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Auch das Paradies wirft Schatten

Auch das Paradies wirft Schatten

Titel: Auch das Paradies wirft Schatten
Autoren: Heinz G. Konsalik
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größten Teil aus hellen, schlanken Birken bestand.
    Es war still. Nur die Füße der beiden raschelten in dem trockenen Laub, das den Boden bedeckte. Einige aufgescheuchte Krähen, die sich nach ihrem Frühstück von den Feldern in die Baumkronen geflüchtet hatten, um der Verdauung zu obliegen, flatterten mit klatschenden Flügelschlägen auf und zogen weite Kreise am Himmel.
    Mathilde blickte von der Seite öfters zu ihrem Begleiter hinüber und gestand sich ein, daß er ein gutaussehender und vor allem kraftvoller Mann war. Letzteres fand besonderen Anklang bei ihr, hatte sie doch immer auch die Ansprüche vor Augen, die sie im Bett an einen Partner zu stellen pflegte.
    Siegurd, dachte sie, soll sich nicht unbedingt die Hoffnung machen, daß er ein für allemal die Nr. 1 für mich bleibt.
    Beruhigend erschien ihr, was Siegurd von Pedro erzählte: daß dieser oft nächtelang vom Haus fort sei, daß niemand wüßte, wo er sich rumtreiben würde, daß er einen Hang zu romantischen Träumereien und Künstlerlaunen zeige.
    Ich werde das alles in den Griff bekommen, dachte sie.
    Pedro schritt schweigend dahin.
    »Wollen Sie wirklich die kleine Sekretärin zur Jagd einladen?« fragte sie ihn, um die lastende Stille zu unterbrechen. Sie konnte von ihrem dummen Hochmut nicht lassen.
    Pedro fuhr beim Klang ihrer Stimme zusammen. Zornig fühlte sie, daß er sie schon eine ganze Weile vergessen hatte und erst jetzt, als sie sprach, wieder an ihre Anwesenheit erinnert wurde. An was – oder wen – dachte er?
    Die Antwort, die er ihr gab, war kühl. »Warum soll ich sie nicht einladen?«
    »Sie weiß sich doch nicht richtig zu verhalten. Sie würde Ihnen das ganze Wild vergrämen.«
    »Hauptsache, es macht ihr Spaß.«
    Mathilde von Bahrenhof glaubte nicht recht zu hören. Hauptsache, es macht ihr Spaß? Ein Jäger sagte dies? Ihm das Wild zu vertreiben?
    Wenn ein Jäger dies sagte, war höchste Gefahr im Verzuge, wobei es durchaus sein konnte, daß ihm selbst das noch gar nicht so recht bewußt war. Jedenfalls erkannte Mathilde von Bahrenhof, daß sie keine Stunde mehr versäumen durfte.
    Der Gedanke daran, was sich da offensichtlich schon angebahnt hatte, raubte ihr schier den Atem.
    Sie hatten den Birkenwald durchschritten und kamen nun an einem Fischteich vorbei, an dessen gegenüberliegendem Ufer sich das Herrenhaus vom Gut Bahrenhof erstreckte. Trauerweiden ließen ihre langen Zweige in das stille Wasser hängen, und eine Gruppe von Schwänen zog über den Teich.
    So sehr sich Mathilde von Bahrenhof auch darum bemühte, Pedro dazu zu bewegen, mit in das Haus zu kommen, es glückte ihr nicht. Er bat, am Teich auf sie warten zu dürfen, da er den Schwänen zusehen wolle. Er gehörte von jeher zu den Bewunderern der unnachahmlichen Majestät und Würde, mit der diese Vögel durch das Wasser ziehen.
    Der Romantiker, dachte Mathilde und eilte, um sich nicht zu versäumen, mit schnellen Schritten ins Haus. Pedro, ein Mann, ließ Schwäne Schwäne sein und blickte ihr nach, würdigte in Gedanken durchaus ihre schlanke, biegsame Gestalt, die langen, blonden Locken, den wippenden, koketten Gang, den gekonnten, wirkungsvollen Schwung ihrer Hüften – letzteren besonders.
    Pedros Nachbarin war eine schöne Frau, da biß die Maus keinen Faden ab. Wörtlich ging ihm dieser Gedanke, dem es an Adel wieder einmal gebrach, durch den Kopf.
    Es dauerte nicht lange, und Mathilde kam zurück. Sie trug ein hellgraues Kammgarnkostüm mit einem engen Rock, der wieder ihre Hüften ganz besonders zur Geltung brachte. Daß es den Beinen nicht an Fähigkeit, Begeisterung zu erregen, fehlte, war Pedro auch nichts Neues. Um den Nacken lag ein breiter Silberfuchs. Auf dem Kopf saß ein modisches Hütchen, dessen Krempe rundherum mit einem französischen Schleier drapiert war.
    Zugleich mit Mathilde erschien ein schwerer Tourenwagen, der die nahe Garage verlassen hatte. Der Mann, der ihn fuhr, hielt ihn vor Pedro an, stieg aus, zog grüßend die Mütze und übergab mit einer demonstrativen Geste Pedro das Steuer. Dazu hatte er von seiner Herrin Anweisung erhalten. Er war zwar der Chauffeur, aber er wurde nicht mehr gebraucht.
    »Sie wagen es wirklich, sich mir anzuvertrauen?« sagte der Baron zu Mathilde. »Wissen Sie, was für ein Fahrer ich bin?«
    Sie kletterte lachend auf den Sitz neben dem Steuer und erwiderte zweideutig: »Wenn es einen Mann gibt, der eine Frau nicht in Gefahr bringt, dann sind Sie es.«
    Eine glatte Herausforderung.
    Eine
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