Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1
Autoren: cross
Vom Netzwerk:
ausmerzen konnte, ihrer unverständlichen Dschungelkultur, ihrer melodischen Sprache, die fast ein Singsang war, und ihrer Vertrautheit mit Drachen wurden als untermenschliche Eindringlinge betrachtet.
    Danach fielen häufig Invasoren in bestimmte Gebiete Malacars ein. Das Land hieß damals noch nicht einmal so, sondern war unter zahlreichen unterschiedlichen Namen bekannt, je nachdem, mit welchem Volk man wo und in welcher Dekade gerade sprach. Von der Küste bis zu den Gebirgsketten, von den Dschungeltälern bis zur fruchtbaren Ebene war die Nation mit Kulturen überzogen, die sich allmählich auseinanderentwickelten. Die ganze Zeit jedoch blieb die Abneigung gegen die Djimbi gleich.
    Zweihundertsiebzig Jahre nach Ankunft der ersten Xxelteker vereinte der große Zarq Car Mano die verschiedenen Kulturen und Völker des Landes zu der Nation, die sie heute sind: Malacar, Land des Eisens. Doch auch unter Car Manos Regentschaft änderte sich für die Djimbi nur wenig, und sie blieben so scheu und verabscheut wie eh und je.
    Selbst der große Car Mano konnte jedoch nicht verhindern, dass es das kriegerische Volk des Archipels, das seit Jahrtausenden existierte, nach unserem Land gelüstete. Nur sechzig Jahre, nachdem unsere Nation entstanden war, fiel es erneut in Malacar ein, diesmal unter der Führung von Imperator Wai Fa-sren. Mithilfe einer furchterregenden Armee, die durch seine eigene religiöse Doktrin gestählt war, eroberte Wai Fa-sren Malacar sehr schnell. Er regierte mittels einer strengen, theokratischen Diktatur: Ranon ki Cinai. Der Tempel des Drachen.
    Die Großgrundbesitzer, die von Imperator Wai Fa-sren bevorzugt wurden, die mit der stärksten Loyalität zum Imperator, dem größten Wohlstand und mit Vorfahren aus dem Archipel, gewannen bald an Macht. Man nannte sie Bayen , Aristokraten oder Staatsbürger Erster Klasse. Ihr Wohlstand, ihr Status und ihre politische Ausrichtung unterschied sie sehr bald von der Masse der Bevölkerung. Nur ihnen wurde erlaubt, Drachen zu besitzen.
    Hundertsiebzig Jahre später, ich war gerade neun Jahre alt, regierten die Nachkommen von Imperator Wai Fa-sren Malacar immer noch durch den Tempel. Als eine Rishi, eine rechtlose, in einer Brutstätte geborene Leibeigene, befand ich mich fast auf der niedrigsten Stufe der Tempelhierarchie. Aber es gab noch eine Gruppe von Menschen, die in der Hierarchie weit unter meiner stand.
    Die Djimbi.
    Es war wirklich ein Glück, dass meine Haut wie die meines Vaters aussah und nicht die Pigmentierung meiner fleckbäuchigen Mutter aufwies.
     
    Ich erwachte kurz vor dem Morgengrauen, am Tag nach diesem denkwürdigen Mombe Taro. In dem Frauenhaus, dem Langhaus, in dem die Frauen und Kinder des Töpferclans schliefen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass meine Mutter mich zurückgetragen hatte. Dafür erinnerte ich mich daran, dass meine Mutter mir etwas Merkwürdiges ins Ohr flüsterte, so etwas wie: »Lauf immer, meine Zarq. Lauf schnell!«
    Traumgewäsch.
    Die Zeit vor Tagesanbruch ist dämmrig, der Moment einer wässrigen Anderwelt zwischen Hell und Dunkel. Die Umrisse verschwimmen, und alles sieht irgendwie flüssig aus. Damals, an jenem Morgen, blieb ich ruhig liegen und genoss die Stille.
    Meine Schlafmatte aus Schilf, die nachts von Schweiß bedeckt war und wie Honig an meinem Leib klebte, fühlte sich jetzt sauber, frisch und glatt an. Waisis Arm war kühl an meinem, nicht geschwollen vor fleischiger Hitze. Die Nacht hatte das Schnarchen und Furzen und Greinen eines Saales voller Frauen und Kinder in leichtes, gleichmäßiges Atmen verwandelt. Draußen verschwanden die Sterne in dem Dämmerlicht, während Tau still Hütten, Tempel und Stallungen überzog. Graues Schweigen regierte, und sein Gefährte war kühle Luft.
    Die Stille war so selten, dass ich gar nicht genug davon bekommen konnte. Ich lauschte ihr nicht nur, sondern sog sie mit jeder Pore meines Körpers ein.
    Dann stieß ein Flammenschweif aus dem Dschungel seinen Weckruf aus, ti-ti-wiet . Nach einer kurzen Pause wiederholte er seinen Ruf. Er setzte seinen Monolog eine Weile fort, bis ein zweiter in sein Lied einstimmte.
    Das dichte Grau hellte sich auf, bis es einen weißlichen Ascheton annahm. Links von mir rührte sich jemand und hustete. Ein Basavogel schrie. Abrupt erhob sich im ganzen Dschungel der Lärm von Vogelgeschrei.
    Ich stöhnte und setzte mich auf.
    Ich sah den Verband an meiner Hand, der sich gelblich verfärbt hatte. Sofort stürzten die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher