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Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
Autoren: Douglas Preston
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Dr. Watson zu zitieren: »Ich hätte annehmen können, dass er nach dem Gebrauch irgendeines Narkotikums süchtig war, hätte sich wegen der Enthaltsamkeit und Reinlichkeit seiner ganzen Lebensweise ein derartiger Gedanke nicht verboten.« Wilde steckte das Buch zurück in seine Westentasche. »Na bitte – Sie hielten die perfekte Schwäche in Händen, aber Sie haben sie fallenlassen. Nehmen Sie sie wieder auf! Liefern Sie Holmes der Gefährdung durch irgendeine Sucht aus. Opium, beispielsweise. Aber nein, Opium ist so furchtbar gewöhnlich heutzutage, es wird von den unteren Schichten in Mengen konsumiert.« Plötzlich schnippte er mit dem Finger. »Ich hab’s! Kokainhydrochlorid. Das wäre eine originelle und elegante Schwäche, die Sie verwenden könnten.«
    »Kokain«, wiederholte Holmes ein wenig verunsichert. Als Arzt hatte er einigen Patienten, die an Erschöpfungszuständen oder Depressionen litten, eine siebenprozentige Lösung verschrieben, doch die Idee, Holmes zu einem Süchtigen zu machen, war auf den ersten Blick völlig absurd. Obgleich er Wilde um seine Meinung gebeten hatte, reagierte er doch etwas pikiert, als der ihn tatsächlich kritisierte. Auf der anderen Seite des Tischs setzten Stoddart und Gill ihr gutmütiges Streitgespräch fort.
    Wilde trank noch einen Schluck Wein und warf die Haare in den Nacken.
    »Und wie steht’s mit Ihnen?«, fragte Doyle. »Wollen Sie denn für Stoddart ein Buch schreiben?«
    »Ja. Und ich werde dabei unter Ihrem Einfluss – besser gesagt, unter Holmes’ Einfluss – stehen. Wissen Sie, ich habe immer gefunden, dass es so etwas wie ein moralisches oder unmoralisches Buch nicht gibt. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben, das ist alles. Aber ich bin fasziniert von der Idee, ein Buch über Kunst
und
Moral zu schreiben. Ich habe vor, es
Das Bildnis des Dorian Gray
zu nennen. Und wissen Sie, ich glaube, es wird eine recht schaurige Geschichte. Nicht eine Gespenstergeschichte, nicht direkt, sondern eine, in der die Hauptfigur ein abscheuliches Ende findet. Die Art von Geschichte, die man bei Tageslicht und nicht beim Schein einer Lampe lesen möchte.«
    »Eine solche Geschichte scheint eigentlich nicht auf der gleichen Linie mit Ihren anderen Werken zu liegen.«
    Wilde blickte Doyle etwas belustigt an. »Ach ja? Haben Sie denn geglaubt, dass ich – als einer, der sich freudig auf dem Scheiterhaufen des Ästhetizismus opfern würde – das Antlitz des Grauens nicht erkenne, wenn ich hineinstarre? Lassen Sie mich Ihnen sagen: Der Schauder der Angst ist ebenso sinnlich, wenn nicht sinnlicher, als der Schauer der Lust.« Dies unterstrich er abermals mit einer knappen Geste. »Im Übrigen wurde mir einmal eine Geschichte erzählt, die in den Einzelheiten und im Ausmaß des dargestellten Bösen so furchterregend, so erschütternd ist, dass ich heute wahrhaft glaube, dass nichts, was ich höre, mich je wieder ängstigen kann.«
    »Wie interessant«, erwiderte Doyle ein wenig geistesabwesend, weil er noch immer über Wildes Kritik an Holmes nachgrübelte.
    Wilde betrachtete ihn. Auf seinen großen, blassen Gesichtszügen zeigte sich ein leises Lächeln. »Möchten Sie die Geschichte hören? Sie ist aber nichts für Zartbesaitete.«
    So, wie er die Frage gestellt hatte, klang das wie eine Herausforderung. »Ich bitte darum.«
    »Sie ist mir vor einigen Jahren während meiner Lesereise durch Amerika erzählt worden. Auf dem Weg nach San Francisco machte ich halt in einer recht armseligen, aber pittoresken Bergbausiedlung namens Roaring Fork. Ich hielt meine Lesung ganz unten in der Mine, und sie wurde außerordentlich gut aufgenommen von den Herren Bergleuten. Nach der Lesung kam einer der Bergleute auf mich zu, ein älterer Bursche, den der Alkohol zum Schlechten oder vielleicht auch zum Guten verändert hatte. Er nahm mich beiseite und sagte, meine Geschichte habe ihm so gut gefallen, dass er mir eine seiner eigenen erzählen wolle.«
    Wilde hielt inne, befeuchtete seine dicken roten Lippen und nippte nur zart an seinem Wein. »Kommen Sie, wenn Sie sich etwas näher zu mir herüberbeugen, ja, so ist’s recht, dann erzähle ich Ihnen die Geschichte genau so, wie sie mir zugetragen wurde …«
    Zehn Minuten später hätte ein Gast im Restaurant des Hotels Langham überrascht bemerken können, wie – inmitten der leisen Klänge höflicher Konversation und des Klirrens von Besteck – ein junger Mann im Aufzug eines Landarztes jäh und blass im Gesicht vom
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