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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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für redaktionelle Mitarbeit im Lektorat, Herrn Gerald Nowotny
für die Unterstützung bei der Bildbeschaffung, Frau Brigitte Gnieser-Hensel und
Herrn Burkhard Finken für die Gestaltung sowie Frau Svenja Nebel für
vielfältige Unterstützung, wo immer nötig.

PROLOG
     
     
     
     
    W as Sie auch dazu bestimmt haben mag,
ein Gelübde etwa, eine Begeisterung, irgendein nächtliches Erschrecken, eine
unaussprechliche Hoffnung oder einfach das Fernweh — Sie sind nun bereit, nach
Compostela aufzubrechen.
    Für einige Zeit verlassen Sie dieWelt der Motoren und Massenmedien. Sie wandern dem Meer zu,
bis zum galicischen Kap Finisterre immer der untergehenden Sonne folgend. Auf
diesem Weg ist man nie allein: Für ewig hallen in den tiefeingegrabenen
Wagenspuren und unter den Portalen der Häuser die Schritte all derer wider, die
Ihnen vorausgegangen sind, dieser Millionen von »Wanderern Gottes«, die die
Pyrenäen überwanden, durch Pamplona, Burgos und León kamen und schließlich das
Apostelgrab erreichten: »Brannte uns nicht das Herz in der Brust?« (Lk 24,32).
    Der erste französische Pilger, dessen unbestreitbare
Spur wir ausfindig machten, ist ein Bischof von Le Puy, Godescalc. Er unternahm
die Wallfahrt im Jahre 951, zehn Jahre vor jenem Grafen von Rouergue, der
unterwegs ermordet wurde und auf diese Weise schnurstracks ins Paradies
gelangte.
    Ja, wirklich, allein werden Sie nicht
sein! Einige von Ihren Weggenossen wollen wir Ihnen vorstellen:
    Aymeri Picaud, Mönch aus dem Poitou. Er
wallfahrtet im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts. Ein unersetzlicher Zeuge.
Ein Mann, der keinen Widerspruch duldet, chauvinistisch, mißtrauisch, voll
Feuer, ein Kenner wertvoller Reliquien und gesundheitsschädigender
Trinkwasserstellen. Man schreibt ihm den in den dreißiger Jahren des 12.
Jahrhunderts verfaßten Liber Sancti Jacobi (Codex Calixtinus),
französisch Le Guide du pèlerin de Saint-Jacques-de-Compostelle, zu,
eine der bedeutendsten Schriften des Mittelalters. 1
     
     

     
    Dann Jean de Tournai. Das ist einer
jener selbstsicheren flandrischen Kaufleute, die den Wert des Guldens zu
schätzen wissen. Ein ruhiger und vertrauensvoller Mann, ein großer Liebhaber
guten Essens und weicher Betten, doch auch entschlossen und hart im Leiden. Er
verläßt Valenciennes am Montag, dem 25. Februar 1488 »mit seinem Bruder, dem Priester,
und verschiedenen Gefährten«. 2
    Es folgt Domenico Laffi, ein
italienischer Priester. Er macht sich am 16. April 1670, kurze Zeit nach
Ostern, zusammen mit seinem Freund, dem Kunstmaler Domenico Codici, von Bologna
aus auf den Weg. Für Laffi ist es bereits das zweitemal, daß er sich nach
Santiago begibt, und die Vorstellung, fünfhundert Meilen pilgern zu müssen,
beunruhigt ihn weniger als die Sorge, jeden Tag einen Altar zur Feier der
heiligen Messe und einen Ort zum Übernachten suchen zu müssen. Ein glühender
Geist und ein kluger Kopf zugleich. 3
    Dann ist da noch ein Schneider aus
Carlepont in der Pikardie, Guillaume Manier, zweiundzwanzig Jahre alt. Er hat
keine Familie mehr, und die Sache mit dem Militärdienst ist auch geregelt. So
hält ihn nichts mehr vom Aufbruch nach Santiago zurück. Manier ist einer, der
sich zu helfen weiß, den alles interessiert, der die Welt mit den Augen eines
Waisenkindes betrachtet. Er findet am 6. Juli 1726 zwei Freunde, Antoine
Delaplace, Delorme genannt, und Jean Hermand, die ebenfalls keine Eltern mehr
haben; mit ihnen will er aufbrechen. Sie »melden ihr Vorhaben dem Pfarrer«;
dieser »beglückwünscht« sie.
    Schließlich der kleine Bonnecaze aus
Pardiès-en-Béarn. Als er seinen Eltern die Absicht kundtut, nach Compostela zu pilgern,
halten diese ihn für einen verrückten »Luftikus«. Mit drei Kameraden zusammen
»schmiedet er ein Komplott«: Sie wollen gemeinsam losziehen; »einige Hemden und
Bücher« schnürt er zu einem Paket zusammen und versteckt es in einem Weizenfeld
hinter dem Garten. Er ist von schwacher Gesundheit, ohne Geld und hat nur
schlechte Schuhe. Aber er gehört zu jenen Leuten, die nicht aufzuhalten sind. 4
    Diese fünf also werden mit Ihnen gehen.
Die Zeit, sie kennenzulernen, wird Ihnen nicht mangeln, sei es nun, daß Sie mit
derselben Gruppe wandern, sei es, daß Sie sich mit ihnen am Abend zufällig in
einer Raststätte zusammenfinden. Übrigens werden Sie noch vielen anderen
begegnen, von denen sie beim Vorbeigehen mit einem Rat, einem Fetzen
Pilgergesang oder einer guten Adresse beehrt werden.
    Außer dem Wetter,
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