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Auf dem Weg zu Jakob

Auf dem Weg zu Jakob

Titel: Auf dem Weg zu Jakob
Autoren: Karin Adams
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auch das berühmte Schachspiel von Carlo Magno, wie Karl der Große hierzulande genannt wird, zu bewundern. Ich mache mir eigentlich nicht viel auch Schach, aber hier gehen mir die Augen über. Dieses Blau und das Gold. So edle Figuren. Es ist kein Schachspiel, es ist ein Schmuckstück. Einfach phantastisch. In der Nähe des Schachspiels ist noch etwas ausgestellt, das ich nicht ganz klar identifizieren kann: etwas Eingemachtes, höchstwahrscheinlich Organisches, etwas irgendwie Ekliges. Ich kriege nicht raus, was es ist, tippe aber auf irgendeine Reliquie. Die anderen Exponate schaue ich mir nur noch flüchtig an, denn das Museum wird geschlossen.
     
    Die Zeit ist gekommen, meine Radtour zu beginnen. Ich schiebe zur Straße, wo sich auch die romanische Kapelle Sancti Spiritus aus dem 12. Jh., die einige Pilgergräber hat, befindet, steige auf, eiere die ersten Meter mit meinem schweren Gepäck, finde dann aber bald das Gleichgewicht und rolle langsam aus dem Ort hinaus. Der Pilgerwanderweg ist nach rechts in den Wald ausgeschildert. Ich bleibe aber noch ein paar Meter auf der Straße, da ich unbedingt das alte Wegekreuz aus Granit sehen will. Da ist es. An den Bremsweg muss ich mich auch erst gewöhnen. Ich hätte genauso gut auf dem Wanderweg fahren können, um dieses Wegekreuz zu sehen, denn der Wanderweg führt hier noch parallel zur Straße.
    Der gekieste Waldweg ist gut zu befahren. Der Wald ähnelt dem bei uns zu Hause - vornehmlich Buchen, aber auch ein paar Haselnusssträucher und Kastanienbäume sind dabei. 1968 wurde die Landschaft hier offiziell als pittoresk erklärt und unter Schutz gestellt. Im Gebirge um Roncesvalles befindet sich „Quinto Real“, das größte Großwild-Jagdrevier Navarras. Auf der anderen Seite des Aercoa-Tals liegt der Irati-Wald, nach dem Schwarzwald der zweitgrößte zusammenhängende Buchenwald Europas. Die hohen Stämme ragen auf wie Bögen einer gotischen Kathedrale.
    An einem heißen Sommertag ist es sicherlich erfrischend, durch diesen schattigen Abschnitt zu radeln. Heute ist es eher kühl und sowieso bedeckt. Ich habe sogar großes Glück, dass es bisher einigermaßen trocken ist.
     
    Nachdem ich noch durch ein Viehgatter habe schieben müssen, erreiche ich bald Burguete. War in Roncesvalles alles grau in grau und machte einen irgendwie schweren Eindruck, wirkt dieses Dorf im Pyrenäenstil viel lockerer, lustiger und neuer. Neuer deswegen, weil man nach dem Konventionskrieg nämlich alles neu aufbauen musste, da die französischen Truppen hier alles zerstört hatten. Auch wenn das rund 200 Jahre her ist, sind alle Gebäude solide und gut in Schuss. Es gibt diverse Hotels und Gasthäuser. Auch das Dorf Burguete ist Schauplatz in Hemingways Romans „Fiesta“.
    Sein Protagonist Jake Barnes nimmt seinen Pamplona-Besuch zu „San Fermín“ zum Anlass, zusammen mit einem Freund hier oben in den Bergen für ein paar Tage angeln zu gehen. Man geht davon aus, dass Hemingway autobiografische Elemente verwendet hat. Für mich besteht kein Zweifel, er muss Burguete besucht haben.
     
    Nach meinem etwas kargen Frühstück, Spanien hat keine Frühstückskultur wie wir sie kennen, verspüre ich inzwischen Hunger. Normalerweise bin ich kein großer Mittagsesser, aber heute will ich mir ein Sonntagsessen gönnen. Die Auswahl an Restaurants ist groß für einen so kleinen Ort, und ich entscheide mich schließlich für „Txikipolit“. Sorgsam kette ich draußen mein Rad fest, nehme alle leicht stehlbaren Teile wie Werkzeugkit, Rücklicht oder Kilometerzähler ab und verstaue die Sachen in diversen Hosen- und Westentaschen.
    Das Restaurant ist gut besucht, aber ich finde noch einen kleinen Tisch. Es ist ein guter Platz, von dem ich das Treiben im ganzen Saal beobachten kann. Ich bestelle mir ein Menü, gar nicht so teuer. Bei der Nachspeise bin ich mutig und folge dem Vorschlag der Serviererin: „Cuajada“, eine Spezialität, die es wirklich nur in dieser Region geben soll. Was es genau ist, kann ich auch heute noch nicht erklären, ein ganz frischer Frischkäse, sehr cremig und locker, und sehr sättigend.
    Als ich das Restaurant verlasse, ist der Nachmittag schon fortgeschritten. Ich bestücke mein Rad wieder mit den Teilen, die ich vorsorglich abgenommen hatte, finde aber den Kilometerzähler nicht mehr. Ich hatte ihn doch ganz sicher abgenommen, oder? Ich gehe durch jede Tasche, und meine Fotoweste hat nicht gerade wenige davon. Ich werde nicht fündig. Ich kippe den gesamten
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