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Auf Couchtour

Auf Couchtour

Titel: Auf Couchtour
Autoren: Ramona Wickmann
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nächsten Morgen diesen Moment noch einmal Revue passieren ließ.«
    »Wie?«
    »Es war Ullis Handynummer, der Patient, von dem ich dir erzählt habe.«
    »Ulli?«
    »Na der, der mir die Vorlage für Troys Ticks geliefert hatte. Du weißt schon … Gestern Vormittag, nach seiner Therapie, lud er mich zum Essen ein. Er gab mir seine Handynummer – fünf Mal die Sieben am Ende. Ich musste ihm schon mehrfach seine Termine telefonisch durchgeben, daher dümpelte das Ende der Zahlenfolge bestimmt noch in meinem Unterbewusstsein herum, ist ja auch ziemlich ungewöhnlich. Als ich sie las, wurde mir alles klar. Ich habe zugesagt, weil ich im Traum diesen Wink bekam. Vielleicht habe ich innerlich schon mit dem Gedanken gespielt, ihn näher kennenzulernen, es aber verdrängt. Ich hatte wahrscheinlich Angst, dass mich seine Ticks überfordern. Jetzt bin ich mir sicher – es besteht kein Grund zur Sorge. Ich habe kein Problem damit. Ich sehe ihn plötzlich mit anderen Augen. Er hat eine Chance verdient.«
    »Aber hallo!«
    »Am Samstag weiß ich mehr.«
    »Das ist ja unglaublich«, staunt Charline. »Ich freue mich so für dich!«
    »Tja, manche Dinge erledigen sich wirklich im Schlaf.«
    »Ich liebe Happy Ends.«
    »Ob es eins gibt, steht in den Sternen. Eine Verabredung ist zumindest ein Anfang.«
    »Ach komm, es ist schon mehr, du strahlst wie verrückt. Ich kenne diesen Ausdruck. Als du mit Jürgen zusammengekommen bist, hast du genauso ausgesehen!«
    »Nein«, würge ich das Thema ab. »Mit Jürgen verbinde ich nur Kummer, Tränen und Augenringe. Und diese Falten hier« – ich zeige ihr den Beweis – »verdanke ich seinem liebenswürdigen Umgang mit allen Frauen außer mir.«
    »Du spinnst.«
    »Jetzt nicht mehr. Ich bin drüber weg!«
    »Ja, ja. Und ich kann übers Wasser laufen!«
    »Lass mich bloß mit dem Mistkerl in Ruhe, er ist der schwarze Fleck auf meiner Seele. Warum wirfst du mich in meine jämmerlichsten Erinnerungen zurück, wenn ich gerade dabei bin, die Fühler wieder auszustrecken?«
    Charline bohrt weiter: »Du würdest ihn nicht zurücknehmen, wenn er angekrochen käme, voller Reue?«
    »Ich würde ihn sogar heiraten, auf der Stelle, ihn in der Hochzeitsnacht umbringen und seine Lebensversicherung kassieren. Außerdem bekäme ich so auch meine Stereoanlage, den Fernseher und den DVD-Player zurück. Dann, verlass dich drauf, würde ich aussehen wie jemand, der einen ganzen Container voll Glück verschluckt hat.«
    »Ich bezweifle, dass Überlebenskünstler Jürgen sein Geld in eine Lebensversicherung investiert. Der konnte sich nicht mal ein Fahrrad leisten.«
    »Das wäre auf jeden Fall die Voraussetzung für mein Jawort.«
    »Schon gut, ich dachte nur …«
    »Nein.«
    »Aber …«
    »Nein.«
    »Wenn …?«
    »Was genau an N-E-I-N hast du nicht kapiert, Charline?«
    »Ich hab’s ja verstanden, entschuldige.« Sie streicht mir versöhnlich über die Wange.
    Ich verzeihe ihr. Es ärgert mich maßlos, wie sehr mich dieses Thema, dieser Mann, emotional aufwühlt. Schnuppe sollte er mir sein, schnurzpiepe. Es ist wohl noch ein weiter Weg bis dahin. Ulli Bänder ist mein erster Schritt in die richtige Richtung.

Einen gut
    »Was passierte im Hotel? Hat sich Diego noch mal blicken lassen?«
    »Nicht persönlich. Er sorgte auf andere Weise dafür, dass du ihn nicht vergessen würdest.« Das muss sein. Charline hat eine Retourkutsche verdient. Die schummele ich ihr ungeträumt unter – verpetzen Sie mich bitte nicht!
    »Wieso, sag bloß, er …«
    »Soll ich jetzt mittendrin anfangen oder da, wo wir aufgehört haben?«
    »Nein, erzähl nach deinem Abschied von Troy weiter.«
    »Okay. Ich trottete in die Lobby. Für den Elvis-Portier musste ein schlapper Wink als Gruß reichen. Ich senkte meinen Blick, damit ich nicht über meine Mundwinkel stolperte, die mir bis zum Boden hingen. Als du mich kommen sahst, bist du vom Sofa aufgesprungen und mir freudestrahlend entgegengestürmt. Es waren ja nur ein paar Minuten, die du auf mich warten musstest, um endlich deine Begeisterung zu teilen, die förmlich aus dir heraussprudelte. Du warst so überrumpelnd glücklich, dass es mich ansteckte – dabei wollte ich doch einfach nur in Ruhe vor mich hin leiden – keine Chance. Normalerweise klemmt mein innerer Stimmungshebel, wenn es darum geht, schnell von düster auf sonnig umzuschalten. Ich alleine schaffe es selten, weil mich Traurigkeit erschöpft. Rüttelt aber jemand wie du in diesem Moment derart unnachgiebig
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