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Auf den Flügeln der Sehnsucht

Auf den Flügeln der Sehnsucht

Titel: Auf den Flügeln der Sehnsucht
Autoren: Stefanie Burgemeister
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wenn Sie möchten, den Hof zeigen. Danach werden wir das Geschäftliche, Ihre Bezahlung und Ihre Freizeit besprechen. Einverstanden?"
       "Das heißt, dass ich die Arbeit habe?" Die blauen Augen begannen zu strahlen.
       "Das heißt es", antwortete Lena, und in diesem Moment hatte sie das Gefühl, als hätte sie eben über ihr ganzes weiteres Leben entschieden.
     
    * * *
     
       "Mila sagt, dass sie dieses Jahr nicht mit auf die Hochalm kann." Frank Palleda betrat die Küche und wusch sich die Hände über der Spüle.
       "Hab ich dir nicht schon hundertmal gesagt, du sollst dir die Hände im Bad waschen?" fuhr Lena auf und blickte ihren Verwalter zornig an. "Jetzt riecht die ganze Küche nach Kuhmist."
       "Das tut sie ohnehin." Frank wischte sich die Hände am Geschirrtuch ab, dann umarmte er die junge Frau und wirbelte sie in der Küche herum. "Schön siehst du aus, wenn du zornig bist."
       " Lass das, Frank." Lena zappelte und schaffte es endlich, sich freizukämpfen. "Setz dich, dann können wir essen. Es gibt Eintopf, mit viel Lauch, wie du ihn gern magst."
       "Wo ist dein Vater?"
       "Er mag nicht herunterkommen." Lenas Lachen verschwand aus ihrem Gesicht. "Manchmal glaub ich, er will gar nicht mehr leben. Er hat sich selbst aufgegeben, als Josef starb."
       "Soll ich einmal mit ihm reden?" schlug Frank vor. "Wir sagen ihm ganz einfach, dass wir beide heiraten werden, und dass er bald sein erstes Enkelkind auf den Knien schaukeln darf. Ich bin sicher, das holt ihn wieder zurück."
       "Du bist verrückt geworden, Frank", protestierte Lena, und dieses Mal war ihr Ärger echt. "Du kannst doch nicht irgendwelche Geschichten erfinden und sie ihm erzählen."
       "Wer sagt denn, dass ich etwas erfinden muss. Wir... könnten doch heiraten. Bis jetzt verstehen wir uns ausgezeichnet, wir arbeiten gut Hand in Hand, wir haben viel Spaß miteinander, und wir können auch gemeinsam lachen. Das ist doch wohl die beste Voraussetzung für das Gelingen einer Ehe."
       Lena wandte sich um, damit er ihr enttäuschtes Gesicht nicht sehen konnte. Alle wichtigen Dinge hatte er erwähnt, nur das Wichtigste hatte er vergessen: Die Liebe.
       "Warum sagst du denn nichts?" Frank trat auf sie zu, umfasste ihre Schultern von hinten und legte seine Wange an ihr dunkles Haar. "Bin ich dir so unangenehm, dass du mir nicht einmal eine Antwort geben kannst?" fragte er traurig. Wie gern hätte er ihr gesagt, dass er sie liebte, dass es nie mehr eine andere Frau in seinem Leben geben würde. Doch das wagte er nicht, denn immerhin war sie die Bäuerin, seine Arbeitgeberin. Würde sie es ihm überhaupt glauben, wenn er ihr von seinen innigen Gefühlen erzählte?
       "Ich werde diesen Sommer auf den Schöllerpaß gehen", sagte sie statt einer Antwort. "Ich weiß, dass Mila ein Kind bekommt. Hoffentlich heiratet sie ihren Karl noch vor der Geburt."
       "Bestimmt." Abrupt ließ Frank sie los. "Die beiden lieben sich schließlich. Das Kind ist nur der äußere Beweis ihrer Gefühle, die sie füreinander hegen."
       Lenas Verbitterung wuchs. Dann wusste Frank also, was Liebe bedeutete. Und dass er ihr, der Frau, die er angeblich heiraten wollte, nichts dergleichen gesagt hatte, ließ tief blicken. "Ich gönne den beiden alles Glück dieser Erde. Mila will nach der Geburt weiter auf dem Hof arbeiten, Karl ebenso. Ich hab mir gedacht, wir könnten den beiden eine kleine Wohnung über dem Stall ausbauen lassen."
       "Du bist sehr großzügig."
       "Ich mag die beiden nicht verlieren."
       Leise wurde die Tür geöffnet. Martin Baumann trat ein, auf einen dicken Stock gestützt, das schlohweiße Haar hing ihm wirr ins Gesicht. "Bin ich zu spät? Ich hab eh keinen Hunger."
       "Setz dich, Vater. Ich wollte gerade den Tisch decken." Lena stellte den Topf in die Mitte und verteilte dann die Teller. "Die anderen sind beim Pflügen", sagte sie als Erklärung, dass sie heute nur zu dritt um den Tisch saßen.
       Der alte Bauer nickte nur bedächtig vor sich hin und griff nach dem Löffel. Der Eintopf war noch ziemlich heiß, doch das schien ihn nicht zu stören. Gleichmütig führte er einen Löffel nach dem anderen zum Mund.
       "Ich werde diesen Sommer auf die Ho chalm gehen mit dem Vieh", wiederholte Lena und unterbrach so die unangenehme Stille, die eingetreten war. "Ich hab es mir reiflich überlegt, und man kann mich auch nicht umstimmen."
       Mit leisem Klirren fiel der Löffel des alten Bauern an den
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