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Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
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nicht einmal, ob noch Zeit für einen letzten Humpen blieb. Und das jedenfalls hätten sie alle gerne noch gewusst.
    Also begann das Eherne Volk lautstark nach dem Höchsten seiner Priester zu verlangen, in der Hoffnung, dass die Stimme der Götter das ganze schreckliche Missverständnis aufzuklären vermochte, dass seine Worte ihnen Trost brachten oder dass er ihnen zumindest noch ein letztes Bier ausgab, bevor ihre Welt mit Zwerg und Zwergeszwerg in Schutt und Asche versank.
    Es dauerte nicht lange, dann skandierten tausend Kehlen, von echten wie auch falschen Bärten umwuchert, im Chor: »Höchster! Höchster! Höchster!« Sogar die Fackler und Helmer schrien mit. Selbst einer der Priester des Drachenhorns ließ sich dazu hinreißen. Die Stimmung heizte sich mehr und mehr auf. Verzweiflung, Unverständnis und Wut schwappten von einem Ende der riesigen Höhle zum anderen. Und bald war klar, dass, wenn nicht bald etwas geschah, neben den Traditionen auch noch einige Knochen gebrochen werden würden.
    Zunächst einmal taten die Priester das, was sie am besten konnten. Sie stießen in das Drachenhorn. Und als dann auch der vierte von ihnen sich wieder auf seine Aufgabe besann, hallte der Ton so laut und tief wie eh und je durch die fackelhell erleuchtete Höhle und brachte das Eherne Volk zum Schweigen.
    Mit lautem Knarren öffneten sich die Tore zu den Gemächern des Alleroberhöchsten. Die Zwerge wichen zurück und bildeten die Gasse des Gottgesandten, die vom Tor bis zum schwarzen Thron reichte.
    Und dann trat der Mehrfältige unter den Einfältigen, der Flammende unter den Glimmenden, der Wisser des Wissens und die geistige Zierde der gesamten Zwergenheit, gefolgt von seinem zweibeinigen Gedächtnis, wie es Brauch war, aus dem Inneren seiner Gemächer.
    Staunen und Raunen. Leiser dieses Mal. Er war gekommen. Er würde sprechen. Die Stimme der Götter würde erklingen. Auf alle ihre Fragen würde es Antwort geben. Oder zumindest Bier.
    Unter seinem ausladenden Zeremonienhelm ließ der Schreitende unter den Herumstehenden seinen Blick umherschweifen. Durch die Gucklöcher in den Toren hatte er das Geschehen beobachtet. Das Ausbleiben des Verwalters hatte selbst ihn erschreckt. Was mochten die Verschwörer mit ihm getan haben? Ob er überhaupt noch am Leben war? Diese Dämonen waren wahrhaft fürchterlich. Und er musste die Rolle spielen, welche die Götter ihm zugedacht hatten. Er war die letzte Gewissheit seines Volkes, das Einzige, woran sie sich jetzt noch klammern konnten. Und er wusste, was hier geschah, wie aufgebracht sie waren, dass ihnen Einhalt geboten werden musste und der geringste Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen konnte.
    Seinem Gedächtnis stand kalter Schweiß auf der Stirn, während es dienstbeflissen die bestickte Zeremonienschleppe seines Herrn trug. Das Gedächtnis hatte Angst. Denn es wusste, was der Allerhöchste dem Volk verkünden würde. Es war unwahrscheinlich, dass die Zwerge in ihrem Zorn den Höchsten ihrer Priester erschlugen. Bei seinem Gedächtnis aber sah die Sache anders aus…
    Die Stimme der Götter erreichte den Thron aus schwarzem Stein. Die beiden Gestalten rechts und links davon würdigte er keines Blickes. Er ahnte, wer sie waren und was sie wollten.
    Dann wandte sich der Höchste aller Priester dem Ehernen Volk zu, in seinem Rücken erklang die Stimme der Drachenhornpriester im Chor: »Fels und Erde, Feuer und Stahl, schweigt still und lauscht der Stimme der Götter, auf dass sie euch verkünde den Lauf des Olms!« Der Alleroberpriesterlichste breitete die Arme aus, das Volk versank in ehrfürchtiges Schweigen, und sein Bart teilte sich, um die Botschaft der Götter mit ihnen zu teilen.
    »Dunkle, dunkle Zeiten stehen bevor. Der Olm lief den Weg der großen Erzferkelprophezeiung. Der Goldbezahnte und die Immerschwarze. Diese Zeichen wies mir das Orakel, und wo sie sind, da ist auch der Untrunkene nicht weit. Die Zeit des Endes ist gekommen, des Endes von Zwerg und Zwergeszwerg, von allem, jedem und dem Rest…«
    Damit verstummte die Stimme der Götter. Und am Ende ihrer Worte standen weder Trost noch Bier.
    Lähmendes Entsetzen breitete sich unter den Zwergen in der Halle der Helme aus. Es war also vorüber. Vorbei. Alles, woran sie geglaubt, wofür sie gelebt hatten. Der Herzsteindieb würde mit dem größten seiner Säcke heraufsteigen, und keiner von ihnen würde verschont bleiben. Obwohl sie sich nicht ganz sicher waren, wie genau das Ganze vonstatten gehen
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