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Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)
Autoren: Douglas Preston
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alle, Skelettüberreste von Mordopfern von Tieren verursachte Verletzungen aufweisen. Sie sollten mal die Akten sehen, die wir darüber haben. Es kann sehr schwierig sein, die Spuren von Tieren von denjenigen abzugrenzen, die der Mörder hinterlassen hat. Soweit ich mich erinnern kann, hat noch keiner eine umfassende Studie zu Perimortem-Knochenverletzungen dieser Art verfasst. Das wäre ein höchst origineller Beitrag zur Forensik.«
    In der Tat,
dachte Corrie, überrascht von Blooms Erkenntnis.
Und wenn ich’s mir recht überlege – was für ein fabelhaftes und originelles Thema für eine Semesterarbeit.
    Bloom redete weiter. »Ich habe wenig Zweifel, dass zumindest einige der armen Bergarbeiter auf dem alten Friedhof beerdigt worden sind.«
    »Schauen Sie, das ist doch ein Problem. Ich kann doch nicht einen historischen Friedhof ergraben, weil ich nach den Opfern eines Bären suche.«
    Ein Lächeln, das seine gelben Zähne entblößte, erschien auf Blooms Gesicht. »Meine liebe Corrie, der einzige Grund, warum ich das alles zur Sprache gebracht habe, ist der faszinierende kurze Artikel in der
Times
von heute Morgen. Haben Sie ihn gelesen?«
    »Nein.«
    »Der ursprüngliche ›Boot Hill‹ von Roaring Fork ist heute ein Haufen Särge in einem Lagerschuppen für Pistengerätschaften. Überlegen Sie mal: Da wird gerade ein Friedhof für ein Bauprojekt verlegt.« Er blickte sie an und blinzelte, während sein Lächeln breiter wurde.

3
    A n der Côte d’Azur, im Süden Frankreichs, auf einer Klippe hoch über dem Cap Ferrat, saß ein Mann in schwarzem Anzug, umgeben von Bougainvillea, auf einem steinernen Balkon in der Nachmittagssonne. Es war warm für diese Zeit des Jahres, und das Sonnenlicht fiel golden auf die Zitronenbäume, die bis an den Balkon heranreichten und den steilen Hang bis zum Mittelmeer hin abfielen, der an einem schmalen, menschenleeren Sandstrand endete. Jenseits davon war ein Pulk vor Anker liegender Yachten zu erkennen, auf der felsigen Spitze des Kaps lag eine alte Burg, hinter der sich der Horizont erstreckte.
    Der Mann lagerte auf einer mit Seidendamast bedeckten Chaiselongue, neben einem kleinen Tisch, auf dem ein Silbertablett stand. Seine überaus hellen Augen waren halb geschlossen. Vier Gegenstände befanden sich auf dem Tablett: eine Ausgabe der
Feenkönigin
von Edmund Spenser, ein kleines Glas Pastis, ein Krug Wasser sowie ein ungeöffneter Brief. Das Silbertablett war zwei Stunden zuvor von einem Diener gebracht worden, der nun im Schatten des Säulenvorbaus auf weitere Anweisungen wartete. Der Mann, der die Villa gemietet hatte, erhielt selten Post. Einige Briefe trugen die Retour-Adresse einer gewissen Miss Constance Greene in New York; die übrigen kamen, wie es schien, aus einem exklusiven Internat in der Schweiz.
    Während die Zeit verstrich, fragte sich der Diener, ob der kränkliche Herr, der ihn zu einem übermäßig hohen Lohn eingestellt hatte, vielleicht einen Herzinfarkt erlitten hatte – so still hatte er in den vergangenen Stunden dagesessen. Aber nein, jetzt bewegte sich die Hand und griff träge nach dem Krug Wasser. Der Mann goss eine kleine Menge davon in das mit Pastis gefüllte Glas, so dass das dunkle Gelb des hochprozentigen Likörs zu einem milchigen Gelblichgrün wurde. Dann hob er das Glas und nahm einen langen, langsamen Schluck, ehe er es zurück aufs Tablett stellte.
    Wieder kehrte Stille ein. Die nachmittäglichen Schatten wurden länger. Wieder verstrich Zeit. Noch einmal bewegte sich die Hand wie in Zeitlupe und hob das handgeschliffene Kristallglas an die blassen Lippen, die noch einen langen, zögernden Schluck vom Likör nahmen. Dann griff der Mann nach dem Gedichtband. Wieder Stille. Er schien zu lesen, in großen Abständen, und blätterte die Seiten um, eine nach der anderen. Das nachmittägliche Sonnenlicht zauberte seinen letzten Glanz auf die Fassade der Villa. Von unten drangen Geräusche herauf: ein fernes Gefecht von Stimmen, erhoben im Streit, das Tuckern einer Motoryacht, die in die Bucht fuhr, Vögel, die in den Bäumen zwitscherten, der leise Klang eines Klaviers, auf dem Hanon gespielt wurde.
    Und jetzt klappte der Mann in Schwarz den Gedichtband zu, legte ihn auf das Tablett und widmete sich dem Brief. Als bewege er sich noch immer wie unter Wasser, nahm er das Schreiben zur Hand, schlitzte es mit einem seiner langen, polierten Fingernägel auf, faltete es auseinander und begann zu lesen.
     
    27. November
     
    Lieber
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