ersten Expedition wurden zuerst Patienten einer geschlossenen Anstalt, so die Gerüchte.
    Von einem Nachbarplaneten zu sprechen, war eigentlich falsch. Die Nachbarplaneten unserer Welt waren unbewohnbar, aber unsere Sonne hatte einen kleinen Schwesterstern, nicht viel weiter entfernt als Pluto oder Neptun von der Erde und diese kleine rote Sonne umkreiste ein Planet, der Leben barg, anderes, unheimliches Leben. Man nannte diesen Planeten Aurelia, seine Oberfläche bestand aus mehr als neunzig Prozent Wasser. Der Wahnsinn, der von Aurelia ausging, unterschied sich vermutlich nicht sehr von dem, was von unseren Kontinenten ausging. Wohin, bitte schön, sollte man fliehen? Vielleicht entwickelte man gegen den Wahnsinn, der von den Aborigines ausging, eine Immunität, wenn man sich ihm lang genug aussetzte, aber von den Verschollenen war bisher niemand zurückgekehrt. Paola konnte sich kaum ein Leben mit Robinson vorstellen, ein Leben in völliger Primitivität. In einer Überwachungsgesellschaft konnte man nicht wirklich fliehen, auch wenn es in New Avignon sehr dünn besiedelte Gegenden gab, aber Paola und ich waren dort nicht überlebensfähig. Es gab nirgendwo ein Asyl für die von der romantischen Liebe betroffenen, unsere Liebe war so verboten wie die von Romeo und Julia. Es standen sich nicht zwei befeindete Familien gegenüber, sondern zwei befeindete Gesellschaften, die zwar zuließen, dass wir Liebe machten, wenn denn der Dollar floss, aber keine Liebesliaison.
    „Willst du auch noch ein Bier?“ Paul riss mich aus meinen Gedanken raus. „Ja, ich denke, ich brauche noch einige. Ich zündete mir eine Zigarette an. Von all den Genussmitteln, die die Erde kannte, gab es im wesentlichen nur zwei nicht. Es gab keinen Kaffee und keinen Kakao. Kaffee musste eine ähnlich belebende Wirkung wie Tee haben, aber völlig anders schmecken. Die Kaffeepflanzen hatten auf New Avignon und New Havanna keine Chance, ebenso wenig Coca. Von den verbotenen Dingen gediehen Cannabis und auch Schlafmohn auf New Havanna prächtig. Es war nicht nur Tee, der von der südlichen Insel kam, deren Südspitze knapp 2500km vom Äquator entfernt war. New Earth war etwas größer als die Erde, weniger dicht, aber alles in allem schlug die Schwerkraft etwas härter zu als bei unserem Ursprungsplaneten, etwa 5 Prozent härter. Bier kam und wir versuchten, Margarete anzulächeln, die aber unsere Kontaktaufnahme ignorierte. Noch! Paul zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. Tabak gedieh hier prächtig. Unser Gespräch war verebbt. Paul war in Gedanken vielleicht bei den Frauen in dieser Kneipe, die er nicht kriegen würde, vielleicht auch bei seiner Physik. „Womit willst du den im Sommer Geld verdienen?“, fragte ich ihn. „Als Versuchskaninchen. Es gibt da ein Forschungsprogramm, das Antipsychotika entwickelt. Die
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