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Auf dem spanischen Jakobsweg

Auf dem spanischen Jakobsweg

Titel: Auf dem spanischen Jakobsweg
Autoren: Wolfgang Dannhäuser
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pfeife ich vor mich hin, dann fange ich an, Wanderlieder zu singen. Der
Abstand zu Heinz und Tobias ist jetzt so groß, dass sie mich nicht hören
können. Das ist auch gut so, denn meine Stimme ist so schrecklich, dass sie,
sollten sie auch nur ein Tönchen von mir hören, mitsamt ihren Rucksäcken im
Galopp davonlaufen würden. An der mittelalterlichen Brücke über den Ulzama, der
nur scheinbar viel Wasser führt, weil er hier gestaut ist, ist es Zeit für eine
Rast. Aber erst gehen wir über die sechs flachen Brückenbögen hinüber, um die
kleine, aber berühmte „Basílica de la Trinidad“ und das Kloster mit einer
Herberge aus dem 16. Jahrhundert zu besichtigen. Dort stehen wir dann
allerdings vor verschlossenen Toren. So laufen wir wieder über die schöne
Brücke zurück und legen uns ins Gras, dort, wo das wenige Wasser des Ulzama
durch eine Einbuchtung seiner Staumauer in sein natürliches Bett
hinunterstürzt. Erst mal viel Wasser trinken, dann Weißbrot, Schinken, Paprika
und Zwiebeln essen, und schließlich auf dem Rücken liegen und die Beine von
sich strecken, das gehört zu den angenehmsten Seiten einer Pilgerreise.
    Als erstes
kommt Carmen mit zwei weiteren spanischen Pilgern vorbei und ruft mir „óla,
Wolfgang Amadeus Mozart“ zu, was sie, wenn sie mich sieht, immer tut, bevor
dann ihr helles Lachen aus ihr herausquirlt. Nein, sie wollen nicht in Pamplona
übernachten, dort sei es ihnen zu laut, sie wollen bis Cizur Menor, nur ein
paar Kilometer weiter. Da gäbe es eine sehr schöne Herberge.
    Andere
Pilger, die wir fast alle schon mal gesehen haben, kommen an unserem Rastplatz
vorbei. „Óla“ und „buen camino“ und „que aproveche“ — guten Appetit. Manche
gehen auch über die Brücke hinüber. Sie werden aber ebenfalls vor
verschlossenen Toren stehen.
    Die
Mittagssonne brennt jetzt auf uns herunter, am Himmel ist wieder kein Wölkchen
zu sehen. Ach hätten wir doch hiervon zu Hause etwas mehr gehabt im letzten
Sommer! Aber unsere Gedanken schweifen jetzt auch schon mal in die Meseta
hinüber. Irgend jemand hat uns erzählt, dass es dort nicht einmal Bäume gäbe,
in deren Schatten man sich legen könnte.
    „In der
Meseta können wir ja was erleben, wenn es hier schon so heiß ist“, sage ich
mehr zu mir selbst.
    „Jaja“,
meint Heinz, „erst wenn wir in León sind, spiele ich auf meiner Mundharmonika Großer
Gott wir loben dich, vorher nicht.“
    „Aber mit
unseren Füßen geht es doch ganz gut, wenn man bedenkt, was man da in den
Herbergen alles sieht.“
    „Habt ihr
den „Storch“ gestern Abend gesehen, wie dem seine Füße aussehen?“, frage ich
meine Gefährten.

    „Welchen
Storch denn?“, will Tobias wissen.
    „Na den
langen Franzosen, mit dem du so schneidig über die Pyrenäen stolziert bist.“
    „Ach den,
jaja, aber das ist kein Franzose, das ist ein Belgier“, weiß Tobias. „Der hat
mir gestern schon gesagt, dass er wohl bald im Bus sitzen wird.“
    „Da vorne
kommt doch die Monique an, schaut mal wie frisch die noch läuft, das ist mir
schon ein paar Mal aufgefallen“, sagt Heinz.
    „Bon jour,
was ist mit euch los?“, will Monique wissen. „Ihr seid wohl müde.“
    „Nein nein,
wir haben nur was gegessen, wir gehen auch gleich weiter. Aber heute nur bis
Pamplona.“
    „Ihr seid
ganz schön faul. Ich will bis Cizur“, lacht sie.
    „Das sind
doch nur ein paar Kilometer mehr.“

    „Dann kommt
doch mit mir nach Cizur“. Sagt es und schlendert weiter. Ihren leichten, lockeren
Gang würden wir noch öfter bewundern können. Fast losgelöst vom Weg und so
aufrecht, als trüge sie nur ein Handtäschchen auf dem Rücken, schwebt sie
dahin. Und immer hört man sie singen. Ma chère Monique, so gerne würde ich mit
dir nach Cizur laufen und im Duett Lieder mit dir singen. Aber bei dieser
schrecklichen Stimme, die ich habe...
    Lange kann
ich mich allerdings über meine mangelnden Qualitäten als Troubadour nicht
grämen. Das ständige Rauschen des in die Tiefe fallenden Ulzama macht mich müde
und schließlich schlafe ich ein.
     
     

Dan komestü
in kyn stat heist Pepelonia
     
    Auf Pamplona
freuen wir uns ganz besonders. Schreibt doch schon der Servitenmönch Hermann
Künig von Vach in seinem Pilgerbuch, das im Jahre 1495 in Straßburg erschienen
ist, dass es in Pamplona eine Herberge gibt, in der die Pilger kostenlos Wein
und Brot erhalten. Pamplona war schon damals keine junge Stadt mehr. Einige
Historiker nehmen an, dass hier bereits im Jahre 68
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