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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1
Autoren: cross
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verletzte Hand nahm. Er knurrte. Es war ein tiefes, drohendes Geräusch in seiner Kehle, das, wie ich instinktiv wusste, gegen den Drachenmeister gerichtet war.
    »Wie hast du sie behandelt?«, knurrte er.
    Mutters Stimme kam aus der Dunkelheit zu meinen Füßen.
    »Ich habe sie in kaltem, abgekochtem Wasser gebadet und einen Breiumschlag aufgelegt …«
    »Sie wird Narben zurückbehalten.«
    »Ich hoffe nicht. Ich war sehr schnell.«
    »Warum hat er das getan?«
    »Weil er dazu in der Lage ist.«
    »Dieser verrückte Mistkerl.«
    »Ja.«
    Mein Vater seufzte und strich mir ungelenk über die Stirn.
    »Lauf nächstes Jahr nicht mit. Oder wenn, dann mach langsam. Hast du gehört?«
    »Ja, Herr«, murmelte ich.
    »Schlaf jetzt«, befahl er und tätschelte erneut meinen Kopf. Ich drehte mich auf die Seite und schloss die Augen. Eigentlich beabsichtigte ich, nur vorzutäuschen, dass ich schlief, damit ich hören konnte, was sie als Nächstes redeten. Aber die Ereignisse des Tages und die späte Stunde überwältigten mich. Meine Eltern blieben in der kurzen Spanne, die es dauerte, bis ich einschlief, stumm.
    Einige Zeit später wurde ich von dem abgehackten Keuchen meiner Mutter und den schweren, rasselnden Atemzügen meines Vaters geweckt, die aus dem Verschlag nebenan drangen. Getröstet von diesen vertrauten Geräuschen, schlief ich sofort wieder ein. Der Drachenmeister und meine Djimbi-Herkunft waren vergessen.
     
    Die Djimbi. Die Fleckbäuche. Wenn Malacar, mein Geburtsland, wirkliche, echte Eingeborene hat, dann findet man sie unter den Djimbi. Allerdings nur, falls man irgendwelche Djimbi findet. Es ist ein sehr scheues Volk.
    Als Kinder hatten wir schreckliche Angst, dass diese grünhaarigen Halbdämonen aus dem Dschungel schleichen, wie Schlangen über unsere Mauern gleiten und uns von unseren Schlafmatten entführen würden. Sie würden uns die Zungen herausschneiden und sie roh verspeisen, uns fesseln, uns die Augen verbinden und uns tief in den Dschungel zerren, wo sie uns mit Flaschenzügen und Seilen in die Baumkronen hinaufziehen würden. Dort würden sie uns in den verfaulenden Nestern einer Drachenkolonie Glied um Glied an gerade ausgeschlüpfte Jungdrachen verfüttern.
    So etwas machten Djimbi, das wussten wir. Es war ganz gleich, ob die Erwachsenen das zugaben oder nicht. Wir wussten es. Die Djimbi liebten es, Kinder an Jungdrachen zu verfüttern. Sie machten es, um diese Drachen zu zähmen und sie an den Geruch der Djimbi zu gewöhnen.
    Wenn die Jungdrachen satt waren, würden die Djimbi sie anfassen, ganz sicher würden sie das tun. Sie streichelten ihre schuppigen Köpfe, die knorpelige Haut und die kühlen, schmutzigen Bäuche. Sie griffen unter ihre peitschendünnen Schwänze und steckten ihre Finger in Öffnungen, in die keine Finger gehörten; dann fuhren sie mit den Zungen hinein und mit allem, was unsere Fantasie sich ausdenken konnte.
    In all dem steckte auch ein Funken Wahrheit.
    Das erregte uns und widerte uns an, beflügelte unsere schrecklichen und beängstigenden Fantasien.
    Aber nicht nur wir Kinder fürchteten die Djimbi. Das Volk vom Archipel, das Volk des Imperators, fürchtete sie auch. Und ihre Ängste basierten nicht nur auf Geschichten von Entführungen, Kannibalismus und Bestialität, sondern auf kulturellen Vorurteilen.
    Vor fünfhundert Jahren überquerten die blonden Xxelteker zum ersten Mal die Gletscher, die ihre Nation von Malacar trennte. Diese Nomaden vermehrten sich auf den fruchtbaren Ebenen von Malacar und bekamen die Djimbi nie zu Gesicht, denn die lebten nur im Regenwald. Die Fleckbäuche wurden erst einhundertdreißig Jahre später entdeckt, als der Imperator des Archipels, Wai Soomi-kun, vom Meer her in Malacar einfiel und dabei in den Dschungel eindrang.
    Die Krieger des Imperators vergewaltigten ohne Unterschied alle Frauen, derer sie habhaft wurden, seien es Xxelteker oder Djimbi. Die Bastarde, die dem Schoß vergewaltigter Djimbi-Frauen entsprangen, trugen allesamt die grünbraune Pigmentierung ihrer Mütter; die Kinder der xxeltekischen Nomaden dagegen hatten blasse Haut. Diese Letzteren wurden von immer mehr Vätern anerkannt, und schon bald gingen die xxeltekischen Nomaden im Volk der Invasoren aus dem Archipel auf.
    Es dauerte nicht lange, knapp siebzig Jahre, bis sich die Meinung durchsetzte, dass diese elfenbeinhäutigen Kinder der Invasoren Malacars wahre Eingeborene wären. Die Djimbi, mit ihrer bizarren Hautpigmentierung, die man einfach nicht
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