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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling
Autoren: C.J. Cherryh
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ein vertrautes monotones Sirren. Verstört öffnete er die Augen und sah Jagos dunkles Gesicht vor sich. Sie wischte ihm mit einem weißen Handtuch das Blut von den Lippen. Er spürte die Armlehne unter der rechten Hand, hörte die Turbinen pfeifen.
    »Bren-ji«, sagte Jago mit spöttischer Miene. »Cenedi hält Sie für außerordentlich tapfer. Allerdings auch für schrecklich dumm.«
    »Immerhin ist er, verdammt noch mal…« – ein in Ragi ungehöriger Ausdruck. Er warf einen Blick zur Seite; Banichi war nicht mehr da – »… mit heiler Haut davongekommen.«
    »Das ist ihm sehr wohl bewußt, Nadi-ji.« Sie betupfte seinen Mund, vielleicht um ihm das Wort abzuschneiden. Dann warf sie das Handtuch über die Kopfstütze und setzte sich auf seine Armlehne.
    »Sie waren wütend auf mich«, sagte er.
    »Nein«, antwortete sie, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Mein Gott…«
    »Was soll das heißen – ›Gott‹?«
    Bei Jago fühlte sich Bren immer wieder aufgeschmissen.
    »Sie waren also nicht wütend auf mich.«
    »Bren-ji, Sie haben sich töricht verhalten. Es wäre besser gewesen, mir zu folgen.«
    »Banichi war in Not.«
    »Zugegeben«, sagte Jago.
    Ärger, Verwirrung, Frustration oder Schmerzen. Er wußte nicht, was ihm mehr zu schaffen machte.
    Jago wischte ihm mit der Hand über die Wange. Neugierig und im Unterschied zu ihm ganz und gar nicht verlegen.
    »Tränen«, sagte er.
    »Was sind Tränen?«
    »Gott.«
    »Gott heißt Tränen?«
    Er mußte lachen und wischte sich nun selbst die Augen. »Unter anderem, Jago-ji.«
    »Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«
    »Ich komme offenbar nicht zurande. Es müßte mir zum Beispiel besser gelingen, Sie zu verstehen. Aber meistens werde ich nicht schlau aus Ihnen. Bin ich so begriffsstutzig, daß ich als Paidhi nichts tauge?«
    Jago ließ sich viel Zeit mit der Antwort. »Nein.«
    »Aber wie soll ich mich anderen verständlich machen, wenn ich’s nicht einmal bei Ihnen schaffe.«
    »Ich verstehe Sie doch, Nadi Bren.«
    »Was haben Sie denn verstanden?« fragte Bren verwirrt und abgelenkt vom Blick auf die Toten und Verwundeten in der Kabine.
    »Daß Sie es gut meinen, Nadi Bren.« Jago langte mit der Hand aus und strich ihm die Haare aus der Stirn. »Banichi und ich haben zehn Mitbewerber aus dem Feld geschlagen. Jeder wollte mit Ihnen gehen. Nadi Bren… was ist los?«
    Seine Augen waren naß. Er kam nicht dagegen an. Jago wischte ihm wieder die Tränen vom Gesicht.
    »Nichts ist. Mir geht’s gut. Wo ist mein Computer, Jago? Haben Sie ihn gefunden?«
    »Ja«, antwortete sie. »Keine Sorge.«
    »Ich brauche eine Verbindung. Es ist dringend.«
    »Wofür, Bren-ji.«
    »Um mit Mospheira Kontakt aufzunehmen«, sagte er. »Um Tabini zu helfen. Bitte.«
    »Ich spreche mit Banichi«, sagte sie.
     
    Sie hatten die Computerakkus aufgeladen. Das, wenn auch nicht mehr, war den rebellischen Miststücken als Verdienst anzurechnen. Jago hatte ihm eine Wolldecke gebracht, so daß er nicht mehr frieren mußte. Die Grenze war überflogen, und die beiden Gefangenen steckten aneinandergefesselt in der Toilette. Zwei von Ilisidis Männern hielten ihre Waffen auf die Tür gerichtet. Zuvor hatten alle erklärt, daß sie bis zur Zwischenlandung in Mogharu würden aushalten können.
    Warmstart, Schalter 3, ›M‹ für Maske, dann Schalter 4 und gleichzeitig SICHERN .
    Das war zwar nicht mit Links zu schaffen, aber die rechte Hand reichte dafür aus.
    Als Prompt zeigte sich der Eintrag Datum.
    Statt dessen tippte er auf mosphei’: Sein oder Nichtsein.
    Das Menü kam ins Bild.
    Bren atmete tief durch, ließ dann seine fünf Finger über die Tastatur tanzen, rief das Diagnoseprogramm auf und ließ Konfiguration und Modemeinstellungen für die Verbindung mit Mospheira überprüfen.
    Hätten die Rebellen gewußt wie, wären sie imstande gewesen, die Verteidigungslinien zu durchbrechen und mit Flugzeugen über die Insel herzufallen.
    Sie hätten das Netzwerk sabotieren und den gesamten Verkehr lahmlegen können, vom U-Bahn-System angefangen bis hin zur Satellitenstation – es sei denn, Mospheira wußte von der Krise auf dem Festland und hatte entsprechende Vorkehrungen getroffen.
    Im Falle geänderter Codes würde seine Meldung über Prüfkanäle umgeleitet, schließlich aber doch entgegengenommen werden.
    Mit fünf Fingern tippte er seinen Text.
    Verzeiht, daß ich mich nicht längst gemeldet habe…
    Banichi stand im Mittelgang und unterhielt sich mit Ilisidi und einem ihrer Männer, die beide
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