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Aszendent zauberhaft

Aszendent zauberhaft

Titel: Aszendent zauberhaft
Autoren: Jones Christina
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dem Hochzeitstag, als sie wieder nach Hause gefahren war, wo sie sich seither jeden Abend in ihrem alten Kinderzimmer in den Schlaf geweint hatte, und die Liebenswürdigkeiten der beiden hätten sie nur wieder zum Weinen gebracht. Außerdem, fand Phoebe, hatte sie so viele Tränen vergossen, dass es für den Rest ihres Lebens reichte, und sie wollte von jetzt an nie wieder weinen – zumindest nicht in der Öffentlichkeit.
    Oder, noch schlimmer, ihre Eltern hätten sich womöglich in eine weitere Hasstirade über den unseligen Ben und seine bestenfalls jämmerliche Feigheit oder schlimmstenfalls sein kaltherziges Verschwinden hineingesteigert.
    Nein, unterm Strich, wusste Phoebe, war dieser Besuch in der Wohnung etwas, das sie allein hinter sich bringen musste. Und wenn sie es heute schaffte, wäre es beim nächsten Mal nicht mehr so schlimm – sie würde einfach immer wieder hingehen und ein paar Sachen packen, so oft sie dafür eben kommen müsste, und dann wieder ins Haus ihrer Eltern nach Bagley zurückkehren, bis sie sich schließlich mit der Hausverwaltung in Verbindung gesetzt und erklärt hatte, dass sie aus der Winchester Road ausziehen würde. Für immer.
    Der Schlüssel drehte sich im Schloss, und sie drückte die Tür auf.
    Ein Berg Post stapelte sich innen vor der Wohnungstür. Phoebe stieg darüber hinweg – wahrscheinlich befand sich darin
so manche Hochzeitsglückwunschkarte – und ging in das behutsam modernisierte, neutrale, minimalistische Wohnzimmer, wobei ihre rosa Cut’n’Curl-Clogs rhythmisch über den Holzfußboden klapperten.
    Wie still die Wohnung war. Wie farblos. Wie steril. Als wäre alles Leben herausgesaugt worden. Es sah aus, dachte sie niedergeschlagen, wie in einem vernachlässigten Ausstellungsraum. Überhaupt nicht wie in einem Zuhause. Da war kein Hauch von Wärme, Lachen, Leben, Liebe.
    Von Ben nicht die geringste Spur. Ihre CDs, Bücher und Zeitschriften waren noch da. Aber jemand – Ben? – war seit der Hochzeit-die-nie-stattgefunden-hatte hier gewesen und hatte all seinen persönlichen Besitz restlos entfernt. Die Wohnung roch sogar leer. Einen Monat zuvor hatten hier noch alle möglichen Gerüche in der Luft gelegen, von Duftkerzen, Bens Aftershave, Phoebes eigenem Parfüm und Kräutern und Gewürzen der experimentellen Kochsessions, die sie gemeinsam veranstaltet hatten. Nun haftete den Räumen ein vernachlässigter fader Geruch nach Nichts an.
    Es war, als hätte es das Leben, das sie mit Ben geteilt hatte – einschließlich Ben selbst -, nie gegeben.
    Plötzlich wurde ihr schwindlig, und im Klammergriff der Einsamkeit sank Phoebe auf das weiße Sofa. Ein Bündel Sonnenstrahlen schlich sich durch die beige und weiß strukturierten Leinenvorhänge und bildete eine golden schimmernde Pfütze auf dem Boden. Phoebe schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. Dies war nicht mehr ihr Zuhause – wie könnte es das auch sein? Als sie es verlassen hatte, hatte sie gelacht und gekichert, und Ben, in Begleitung seines besten Freundes und Trauzeugen Alan, hatte ihr einen Abschiedskuss gegeben.
    Ein Abschied für immer.
    Phoebe schniefte eine sich anbahnende Träne hoch und
stemmte sich auf die Beine. Keine Zeit, in Selbstmitleid zu baden – es gab viel zu tun, Pflichten zu erledigen, Sachen zu sortieren. In der Wohnung war die Luft stickig und verbraucht, also öffnete sie die Glastüren zum Garten. Das Einzige, was man hörte, war der Kennet, ein sich windender Fluss, der sich hinter den hohen Mauern unsichtbar den Weg zu seiner Mündung in die Themse bei Winterbrook bahnte.
    Ben und sie hatten auch in den Garten viel Arbeit gesteckt. Sie hatten eine kleine Terrasse angelegt, um in lauen Sommernächten mit einem Glas Wein dort zu sitzen, und von den hohen Ziegelmauern ringsum ergoss sich das üppige Blattwerk von Jasmin, Geißblatt und Orangenblüten – eine abgeschiedene sinnliche Oase. Eine Liebeslaube.
    Oh Gott …
    Phoebe wandte sich von dem Garten ab, fest entschlossen, nicht zu weinen.
    Heute war sie als leitende Stylistin an ihren Arbeitsplatz bei Paulines Cut’n’Curl an der High Street in Hazy Hassocks zurückgekehrt, nach den drei Wochen Urlaub, die sie für die Flitterwochenkreuzfahrt in der Karibik genommen hatte – sie hatte diese Zeit in ihrem alten Kinderzimmer in Bagley-cum-Russet verbracht -, gefolgt von einer zusätzlichen Woche unbezahlten Urlaubs, weil sie noch nicht die Kraft gefunden hatte, sich den unverhohlen neugierigen Fragen ihrer
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