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Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Titel: Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
Autoren: Oliver Bowden
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haben – wie es sein sollte.“
    Er schüttelte bedächtig und traurig den Kopf, eine herablassende Geste, die, wenn sie mich beschwichtigen sollte, genau die umgekehrte Wirkung hatte. „Das Volk hat nie die Macht“, sagte er müde, „nur die Illusion davon. Und nun verrate ich dir das eigentliche Geheimnis: Das Volk will die Macht auch gar nicht. Die Verantwortung ist zu groß, um sie zu tragen. Deshalb schließen sich die Menschen anderen so schnell an, sobald jemand die Führung übernimmt. Sie wollen , dass man ihnen sagt, was sie tun sollen. Sie sehnen sich danach. Kein Wunder, denn die ganze Menschheit wurde erschaffen, um zu dienen.“
    Wieder kam es zum Schlagabtausch. Beide hatten wir jetzt den anderen verletzt. Wenn ich ihn anschaute, sah ich da ein Spiegelbild meines älteren Ichs? Nachdem ich sein Tagebuch gelesen habe, kann ich jetzt zurückblicken und weiß genau, wie er mich sah – als den Mann, der er hätte sein sollen. Was wäre anders gekommen, hätte ich damals gewusst, was ich jetzt weiß?
    Die Antwort auf diese Frage ist: Ich weiß es nicht. Ich weiß es immer noch nicht.
    „Weil wir also von Natur aus dazu neigen, über uns herrschen zu lassen, warum also nicht die Templer?“ Ich schüttelte den Kopf. „Das ist ein armseliges Angebot.“
    „Es ist die Wahrheit“, stieß Haytham hervor. „Prinzip und Praxis sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Ich sehe die Welt, wie sie ist – nicht so, wie ich sie gern hätte.“
    Ich griff an, er setzte sich zur Wehr, und ein paar Augenblicke lang hallte der Gang wider vom Klirren aufeinanderprallenden Stahls. Beide waren wir inzwischen müde, führten den Kampf nicht mehr mit der anfänglichen Heftigkeit. Einen Moment lang fragte ich mich, ob er einfach im Sande verlaufen würde, ob die Möglichkeit bestand, dass wir beide uns einfach umdrehen und davongehen würden, jeder seiner Wege. Aber … nein. Die Sache musste jetzt zu Ende geführt werden. Das wusste ich. Und ich konnte in seinen Augen sehen, dass er es auch wusste. Es musste hier enden.
    „Nein, Vater … du hast aufgegeben – und du möchtest, dass wir alle dasselbe tun.“
    Und dann schlug eine Kanonenkugel ganz in der Nähe ein. Die Wand erzitterte, Stein prasselte zu Boden. Nah, ganz nah. Dem Treffer musste ein zweiter folgen. Und er folgte. Plötzlich gähnte ein klaffendes Loch im Gang.
    II
    Die Wucht des Kanonentreffers schleuderte mich zurück. Schmerzhaft prallte ich gegen die Mauer, rutschte daran zu Boden, langsam wie ein Betrunkener an der Wand einer Schenke, mein Kopf und meine Schulter standen in einem seltsamen Winkel zum Rest meines Körpers. Der Gang war voller Staub, Steinsplitter und Trümmer regneten noch zu Boden, während das Krachen der Explosion allmählich verebbte und nur noch das Prasseln und Klappern sich verlagernden Gerölls zu hören war. Ich stemmte mich unter Schmerzen hoch und blinzelte durch die Staubwolken zu ihm hin, wie er dalag, so wie ich dagelegen hatte, nur auf der anderen Seite des Loches in der Wand, das die Kanonenkugel hineingeschlagen hatte. Ich humpelte zu ihm, blieb stehen und schaute durch das Loch hindurch, wo ich das Gemach des Großmeisters sah, dessen hintere Wand weggerissen worden war, sodass der Blick, von gezacktem Stein umrahmt, aufs Meer hinausfiel. Dort befanden sich vier Schiffe auf dem Wasser, aus deren Kanonen entlang der Bordwand Rauch aufstieg, und im selben Augenblick krachte es, als wieder gefeuert wurde.
    Ich passierte die Öffnung in der Wand und beugte mich über meinen Vater, der zu mir aufsah und sich ein wenig regte. Seine Hand kroch auf sein Schwert zu, das knapp außerhalb seiner Reichweite lag. Ich versetzte der Waffe einen Tritt, die sie über den Steinboden davonschlittern ließ. Mit vor Schmerz verzogenem Gesicht bückte ich mich zu ihm hinab.
    „Gib auf, und ich verschone dich“, sagte ich.
    Ich spürte die Brise auf meiner Haut. Der Gang war nun erfüllt von natürlichem Licht. Er sah so alt aus, sein Gesicht zerschlagen und zerschrammt. Trotzdem lächelte er. „Mutige Worte aus dem Mund eines Mannes, der im Begriff ist zu sterben.“
    „Du stehst nicht besser da“, erwiderte ich.
    „Ja“, er lächelte immer noch, bleckte blutige Zähne. „Aber ich bin nicht allein …“ Ich drehte mich um und sah zwei Wachen des Forts durch den Gang heranstürmen. Sie hoben ihre Musketen und blieben dicht vor uns stehen. Mein Blick glitt von ihnen zu Vater, der sich aufrappelte und seinen Männern mit
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