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Auf die Freundschaft!

Auf die Freundschaft!

Titel: Auf die Freundschaft!
Autoren: Annika Bühnemann
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Firma zu demonstrieren.“
    „Verstehe ich nicht“, sagte ich.
    „Ganz einfach“, erklärte Hannah schlicht.
    „Wenn Ken zugibt, dass er schwul ist, schafft ihm das berufliche Vorteile.“
     
    ***
     
    Als ich an diesem Abend nach Hause kam, erwartete Ken mich bereits wutentbrannt. Ich dankte dem lieben Gott im Himmel, dass Mike heute Abend Training bei seinem Fußballverein hatte und ihm daher nicht öffnen konnte. Ich hatte schon damit gerechnet, dass er eines Tages vor der Tür stehen und mir die Schuld an allem geben würde, also war ich gewappnet. Ich straffte meine Schultern und begrüßte ihn distanziert.
    „Hallo Ken.“
    „Du verdammte…“
    „Ich finde es auch sehr reizend, dich wiederzusehen“, antwortete ich trocken und ließ seine Wut an mir abprallen. Er verfiel ins Englische.
    „Wie kannst du es wagen, mir anzuhängen, ich sei schwul? Du machst meine Karriere kaputt! Dafür wirst du büßen!“
    „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“
    „Oh, doch, das weißt du ganz genau! Du hinterhältiges Luder. Du hast in meiner Firma herumerzählt, dass ich schwul bin! Ich! Ich hasse Schwule!“
    „Ken, ich kenne nicht einen einzigen Menschen aus deiner Firma, wie soll ich da Gerüchte streuen?“
    Ken schnaubte entrüstet.
    „Du hast meiner Assistentin vorgegaukelt, ich hätte eine Geschlechtskrankheit!“
    „Ich weiß gar nicht, worum es geht. Ich kenne deine Assistentin nicht. Was für eine Krankheit hast du? Sollte ich mich besser testen lassen?“
    „Ich habe keine Geschlechtskrankheit, verdammt noch mal!“
    Eine Sekunde lang hatte ich die Befürchtung, Ken könne handgreiflich werden. Ich hoffte, dass einer meiner Nachbarn die Szene beobachtete. So würde wenigstens jemand einen Krankenwagen rufen können – wenn ich Ken zwischen die Beine getreten hatte und er nicht mehr aufstehen konnte.
    Wütend stapfte Ken auf und ab und schimpfte auf mich ein.
    „Mein Chef hat mich vorgestern angesprochen. Er meinte, ich bräuchte mich nicht wegen meiner Neigung schämen und es würden mir keine beruflichen Nachteile entstehen, wenn ich mich oute.“
    „Was für eine Neigung?“
    „Dass ich schwul bin!“
    „Du bist schwul?“
    Gleich würde er explodieren, ich konnte es merken.
    „Nein, verdammt! Aber mein Chef denkt , dass ich schwul bin und dass sich das auf meine Arbeit auswirken kann. Er hat mich sogar zum Gleichstellungsbeauftragten ernannt, verdammte Scheiße!“
    „Herzlichen Glückwunsch.“
    „Das ist nicht komisch!“
    Also ich fand es ziemlich witzig.
    „Okay, okay. Also, nur dass ich das richtig verstehe. Du denkst, ich hätte deiner Assistentin gesagt, du hättest eine Geschlechtskrankheit und jetzt denken alle, du bist schwul?“
    „Wie du meinem Chef verklickert hast, dass ich angeblich schwul bin, weiß ich nicht.“
    „Warum sollte ich so einen Aufwand betreiben?“
    „Weil du mich kaputt machen willst.“
    „Unsinn. Ich habe keine Vorteile davon, dich als schwul hinzustellen und außerdem kannst du dein Leben immer noch wie bisher führen. Dein Leben ist doch nicht zerstört, weil du angeblich schwul bist, ich bitte dich! In welchem Jahrhundert lebst du denn? Außerdem: Wenn ich dich richtig verstehe, fände dein Chef es anscheinend gar nicht so schlecht, wenn du schwul bist. Offensichtlich würde dir das sogar Vorteile bringen.“
    „Du warst es also doch!“
    „Ich habe nur wiederholt, was du mir gesagt hast.“
    Ken kam ganz nah zu mir und blickte mir in die Augen. Ich konnte seinem Blick kaum standhalten.
    „Wenn ich es dir je nachweisen kann“, zischte er und seine Augen funkelten, „wirst du es bitter bereuen.“
    „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“
    Ken drehte sich um und stapfte die Straße entlang. Ich wartete, bis er außer Sichtweite war, schloss die Tür zur Wohnung auf und ließ mich auf den Boden sinken. Mein ganzer Körper zitterte und ich schluchzte unkontrolliert. Er hat es verdient, dachte ich immer wieder, aber ich hoffte inständig, dass er keine Beweise finden würde. In diesem Moment hatte ich tatsächlich Angst vor ihm.

Kapitel 14
     
    Es war ein seltsames Gefühl, das Schulgebäude wieder zu betreten. Ich ging den mir bekannten Korridor entlang zum Sekretariat und klopfte. Ohne abzuwarten trat ich ein.
    „Oh, Claudia!“ Ramona blickte überrascht auf. „Schön, dich mal wiederzusehen.“
    Na, sicher.
    „Ich muss Lutz sprechen.“
    Ramona hob eine Augenbraue. Ich hatte Lutz während der Arbeit nie beim Vornamen genannt, fiel mir ein.
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