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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick
Autoren: D Wallace
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schrieb »Juhu!«, was ihr echt ähnlich sieht, und Anna schrieb »Wurde auch Zeit!«.
    Ach, wirklich, Anna? Wurde auch Zeit, ja? Die beiden sind erst sechs Monate zusammen, Anna. Ich war vier Jahre mit Sarah zusammen, aber du hast nie gedacht, dass wir heiraten sollten, oder? Was hat dir an mir nicht gepasst? Wie ich mich anziehe? Mein Job? Diese eine Geschichte, als ich deinen Tisch mit Rotwein eingesaut habe und du was davon auf deine Schuhe bekommen und mich einen Vollidioten genannt hast und mir dann übel wurde?
    Ja, das war es wahrscheinlich.
    »Könnte keinem netteren Pärchen passieren!«, schrieb Ben, und das tat echt weh, denn Ben war mein Freund, Sarah, nicht deiner. Du hast natürlich gleich die Vormundschaft für die ganze Bande übernommen – am Ende hattest du sie alle um dich versammelt –, aber nur, weil ich mich zu sehr geschämt habe und Angst hatte, ihnen in die Augen zu sehen.
    Ich trank den Schnaps aus der Flasche und las weiter, jedes einzelne Quieken vor Begeisterung und jeden herzlichen Glückwunsch und jedes OH MEIN GOTT – und jedes unnötige Ausrufezeichen war ein Stich ins Herz und ein Finger im Auge.
    Und was ist mit mir?, wollte ich rufen. Denkt denn keiner an mich? Wie kann es sein, dass ihr alle verrücktspielt, wenn Sarah schreibt, dass sie verlobt ist, aber wenn ich Suppe esse, hat keiner was dazu zu sagen?
    Da wusste ich, dass ich sie löschen musste. Ich musste ein Statement abgeben. Sie wissen lassen, dass das nicht in Ordnung war, nicht okay.
    Aber es jetzt zu tun, würde griesgrämig wirken, kindisch, unreif.
    Und außerdem könnte ich mir dann ihre Fotos nicht mehr ansehen.
    Ach du Schande. Da ist er. Der Ring.
    Offenbar hat er genau an diesem Tisch um ihre Hand angehalten, nach ein paar Cocktails an einem ärmellosen, andorranischen Abend bei schlechter Pizza Margherita.
    Margherita! Nicht mal eine Supreme Deluxe! Fangt ihr Leutchen jetzt auch noch an, euch gesund zu ernähren, oder was? Geht ihr zum Pilates-Training und trinkt vitaminreiche Smoothies? Ja, darauf möchte ich wetten.
    So hätte ich bestimmt nicht um ihre Hand angehalten, Gary. Ich hätte etwas ganz Besonderes gemacht. Ich hätte den Ring in einer Champagnerflöte versteckt oder mich von einem Heißluftballon in ein Fußballstadion abgeseilt, mich an Ort und Stelle auf die Knie geworfen und auf den großen Bildschirm projizieren lassen, damit es alle sehen können. Denn ich habe Klasse, Gary. Und – ja, Gary – ich wollte tatsächlich um ihre Hand anhalten. Ich habe es nicht getan, aber ich hatte es vor . Eines Tages. Ich hatte alles durchgeplant. Oder, na ja, nicht wirklich durchgeplant, aber ich hatte den Plan, es durchzuplanen. Pläne waren Teil meines Plans. Und obwohl ich es nie getan habe und auch wenn ich es jetzt nie mehr tun kann, so lass mich dir, Gary, ohne Umschweife sagen: Langweilige Pizza und hellblaue Cocktails hätten in meinen Plänen sicher keinen Platz gefunden.
    O Gott. Sie sieht so glücklich aus.
    Ich nahm einen Schluck Brombeerlikör und zeigte dem Bildschirm das Peace-Zeichen.
    Dann stand ich auf, klapperte in der Küche herum und fand noch eine Flasche.
    Es war viel zu früh, und alles schmeckte nach Brombeeren.
    Irgendetwas summte vor meinem Gesicht und wollte nicht aufhören.
    Ich zwang meine Augen auf und sah das Handy, starrte es an.
    Es dauerte einen Moment, bis der Name zu mir durchdrang. Oder besser, nicht der Name. Eher, warum der Name.
    SARAH .
    Wie spät war es? Sieben? Acht?
    Ich konnte nicht. Nicht jetzt. Ich war nicht bereit. Ich brauchte Kaffee und vielleicht ein paar Notizen oder irgendwas, was ich sagen konnte, um reserviert und gleichmütig zu wirken. Ich drückte sie weg und starrte an die Decke. Das müsste ihr was sagen, dachte ich. Damit sie wusste, dass ich nicht jedes Mal ranging, wenn sie …
    Es summte wieder. Ich nahm es in die Hand.
    Vielleicht war irgendwas vorgefallen. Vielleicht hatte Gary sie abserviert. Vielleicht sollte ich ihr in schweren Zeiten zur Seite stehen. Ihr zeigen, wie sensibel und wunderbar ich sein konnte.
    RUFANNAHME .
    »Hallo?«
    Wow, hatte ich eine tiefe Stimme!
    »Jase?«
    »Hey.«
    Und krächzig. Tief und krächzig.
    »Wie geht’s dir?«
    »Super.«
    Sie klang nicht sonderlich aufgebracht. Eher kühl. Ernst. Sie klang wie Sarah.
    Bestimmt wusste sie nicht, dass ich es wusste.
    Okay, dachte ich. Erzähl mir einfach, dass du verlobt bist.
    »Harte Nacht gehabt?«, sagte sie.
    Ja, rein zufällig, Sarah, eine ziemlich harte Nacht
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