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Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art
Autoren: Leena Lehtolainen
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über die Haare des Mannes schweifen, über die grauen Schläfen, die gelblich verfärbten, runzligen Hände. Herr Doktor, Herr Luzifer, Herr Tod. Eine plötzliche Handbewegung ließ mich auffahren, aber er kramte nur nach seinen Zigaretten. Seine Hände zitterten so stark, dass es ihm erst nach mehreren Anläufen gelang, sich eine Zigarette anzuzünden. Seine Stimme dagegen blieb ruhig und beherrscht.
    »Kimmo Hänninens Verteidigung hat dich wohl überanstrengt. Die weiteren Ermittlungen solltest du der Polizei überlassen, die denkt sich vielleicht eine überzeugendere Geschichte aus.« Es hörte sich an, als ob Hellström mir ein Medikament verordnete.
    »Nimm ein paar Oxepam, dann verschwinden die Halluzinationen, oder was? Natürlich warst du derjenige, der Sanna mit Tabletten versorgt hat. Wie konntest du nur so dumm sein, dich mit einer Patientin einzulassen! Ich habe Sanna gekannt, ich erinnere mich, wie bezaubernd sie sein konnte, aber trotzdem …«
    Hellström gab keine Antwort, er starrte wortlos vor sich hin. Draußen radelte unter gehörigem Lärm eine Gruppe von jungen Burschen vorbei, die untereinander schwedisch sprachen, aber finnisch fluchten.
    »Hat Sanna dir gedroht, euer Verhältnis publik zu machen? Das hätte dir gefährlich werden können. Niemand sollte wissen, dass du eine Patientin missbraucht hast, dass sie mit dir ins Bett gehen musste, um Tabletten zu bekommen. Wahrscheinlich hat es nach der zweiten Abtreibung angefangen, als Hakala ins Gefängnis musste. Sanna hielt es ohne Beruhigungsmittel nicht aus, und du hast dich gern überreden lassen, ihr welche zu besorgen.«
    »Und wenn ich Sanna tatsächlich Medikamente gegeben hätte – das ist doch kein Verbrechen, im Gegenteil, das gehört zu meiner Tätigkeit als Arzt.«
    »Es gehört aber nicht zu den ärztlichen Pflichten, mit seelisch labilen Patientinnen zu schlafen.«
    »Sanna wusste ganz genau, was sie tat!« Hellströms Selbstbeherrschung begann zu bröckeln. »Um den kleinen Finger hat sie mich gewickelt. Ich wäre wie ein Vater, bei mir fühlte sie sich geborgen – alles geschwindelt! Hinter den Tabletten war sie her, nicht hinter mir. Und dann hat sie den Ruosteenoja kennen gelernt, diesen Flegel, und prompt beschlossen, ein neues Leben zu beginnen. Ha! Als wenn man von Alkohol und Tabletten einfach so wegkäme!«
    »Immerhin wollte sie es versuchen, aber du hast ihr auch diese Chance genommen.« Ich spürte die Wut wieder hochkommen. Hellström sah mich neugierig an, als warte er darauf, was ich als Nächstes zu sagen hatte.
    »Und das mit dem Auto? Was hast du dir da zusammenphantasiert?« Die aufgesetzte Munterkeit konnte seine Wut nicht völlig verbergen.
    »Teemu Laaksonen will den Fahrer gesehen haben, er soll blond gewesen sein und Armis rotes Tuch um den Hals gehabt haben. In einem bestimmten Licht wirken deine grauen Haare fast weißblond. Als du Mallu am Morgen nach dem Unfall behandelt hast, warst du erkältet. Wahrscheinlich hattest du das Tuch in deinem Sprechzimmer gefunden und um deinen kranken Hals gewickelt. Bei genauerem Nachdenken hat Armi sich dann wohl erinnert, dass sie ihr Tuch gerade an dem Tag in der Praxis liegen gelassen hatte.«
    »Ich bin Arzt. Selbstverständlich hätte ich in so einer Situation angehalten.«
    »Es sei denn, du warst betrunken. Ich habe läuten hören, dass du selber einen ziemlichen Medikamentenkonsum hast. Nehmen wir mal an, du hattest versucht, deine Erkältung mit Alkohol und Tabletten zu kurieren, und warst nicht mehr fahrtüchtig. Vom Fahrersitz aus konntest du nicht sehen, wie es Mallu ergangen war, vermutlich hast du sie nicht mal erkannt. Das war unterlassene Hilfeleistung! Ein schlimmes Delikt, besonders für einen Arzt.«
    Ich dachte an Mallus vor der Zeit gealtertes Gesicht und an das Haus in Lippajärvi, wo alles Leben zum Stillstand gekommen war. Nun verstand ich Armis Beweggründe und wusste auch, weshalb sie so darauf gedrängt hatte, mit mir zu reden.
    Hellström steckte sich die nächste Zigarette zwischen die Lippen.
    »Du hast keinerlei Beweise.« Zu meiner Freude hörte ich einen ängstlichen Unterton heraus.
    »Ich habe zwei Zeugen. Der eine hat beobachtet, wie du Sanna in deinem Sprechzimmer geküsst hast, der andere hat dich mit Sanna an der Mole gesehen, an dem Abend, als sie starb. Er wird dich sicher identifizieren können. Dann wird man sich natürlich fragen, weshalb du über diese Begegnung geschwiegen hast.«
    »Kann jemand nach mehr als einem Jahr
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