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Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Titel: Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman
Autoren: Kerstin Gier
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mal suboptimal , simste ich meiner Schwester. Linda bekam auch eine SMS. Selbst du hättest Probleme, die guten Seiten meines Sitznachbars zu erkennen. Wette, sein persönliches Krafttier ist ein Nacktmull und seine Aura hat die Farbe von Popel, welche er übrigens auch gerne isst . Bevor der Zug in den nächsten Bahnhof einlief, hatte ich fünfzehn SMS abgeschickt, darunter auch eine an meine Mama ( Ich weiß, dass du dein Handy nie eingeschaltet hast, das hier schreibe ich auch nur, weil ich so tun muss, als ob ich arbeite ), und sicher wären es bis Köln noch sehr viel mehr geworden, wenn Bill nicht überraschend in Wolfsburg ausgestiegen wäre. Ich starrte ihn ungläubig an, als er seine Sachen zusammensuchte.
    »Leider ist unser hübsches Intermezzo nun schon zu Ende. Aber man sieht sich!« Er reichte mir zum Abschied eine Visitenkarte. »Sie finden mich übrigens auch bei Facebook.« Mit einem vielsagenden Zwinkern verschwand er – und mit ihm der Käsefußgeruch.
    Ich konnte mein Glück kaum fassen. Du wirst es nicht glauben, aber der Zug-Irre heißt tatsächlich Habenschaden mit Nachnamen , simste ich meiner Schwester.
    Leise vor mich hinkichernd lehnte ich mich zurück und wollte mich gerade für den Rest der Fahrt entspannen, als das Handy eine eingehende SMS ankündigte. Sie war von Hausmeister Fischbach. Oh là, là, verehrte Frau Wedekind, danke für das Angebot, ich komme nächste Woche dann mal wegen der Entlüftung der Heizung vorbei. Ihr Hermann Fischbach. P.S. Lieber Französisch als Chinesisch, wenn ich wählen darf.
    Noch während ich fassungslos auf das Display starrte und versuchte zu verstehen, was das zu bedeuten hatte, trudelte eine weitere SMS ein. Von meiner Schwiegermutter, perfekt mit Groß- und Kleinschreibung sowie Interpunktion. Wie lieb, dass du dich mal meldest, Herzchen. Es tut mir leid, dass dein Sitznachbar keine Manieren hat. Wenn ihr am Sonntag zum Mittagessen kommt, könnt ihr euch auf Sauerbraten freuen. Viele Grüße von Luise.
    Mir dämmerte, was passiert sein musste: Luise stand in meinem Telefonbuch unter Linda, und Fischbach kam gleich nach Felix. Was bedeutete, dass ich … oh, nein! So blöd konnte ich doch bitte nicht gewesen sein! Da, wieder eine SMS. Von Mathias Lenzen, dem Human-Resources-Mann mit dem netten Lächeln, der im Verzeichnis gleich hinter Marlene stand. Ich wagte sie kaum zu öffnen. Als ich es schließlich doch tat, glühten meine Wangen.
    Die Möchtegern-Führungskräfte sind halt noch Möchtegerns. Und weit entfernt davon, jemanden wie Sie fertigmachen zu können. Danke übrigens für das Kompliment meinen Hintern betreffend. Ich fand Ihren auch sehr hübsch.
    Komischerweise hatte ich beim Lesen sofort wieder seine Stimme im Kopf – und die Lachfältchen um seine Augen. Ich grübelte, was ich zurückschreiben konnte, ohne alles noch schlimmer zu machen. Dass es sich um eine fehlgeleitete SMS handelte, lag ja wohl auf der Hand. Eigentlich fand ich Ihre Leute gar nicht so übel  – würde nur schleimig wirken. Es war die Rede von einem anderen Seminar  – würde er mir nicht abnehmen. Ich freue mich sehr, dass Sie meinen Hintern hübsch fanden ging natürlich überhaupt nicht. Gerne hätte ich klargestellt, dass ich das Wort »Arsch« normalerweise nicht benutzte, aber was hätte er wohl mit dieser Information anfangen können?
    Schließlich schrieb ich: Ihre war nur eine von fünfzehn sms, die an den falschen Empfänger gingen, und es ist noch nicht mal die peinlichste. Mein Hausmeister glaubt, ich hätte ihm ein unmoralisches Angebot unterbreitet. Im Boden versunkene Grüße.
    Dann starrte ich sehr lange auf das Display, aber es kam keine Antwort mehr, nur noch eine SMS von Marlene, in der stand: Muss ich mir Sorgen machen, weil du mich Mama nennst? Darmspiegelung war übrigens superlustig, danke der Nachfrage.
    Ich musste grinsen. Wenigstens hatte ich die Darmspiegelung in meiner fehlgeleiteten Mail nicht erwähnt – dafür konnte ich doch wirklich dankbar sein.

Eine Krise kann jeder Idiot haben. Was uns zu schaffen macht, ist der Alltag.
    Anton Pawlowitsch Tschechow
    Der Zug kam mit nur zehn Minuten Verspätung in Köln an, und weil es schon so spät war und ich mich vor Müdigkeit kaum noch aufrecht halten konnte, nahm ich ein Taxi nach Hause. Ich wäre sicher während der Fahrt eingeschlafen, wenn ich nicht einen dieser rasenden Kamikaze-Taxifahrer erwischt hätte, die grundlos die Spuren wechseln, jede Kurve schneiden, gern auch mal
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