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Auf die Freundschaft!

Auf die Freundschaft!

Titel: Auf die Freundschaft!
Autoren: Annika Bühnemann
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dieses Event lapidar „Sommerfest“ nannte.
    Da wir wussten, wo Ken mit Ronny sitzen würde, konnten wir unsere Plätze mit Bedacht wählen, ohne von Ken entdeckt zu werden. Ronny und Ken kamen kurz vor Beginn der Veranstaltung und setzten sich. Ronny sah fabelhaft aus: er glich einem Paradiesvogel in seiner bunten Weste mit der überbreiten Krawatte und der weißen Hose. Ken war es sichtlich unangenehm, sich öffentlich mit Ronny zu zeigen. Es erschreckte mich, wie versessen er war, die Karriereleiter zu erklimmen. Leugnen nützte ohnehin nichts, wie wir festgestellt hatten, denn jeder in der Firma glaubte bereits, dass Ken schwul war – er benahm sich also wie immer und nutzte alle Vorteile dieser neuen Situation aus.
     
    Theo begrüßte alle Gäste und eröffnete die Veranstaltung. Es war ein Zauberer eingeladen worden, der nach dem Essen eine Zaubershow zeigte. Ich beobachtete Ken die ganze Zeit über. Während Ronny sich prächtig amüsierte, bestellte Ken einen Schnaps nach dem nächsten und hatte innerhalb kürzester Zeit einen Schwips. Vermutlich dachte er, so lasse sich die Situation besser aushalten.
    Als der Zauberer seine Show beendet hatte, kletterte Theo erneut auf die Bühne und begann mit einer Rede. Er dankte allen Mitarbeitern für die Mühen in diesem ersten Halbjahr, für ihre Motivation und ihren Einsatz. Ganz besonders lobte er tatsächlich Ken und überraschte ihn mit der Auszeichnung „Mitarbeiter des Monats Juni“.
    „Einen großen Applaus für Kenneth Robinson, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!“
    Ronny musste Ken in die Seite stoßen, damit er aufstand und auf die Bühne torkelte, um seine Urkunde entgegenzunehmen. Kurzerhand schnappte er sich Theos Mikrofon und begann seine Art einer Dankesrede.
    „Liebe Ko...Kolleginnen und Kollegen.“
    Man konnte ihn fast nicht verstehen, so sehr lallte er. Alle hörten ihm angestrengt zu. Einige kicherten.
    „Diese Versicherung ist scheiße.“
    Ich traute meinen Ohren nicht und auch die Menschen um uns herum begannen plötzlich zu tuscheln.
    „Die Versicherung ist scheiße und ihr seid scheiße.“ Er machte eine schwungvolle Bewegung mit seinem Arm, als er auf das gesamte Publikum zeigte.
    Theo versuchte, Ken das Mikrofon zu entreißen, aber er konnte es verteidigen.
    „Ihr denkt alle, ich bin schwul, aber das stimmt nicht. Das stimmt nicht! Ich hasse Schwule! Aber Theo bevorzugt Schwule, also habe ich mitgespielt.“
    Theos Frau sprang empört auf. Theo selbst schien eine Herzattacke zu erleiden und die Gäste waren schockiert. Ken sprach unbeirrt weiter.
    „Ich bin kein Homo! Im Gegenteil, ich bin verheiratet, auch wenn meine Frau leider herausgefunden hat, dass ich fremdgegangen bin und nun nichts mehr von mir wissen will.“
    Ich musste dringend die Scheidungspapiere einreichen. Gleich morgen.
    „Dieses ganze Unternehmen ist ein Haufen von Scheinheiligen, die so tun, als sei alles in Ordnung. Einen Schwulen zum Gleichstell…Gleich…Gleichstellungsbeauftragten zu machen, ist diskriminierend! You’re a bunch of…“
    Theo schaffte es endlich, seine Fassung wiederzuerlangen und riss Ken das Mikrofon aus der Hand. Die Gäste waren zum Teil aufgesprungen und riefen Ken ihre Meinung entgegen, anderen war die Situation so peinlich, dass sie wegsahen. Ken trottete von der Bühne und jemand warf mit einer zusammengeknüllten Menükarte nach ihm.
     
    Wir beeilten uns, die Halle so schnell wie möglich zu verlassen und waren zu schockiert, um noch miteinander zu sprechen.
     
    ***
     
    Ken erhielt nach seinem Auftritt eine fristlose Kündigung, wie Theo Hannah berichtete. Natürlich erklärte er Theo seine Theorie, ich habe das alles inszeniert und wolle ihm übel mitspielen. Da ich nicht direkt dazu befragt wurde, sondern alle Informationen lediglich über Hannah bezog, ließ ich es so stehen. Ken fand schnell eine Anstellung in den USA, wo er sofort hinzog. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es mehr als zwei Jahre dauern würde, ehe wir wieder Kontakt hatten, trotz Mikes intensiver Bemühungen, ihn zu einem Besuch zu bewegen. Trotz allem bestand ich darauf, dass Mike regelmäßig zu ihm zu Besuch flog.
     
    Eigentlich hätte ich ein Gefühl süßer Genugtuung haben sollen, weil ich seinen Ruf als Frauenheld zerstört hatte, aber ich fühlte mich elendig. Es war nie unsere Intention gewesen, ihn kündigen zu lassen oder sein Leben zu zerstören und es tat mir unheimlich leid, dass unser Plan aus dem
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