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Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
Autoren: Douglas Preston
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Tisch aufstand. In seiner Aufregung stieß der Mann einen Stuhl um, legte eine Hand an die Stirn und verließ unsteten Schritts den Saal, wobei er das Tablett mit feinen Speisen, das ein Kellner gerade hereintrug, beinahe umgestoßen hätte. Und während er in Richtung der Herrentoilette verschwand, spiegelten sich in seiner Miene Abscheu und Entsetzen.

1
    Gegenwart
    C orrie Swanson betrat zum dritten Mal die Damentoilette, um ihr Aussehen zu überprüfen. Vieles hatte sich verändert, seit sie zum Beginn ihres zweiten Studienjahrs aufs John Jay College of Criminal Justice gewechselt war. Im John Jay ging es ziemlich zugeknöpft zu. Eine Zeitlang hatte sie sich dagegen gewehrt, aber schließlich doch erkannt, dass sie erwachsen werden und das Spiel des Lebens spielen musste, statt sich für immer wie eine Rebellin aufzuführen. Verschwunden waren die lila Haare, die Piercings, die schwarze Lederjacke, der dunkle Lidschatten und die anderen Requisiten ihrer Gothic-Vergangenheit. Gegen die Möbiusband-Tätowierung im Nacken war allerdings nichts zu machen, außer das Haar nach hinten zu kämmen und hohe Kragen zu tragen. Aber eines Tages würde auch die verschwinden müssen.
    Wenn sie bei dem Spiel schon mitspielen musste, dann würde sie es gut spielen.
    Leider hatte ihre persönliche Transformation nach Meinung ihres akademischen Betreuers – ein ehemaliger Cop der New Yorker Polizei, der wieder zur Uni gegangen und schließlich Professor geworden war – zu spät stattgefunden. Corrie hatte das Gefühl, dass sein erster Eindruck von ihr der einer jugendlichen Straftäterin war und dass nichts, was sie in dem Jahr seit ihrer ersten Begegnung getan hatte, dazu beigetragen hatte, diesen Eindruck zu zerstreuen. Keine Frage, er hatte sie auf dem Kieker. Bereits ihren ersten Themenvorschlag für die Rosewell-Semesterarbeit hatte er abgelehnt. Dafür hatte sie nach Chile reisen wollen, um dort eine Perimortem-Analyse der Skelettreste durchzuführen, die man in einem Massengrab mit kommunistischen Bauern entdeckt hatte, die vom Pinochet-Regime in den 1970 er Jahren ermordet worden waren. Zu weit weg, hatte er gesagt, zu teuer für ein Forschungsprojekt, und überhaupt sei das Schnee von gestern. Als Corrie entgegnete, dass es genau darum gehe – dass es sich um alte Gräber handele, die spezielle forensische Verfahren erforderten –, hatte er irgendetwas dahingehend geantwortet, sie solle sich nicht in außenpolitische Kontroversen einmischen, vor allem nicht kommunistisch gesteuerte.
    Jetzt hatte sie eine neue Idee für ihre Semesterarbeit, eine noch bessere, und sie war bereit, fast alles zu tun, um sie zu verwirklichen.
    Sie betrachtete sich im Spiegel, arrangierte ein paar Haarsträhnen um, zog sich die Lippen mit einem unauffälligen Lippenstift nach, zupfte ihr graues Kammgarnjackett glatt und puderte sich die Nase. Sie erkannte sich kaum wieder. Gott, man hätte sie für ein Mitglied der Jungen Konservativen halten können. Umso besser.
    Sie verließ die Damentoilette und ging forschen Schritts über den Flur, wobei ihre konservativen Pumps berufsmäßig auf dem harten Linoleumboden klapperten. Wie üblich war die Tür ihres Dozenten geschlossen. Sie klopfte an, kurz und selbstbewusst. Von drinnen rief eine Stimme: »Herein.«
    Sie trat ein. Wie immer war das Büro absolut sauber und aufgeräumt, die Bücher und Fachzeitschriften in den Bücherregalen waren auf Kante gerückt, die bequemen, maskulin wirkenden Ledermöbel spendeten eine behagliche Atmosphäre. Professor Greg Carbone saß hinter seinem großen Schreibtisch, dessen riesige polierte Mahagoniplatte frei von Büchern, Zeitungen, Fotos von Familienangehörigen oder Schnickschnack war.
    »Guten Morgen, Corrie«, sagte Carbone, erhob sich und knöpfte seinen blauen Serge-Anzug zu. »Bitte nehmen Sie Platz.«
    »Vielen Dank, Professor.« Sie wusste, dass er sich gerne so anreden ließ. Wehe dem Studierenden, der ihn mit Mr. Carbone oder, schlimmer noch, Greg anredete.
    Er setzte sich wieder, sie nahm Platz. Carbone war ein auffallend gutaussehender Mann mit graumelierten Haaren, strahlend weißen Zähnen, schlank und fit, gut gekleidet, eloquent, leise und zurückhaltend, intelligent und erfolgreich. Alles, was er tat, machte er gut, und als Folge davon war er ein komplettes Arschloch.
    »Nun, Corrie«, begann Carbone, »Sie sehen heute gut aus.«
    »Vielen Dank, Professor Carbone.«
    »Ich bin gespannt, von Ihrer neuen Idee zu hören.«
    »Danke.«
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