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Auf den Hund gekommen

Auf den Hund gekommen

Titel: Auf den Hund gekommen
Autoren: James Herriot
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recht haben. Manchmal liege ich nachts wach und mache mir meine Gedanken darüber.«
    »Ich weiß, daß ich recht habe, Miss Stubbs, da lasse ich gar nicht mit mir streiten. Wir Tierärzte lernen alles über die Seele der Tiere.«
    Die Anspannung wich aus ihrem Gesicht, und sie lachte, als die alte Zuversicht wiederkehrte. »Entschuldigen Sie, daß ich Sie damit langweile, ich werde es auch bestimmt nie wieder ansprechen. Aber bevor Sie gehen, möchte ich, daß Sie mir eine Frage ganz ehrlich beantworten: Keine Besänftigung – nur die Wahrheit. Ich weiß, Sie sind sehr jung, aber sagen Sie mir: Was glauben Sie? Kommen meine Tiere mit?«
    Sie blickte mir direkt in die Augen. Ich rutschte auf dem Stuhl herum und schluckte ein paarmal.
    »Miss Stubbs, ich fürchte, in diesen Dingen bin ich nicht allzu bewandert«, sagte ich. »Aber in einem Punkt bin ich mir absolut sicher: Wo immer Sie hingehen, dort gehen auch Ihre Tiere hin.«
    Sie fixierte mich noch immer, doch ihr Gesicht war ganz entspannt. »Ich danke Ihnen, Mr. Herriot, ich weiß, Sie sind aufrichtig mit mir. Das glauben Sie wirklich, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete ich. »Von ganzem Herzen glaube ich daran.«
    Es mußte wohl ungefähr ein Monat vergangen sein, als ich durch puren Zufall erfuhr, daß ich Miss Stubbs damals zum letztenmal gesehen hatte. Wenn eine einsame, arme alte Frau stirbt, haben die Leute keine Eile, es herumzutratschen. Ich machte gerade meine Runde, und ein Farmer erzählte nebenbei, daß das Cottage in Corby zum Verkauf stehe.
    »Ja, aber was wird dann aus Miss Stubbs?«
    »Ach, die ist ganz plötzlich gestorben, drei Wochen ist’s her. Das Haus ist runtergekommen, hab ich gehört – nichts mehr dran gemacht seit Jahren.«
    »Dann bleibt also Mrs. Broadwith nicht darin wohnen?«
    »Nee, sie ist wohl ans andere Dorfende gezogen.«
    »Wissen Sie, was aus den Hunden und Katzen geworden ist?«
    »Was für Hunde und Katzen?«
    Ich kürzte meinen Besuch ab. Und fuhr nicht direkt nach Hause, obwohl es schon Mittag war. Statt dessen hetzte ich mein ächzendes kleines Auto mit Höchstgeschwindigkeit nach Corby und erkundigte mich bei der ersten Person, die mir begegnete, wo Mrs. Broadwith wohne. Schließlich kam ich zu einem winzigen, aber schmucken Häuschen und wurde dort von Mrs. Broadwith empfangen.
    »Oh, kommen Sie herein, Mr. Herriot. Wie nett von Ihnen vorbeizuschauen.« Ich ging hinein, und wir saßen uns an einem frisch geschrubbten Naturholztisch gegenüber.
    »Ach, traurig, das mit der alten Dame«, sagte sie.
    »Ja, ich habe es eben erst erfahren.«
    »Jedenfalls, es war ein friedliches Ende. Ist einfach eingeschlafen.«
    »Das beruhigt mich.«
    Mrs. Broadwith ließ den Blick schweifen. »Ich hab Glück gehabt mit diesem Haus – grad, was ich immer wollte.«
    Ich konnte mich nicht länger zurückhalten. »Was ist mit den Tieren?« brach es aus mir heraus.
    »Na, die sind im Garten«, antwortete sie gelassen. »Hinten hab ich ein ordentliches Stück davon.« Sie stand auf und öffnete die Tür, und mir fiel ein Stein vom Herzen, als meine alten Freunde hereingelaufen kamen.
    Arthur war im Nu auf meinem Schoß und rieb sich begeistert an meinem Arm, während sein Außenbordmotor sanft das Hundegebell übertuckerte. Prince, asthmatisch wie eh und je, lachte mich zwischen zwei Bellern an, wobei sein Schwanz durch die Luft peitschte.
    »Sie sehen prächtig aus, Mrs. Broadwith. Wie lange werden sie noch hier sein?«
    »Für immer! Sie sind mir so ans Herz gewachsen wie der alten Dame, und ich könnt mich nicht von ihnen trennen. Es wird ihnen hier an nichts fehlen, solange sie leben.«
    Ich sah in ihr Gesicht, das die typischen Züge einer Yorkshire-Landfrau trug, die breiten Wangen mit den strengen Furchen, die durch die freundlichen Augen Lügen gestraft wurden. »Das ist wunderbar«, sagte ich. »Aber wird es Ihnen nicht auf Dauer zu... hm... teuer, sie alle zu füttern?«
    »Machen Sie sich mal darüber keine Sorgen. Ich hab ein bißchen was zurückgelegt.«
    »Na gut, gut, und ich werde von Zeit zu Zeit vorbeikommen und nach ihnen sehen. Ich bin alle paar Tage hier im Dorf.« Ich stand auf und wollte zur Tür gehen.
    Mrs. Broadwith hob die Hand. »Um eins möchte ich Sie noch bitten, bevor die all die Dinge aus dem Cottage wegverkaufen. Könnten Sie vorbeifahren und den Rest Ihrer Medizin holen? Die ist im Vorderzimmer.«
    Ich nahm den Schlüssel mit und fuhr ans andere Ende des Dorfes. Als ich die klapprige Pforte öffnete und
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