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Auf den Hund gekommen

Auf den Hund gekommen

Titel: Auf den Hund gekommen
Autoren: James Herriot
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ich nie widerstehen konnte. Ich sah auf die Uhr; ach, noch ein paar Minuten bis zu meinem Termin bei Robert Corner. Im Nu lag ich ausgestreckt auf den federnden Pflänzchen, der wundervollsten Naturmatratze der Welt.
    Während ich dalag, die Augen halb geschlossen vor der blendenden Sonne, eingehüllt vom schweren Duft der Heide, sah ich, wie die Wolken ihre Schatten über die Fells jagten, die Spalten und Wasserläufe in vorübergehende Düsternis tauchten, dabei frisches, leuchtendes Grün hinter sich herzogen.
    An Tagen wie diesem war ich besonders dankbar dafür, in einer Landtierpraxis arbeiten zu dürfen; den rauhen Tagen, da das düster-bedrohliche Antlitz der kahlen Höhen einem freundlichen Lächeln wich, da ich mich eins fühlte mit der Luft und der Vegetation, die mich umgab, und froh war, das geworden zu sein, was ich mir nie hätte träumen lassen: ein Viehdoktor.
    Ein langohriger Kopf nahm mir die Sonne, als Sam sich auf meiner Brust niederließ. Er sah mich fragend an. Diese Faulheit konnte er gar nicht gutheißen, dennoch wußte ich, wenn ich noch ein paar Minuten reglos liegenblieb, würde er sich gleichmütig auf meinen Rippen zusammenrollen und ein Schläfchen halten, bis ich mich bequemte aufzustehen. Diesmal jedoch nahm ich seine unausgesprochene Aufforderung an, setzte mich auf, und während ich aufstand und zum Wagen zurückging, sprang er voller Entzücken um mich herum.
    Ich brauchte mich bloß im Bett aufzusetzen, um über Darrowby hinweg auf die dahinterliegenden Berge zu schauen.
    Ich stand auf und ging ans Fenster. Es war ein schöner, klarer Morgen. Die ersten Sonnenstrahlen fielen auf das verwitterte Rot und Grau der dicht aneinandergedrängten Dächer, von denen einige sich unter der Last ihrer alten Ziegel senkten, und erhellten die grünen Wipfel der Bäume, die sich zwischen den dunklen Schornsteinkappen empordrängten. Und dahinter das ruhige Massiv der Fells, wie in Yorkshire die heidebewachsenen Berge genannt werden.
    Das Glück war mir hold, daß ich dies allmorgendlich als erstes zu sehen bekam; nach Helen natürlich, was noch schöner war.
    Nach unseren etwas ungewöhnlichen Flitterwochen, die wir mit Tuberkulinproben verbrachten, hatten wir uns unser erstes Heim in der obersten Etage von Skeldale House eingerichtet.
    Siegfried, bis zu meiner Heirat mein Chef und jetzt mein Partner, hatte sich erboten, uns die leerstehenden Zimmer im zweiten Stock kostenlos zu überlassen, und wir hatten sein Angebot dankbar angenommen; und wenn es sich auch nur um eine vorübergehende Notlösung handelte, war unser hochgelegenes Nest doch so angenehm luftig und reizvoll, daß uns sicher viele darum beneidet hätten.
    Es war behelfsmäßig – wie alles zu jener Zeit einen provisorischen Charakter hatte und weil wir nicht wußten, wie lange wir dort bleiben würden. Siegfried und ich hatten uns beide freiwillig zur Air Force gemeldet und waren vorläufig vom Militärdienst zurückgestellt, doch damit soll das Thema Krieg auch schon beendet sein. Ich will in diesem Buch nicht von derlei Dingen berichten, die ohnedies sehr weit von Darrowby entfernt waren, sondern von den Monaten nach unserer Hochzeit bis zu meiner Einberufung. Ich erzähle von den alltäglichen Dingen, die immer unser Leben ausgemacht haben: von meiner Arbeit, den Tieren, den Yorkshire Dales.
    In dem vorderen Raum war unser Wohnschlafzimmer, und wenn es auch nicht luxuriös eingerichtet war, so gab es darin doch ein sehr bequemes Bett, einen Teppich, einen hübschen Beistelltisch, der Helens Mutter gehört hatte, und zwei Lehnsessel. Auch ein alter Kleiderschrank stand darin, aber das Schloß funktionierte nicht, und wir konnten die Tür nur geschlossen halten, indem wir eine von meinen Socken dazwischenklemmten. Die Fußspitze hing heraus, aber das störte uns nicht.
    Ich ging über den kleinen Treppenabsatz in die Küche, die zugleich unser Eßzimmer war. Dieser Teil unserer Behausung war eindeutig spartanisch. Ich polterte über nackte Dielen zu einem Arbeitstisch, den wir an der Wand neben dem Fenster angebracht hatten. Mangels anderer Küchenmöbel diente er als Abstellplatz für einen Gaskocher und unseren gesamten Bestand an Geschirr und Bestecken.
    Ich ergriff einen großen Krug und machte mich auf den Weg nach unten in die eigentliche Küche, denn die Mansardenräume hatten den Nachteil, daß es hier oben kein Wasser gab. Zwei Treppen hinunter zu den drei Zimmern im ersten Stock, dann zwei weitere und ein kurzer Galopp
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