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Auch Frauen wollen nur das eine

Auch Frauen wollen nur das eine

Titel: Auch Frauen wollen nur das eine
Autoren: Kerri Sharp
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in den Korridoren der Macht bezahlte.
    In der realen Welt führte die Diskussion rund um AIDS dazu, das nun auch Tabuthemen auf den Tisch kamen. Wenn es eine gute Sache bei der Erkenntnis der Virusübertragung gab, dann die, dass das Sexualverhalten in neuem Licht gesehen wurde: Wurden die Konsequenzen von ungeschütztem Geschlechtsverkehr nicht offen angesprochen, konnte das tödliche Folgen haben. Ein neues Bewusstsein bildete sich heraus: Der Verkauf von Kondomen schnellte in die Höhe, die Partner redeten offen miteinander, und Safer Sex war die einzige Möglichkeit, Sex zu haben, wenn man wechselnde Partner hatte. Der Popstar Madonna begann, mit einer wirkungsvollen Bildersprache zu experimentieren und mischte Erotik in ihr musikalisches Werk. Es gelang ihr, den Unmut der Katholischen Kirche zu erregen, indem sie uns mit provokativen Bildern der Weiblichkeit konfrontierte – in ihren Videos, mit ihrer Kleidung und diesem Buch. Sie lieferte uns ein glaubwürdiges und positives Bild der starken und sexuell aktiven Frau und ebnete dadurch den Weg für viele Künstlerinnen, die ihr nacheiferten.
    Einige Jahre später rückte die Dance- und Rave-Kultur die Aufmerksamkeit stärker in Richtung Vergnügen und den Genuss in allen möglichen Bereichen. Die harten Kanten der Großstädter wurden gefeilt, und eine jüngere Generation von gewieften, global denkenden, »alternativen« Kids reifte heran. Über Sex zu sprechen, war für diese Generation nicht mehr so peinlich wie für die Leute zehn Jahre zuvor. Die New Age Revolution war angekommen – narzisstisch, selbstverliebt und gepierct. Sie tanzten an den Stränden von Ibiza bis Goa. Sinnliches Vergnügen hatte oberste Priorität: Sie unterhielten sich über »Heilen« und massierten sich gegenseitig.
    Die 90er erlebten eine Phase größerer sexueller Toleranz aufgrund der Wahl des Lebensstils, aber es gab nach wie vor Entsetzen und Unglaube, sobald Frauen ihre Sexualität in aller Öffentlichkeit diskutierten – und dabei weiter vordrangen als je zuvor. Die ersten Sexjournale für Frauen erschienen, wenn auch nur mit Fotos von schlaffen Schwänzen; die ersten, von Frauen geleiteten Sexshops tauchten auf, und Black-Lace-Bücher eroberten ab 1993 den Markt. Dies stellte die erste, von Frauen geschaffene erotische Fiction dar, und das sorgte schon für ein wenig Furore. Eine etablierte Sonntagszeitung warf den Büchern vor, sie »verderben landesweit die Moralvorstellungen der Frauen und verraten die zivilisierten Werte.« Doch diese reaktionären Artikel konnten das Land nicht gegen diesen »abgeschmackten Schmutz« aufbringen; die ersten vier Veröffentlichungen von Black Lace gingen in die 7. Auflage. Damals, 1973, machte man Nancy Friday den Vorwurf, sie habe sich die Fantasien in Mein geheimer Garten selbst ausgedacht; 1993 glaubten viele Journalisten, die Black-Lace-Titel seien von Männern geschrieben (die Pseudonyme benutzten). Auch zwanzig Jahre nach Fridays Buch konnte man nicht glauben, dass Frauen sexuelle Vorstellungen haben, bei denen es, wie ich schon sagte, »nicht um Romantik geht, die schockierend sein können und nicht ›schön‹ sind.«
    Kein Genre muss sich so sehr verteidigen wie Erotika, und erotische Titel von Frauen wurden immer schon mit Argwohn beäugt. Schuldig gesprochen bis zum Beweis der Unschuld. Und wir mussten jede Story-Konzeption rechtfertigen, jede Fantasie, weil wir immer daran erinnert wurden, Pornografie sei nur für Männer. Frauen sollten so etwas nicht wollen. Und wenn man uns Frauen etwas zugestand, das explizit war, dann sollte es bitte »netter« sein als die Dinge, die Männer mögen. Wir Frauen sollten politisch korrekte Fantasien haben. Diese Fantasien durften nicht abgefahren sein, konnten nicht in Gefilde vordringen, die strittig waren. In jenen Tagen gab es viel schauspielerisches Getue rund um das, was Frauen wirklich wollten, worüber Frauen wirklich fantasierten. War es wirklich »Vergewaltigung«? Sollte das überhaupt erlaubt sein?
    Im Zusammenhang mit Problemseiten oder medizinischen Ratgebern war es okay, über Sex zu schreiben, aber indem Black-Lace-Bücher die sexuellen Fantasien von Frauen in geschriebener Form vertieften – zum Zweck der Unterhaltung – öffneten sie die Büchse der Pandora. Erstaunlicherweise war eine Folge dieses Experiments, dass sich Schleusentore öffneten. Frauen hatten zum ersten Mal die Gelegenheit, frei und offen über sich zu schreiben und produzierten Stoff, der in die
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