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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten
Autoren: Christine Preißmann
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»sonderpädagogische Förderung« bei der Bezirksregierung für mich beantragt. Dazu kam an einem Schultag in der Woche ein Sonderpädagoge, der schon mehrfach Kinder mit Autismus unterrichtet hatte, in meine Klasse. Er besprach mit mir die auftretenden Probleme und zeigte nach Absprache mit den Lehrern und meinen Eltern mögliche Lösungen auf. Er war ein Vermittler zwischen mir, meinen Mitschülern und den Lehrern, so ähnlich wie ein Dolmetscher.
    Alles in allem brachte ich die Schulzeit gut hinter mich, nicht zuletzt dank der Unterstützung meiner Eltern, meiner Lehrer und auch meiner Schwester, die auch wieder dieselbe Realschule wie ich besuchte. Jetzt, da klar war, was bei mir anders war, konnte man mich gezielt fördern und unterstützen. So bekam ich zum Beispiel bei den Zentralen Abschlussprüfungen und bei späteren Klausuren im Wirtschaftsgymnasium und der Berufsschule mehr Zeit, weil ich mich dabei immer sehr unter Druck setzte. Ich konnte die Aufgaben zwar schaffen, aber nicht in der eigentlich dafür vorgesehenen Zeit.
    Im Unterricht hing meine Aufmerksamkeit sehr vom Unterrichtsfach und dem Thema ab, das gerade durchgenommen wurde. So war ich beispielsweise in Geschichtemeistens aufmerksamer als in Mathe oder Physik und konnte mir die Hauptstädte oder Flächen von Ländern in Erdkunde eher merken als den Ablauf der Photosynthese in Biologie. Es erwies sich als vorteilhaft für mich, wenn ich im Unterricht in der Klasse möglichst weit vorne saß. Dann konnte ich eher mitbekommen, was der Lehrer erzählte, und die Nebengeräusche im Raum lenkten mich nicht so sehr ab.
    Ich besuchte das Wirtschaftsgymnasium
    Nach Abschluss der Realschule stand ich wieder vor neuen Herausforderungen. Sollte ich weiterhin zur Schule gehen? Und wenn ja, welche Schulform kam für mich in Frage? Entscheidend für die Wahl des Wirtschaftsgymnasiums war die Tatsache, dass es sich um eine kleine Schule in privater Trägerschaft handelte und so ein familiäres, vertrautes Umfeld bestand. Auch hier wurden die Lehrer im Vorfeld durch meinen Sonderpädagogen über die Besonderheiten des Asperger-Syndroms informiert und besuchten sogar eine Fortbildung zu diesem Thema. Leider stellte sich heraus, dass die Mehrzahl der Fächer matheorientiert war und dies meinen sprachlichen Interessen nur wenig entgegenkam. In den mathematisch-betriebswirtschaftlichen Fächern stieß ich in der 12. Klasse an meine Grenzen.
    Belastend für mich war auch eine Clique von Mädchen, die hinter mir saßen und sich über meine Verhaltensweisen und Beiträge zum Unterricht auf oft subtile Art negativ äußerten. Dieses Verhalten verunsicherte mich, und es war sehr schwierig für mich, das auszuhalten. Auch in diesem Schulabschnitt hatte ich einen Sonderpädagogen als Berater. Er riet mir, die Lästereien nicht auf mir sitzen zu lassen und mir passende Antworten auszudenken. Ein paar Mal gelang mir das auch ganz gut, und die Situation besserte sich.
    Insgesamt hatte ich immer nur wenige Freunde in meiner jeweiligen Klasse. Es gab immer wieder Kontakte, die aber nach einiger Zeit wegen unterschiedlicher Interessen abnahmen. Nur zu einem »normalen« Jungen habe ich bis heute noch regelmäßig Kontakt. Nach der 12. Klasse verließ ich dann die Schule, um eine Ausbildung im öffentlichen Dienst zu beginnen.
    In der Berufsschule lief es ganz gut
    Nachdem ich meine Ausbildung begonnen hatte, gehörte es zu meinen beruflichen Pflichten, zur Berufsschule und zur dienstbegleitenden Unterweisung zu gehen. Wieder wurden die Dozenten und meine Mitschüler im Vorfeld über das Asperger-Syndrom informiert, also darüber, was mich anders macht.
    In der Berufsschule lief es so weit ganz gut. Im Unterricht hatte ich fachlich keine Probleme, allerdings hatten wir während des dreimonatigen Blockunterrichts mehrere Projektaufgaben in ständig wechselnden Gruppen zu erfüllen.Das bedeutete jedes Mal eine große Umstellung für mich. Deswegen setzte ich mich unter Stress und war in der Schule häufig gereizt. Ich bemühte mich, meine Gereiztheit nicht allzu deutlich zu zeigen und mich zu entspannen. Das wurde dadurch begünstigt, dass wir in der Berufsschule ein Fach hatten, in dem es darum ging, einen Ausgleich zu eventuellem beruflichem oder schulischem Stress zu schaffen. Ich versuchte, einige der Techniken, die dort unterrichtet wurden, in mein
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