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Auch das Paradies wirft Schatten

Auch das Paradies wirft Schatten

Titel: Auch das Paradies wirft Schatten
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie damit freilich nicht.
    Aarfeld erinnerte sich plötzlich der Anwesenheit einer Dame und offerierte ihr einen Aperitif. Marianne lehnte erschrocken ab. Alkohol zu so früher Stunde wäre ihr etwas völlig Ungewohntes gewesen. Daraufhin schlug Aarfeld einen kleinen Imbiß vor, mit dem er Anklang fand. Er begab sich sogar selbst in die Küche, um das Nötige zu veranlassen. Seinem Diener könne er nicht läuten, sagte er, da dieser zwei Tage Urlaub habe, um bei einer Behörde seines Heimatortes etwas zu erledigen.
    Als Aarfeld den Raum verlassen hatte, blickte Marianne Klett ihren Chef zweifelnd an. Eine Frage lag in ihren Augen, eine Verwunderung, die ihm nicht entging, so daß er sagte: »Sie haben sich den Baron wohl anders vorgestellt, oder?«
    »Zum … zum Teil schon«, antwortete sie zögernd.
    »Wie denn?«
    »Sie haben ihn mir als alten Hagestolz geschildert. Dabei ist er doch noch ein junger Mann …«
    »Vierunddreißig.«
    »Vierunddreißig?«
    »Ja. Warum interessieren Sie sich so sehr dafür?«
    Dr. Faber war ein hinterlistiger Mensch, der es liebte, andere in Verlegenheit zu bringen.
    »Ich interessiere mich nicht dafür«, antwortete Marianne Klett, prompt über und über rot werdend. »Ich stelle nur fest, daß Ihre Personalbeschreibung ganz und gar nicht den Tatsachen entsprach.«
    »So, finden Sie?« Dr. Faber klopfte mit dem Zeigefinger auf das Tischchen, das zwischen ihren Sesseln stand. »Ich sage Ihnen, der Baron ist ein alter Hagestolz; er ist eine Einsiedlernatur!«
    »Danach sieht er aber überhaupt nicht aus.«
    Heute nicht, dachte Dr. Faber, das ist richtig. Weiß der Teufel, warum. Ich kannte ihn bisher ganz anders. Ist vielleicht doch etwas dran an den Gerüchten, welche ihn mit dieser adligen Witwe, die in Nöten ist, in Verbindung bringen?
    »Und deshalb«, hörte Faber seine Sekretärin sagen, »muß ich auch an der Beschreibung zweifeln, die Sie mir von seinem Bruder gaben.«
    »Meinen Sie?«
    »Ja.«
    Wieder klopfte Fabers Zeigefinger. »Siegurd von Aarfeld ist ein Windhund, ein Schürzenjäger, ist ein Verschwender!«
    »Leben die Eltern noch?«
    »Nein. Die Mutter starb schon früh, der Vater, der alte Baron Hubertus, vor einigen Jahren. Er wurde auf der Jagd von einem Wilderer angeschossen und nahm trotz seiner Verwundung die Verfolgung des Verbrechers auf, bis er verblutend zusammenbrach.«
    »Wie schrecklich! Haben Pedro und Siegurd noch Geschwister?«
    »Nein.«
    »Mich wundert der Name Pedro.«
    »Der ist auch erstaunlich. Wie kommt, so fragten sich schon viele, in ein uraltes deutsches Adelsgeschlecht plötzlich ein spanischer Name? Nun, ich werde es Ihnen sagen, Sie würden es ja auf alle Fälle von irgendeiner Seite hören. Man munkelt, daß der alte Baron seinen erstgeborenen Sohn aus Spanien mitgebracht hat, als er einmal länger als ein Jahr zur Jagd in den Pyrenäen gewesen war. Er war eine Kraftnatur. Seine Frau zu Hause, die schon früh kränkelte, mußte solche Dinge über sich ergehen lassen. Die Geburt Siegurds war ihre letzte große Kraftanstrengung, danach welkte sie nur noch dahin.«
    »Entsetzlich!«
    »Wie dem auch sei, Pedro wurde Erbe des Majorats und muß sich, das steht im Testament, bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahr, also in zwölf Monaten, verheiratet haben. Wenn nicht, fällt das Erbe Siegurd zu. Und das wäre sicher nicht gut. Das Groteske ist nämlich, daß der Halbspanier Pedro ein kerniger, erdverbundener deutscher Landadeliger ist, ein Gutsherr, wie er im Buche steht, während Siegurd in allem das glatte Gegenteil verkörpert. Über Aarfeld würden unter seiner Herrschaft bedrohliche Zeiten heraufziehen, daran zweifelt niemand, der Einsieht in die Dinge hat.«
    »Aber es dürfte doch nicht schwer sein«, zwang sich Marianne zu sagen, »eine Frau, die hier gebraucht wird, zu finden.«
    »Anscheinend doch, bisher jedenfalls. Wissen Sie, es ist eben so, daß es Pedro an den nötigen Aktivitäten fehlen läßt. Vielleicht wäre es ihm letzten Endes gar nicht so unangenehm, wenn er das Gut vom Hals hätte.«
    »Was sagen Sie da? Einen solchen Besitz?«
    Wenn anderen Menschen der Alkohol die Zunge löste, so erreichte dies bei Dr. Faber eine gute Zigarre, die ein außerordentliches Maß an Zufriedenheit mit allem in ihm hervorrief und ihn dadurch zum redseligen, mitteilsamen Menschen machte.
    »Pedro von Aarfeld«, sagte er, »hat ein Geheimnis, das nur ganz wenige kennen: Er malt; und er malt gut. Seine Bilder, die er mit dem Namen Ralf Torren
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