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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park
Autoren: Lauren Willig
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professoralen Tweedjackett mit Ellbogenflicken erschienen. Sie erinnerte sich, wie er hier, in diesem Zimmer, vor Jahren schon einmal in ähnlicher Aufmachung gestanden hatte, ein unbeholfener pubertärer Junge in Khakihose und mit einer Fliege am Hemdkragen. Sie hatte wahrscheinlich schwarze Lackschuhe angehabt und geschmollt, dass man sie mit zwölf noch in ein Kleinmädchenkleid gesteckt hatte. Auf jeden Fall hatten sie gemeinsam versucht, heimlich ein paar Drinks zu ergattern, während ihre Eltern nicht hinschauten. Von Tante Annas ‹Brut› war Jon am häufigsten hier gewesen, zumindest bis er nach Stanford gegangen war, um zu promovieren.
    Sie hatten sich ständig in den Haaren gelegen als Teenager, immer hatte einer versucht, den anderen zu übertrumpfen. Jon war drei Jahre älter, ein Vorteil, den er gnadenlos ausgenützt hatte. Doch Clemmie war die eigentliche Tochter, na ja, Enkelin, des Hauses; sie gehörte hierher. Jon war nur eine Art Kuckucksei. Das hatte die Bilanz ausgeglichen.
    Sie hatten keine enge Verbindung gehalten, aber es hatte die Ferien gegeben und immer wieder mal zufällige Zusammentreffen, wie an diesem peinlichen Wochenende in Rom, als sie sich direkt auf seine Schuhe übergeben hatte. An den Zustand seiner Schuhe erinnerte sie sich genauso ungern wie an die chaotischen – und absolut einmaligen – Ereignisse, die gefolgt waren.
    Sie hatten übereinstimmend beschlossen, Rom nie wieder zu erwähnen.
    Sie hatte immer gefunden, Jon habe eine gewisse Ähnlichkeit mit Val Kilmer. Val Kilmer oder Harrison Ford in den frühen Indiana-Jones-Tagen. Jon hatte die gleichen hell gesträhnten braunen Haare, den sehnigen Körper, auch er trug eine Brille. Natürlich nicht ihr Typ; sie mochte eher Männer wie Kevin Costner, aber sie konnte verstehen, dass Jon bei seinen Studenten, vor allem den weiblichen, Anklang fand. Die Ähnlichkeit mit Val Kilmer war immer noch zu erkennen, aber Jon sah nun müde aus. Müde und älter. Grau, das früher nicht da gewesen war, zog sich durch das helle Braun seiner Haare.
    Clemmie nahm dankend ihr Glas von ihm entgegen und widerstand der Versuchung, den Inhalt in einem Zug hinunterzukippen. Sie hob das Glas und versuchte, locker zu bleiben. «Tante Anna hat mir erzählt, dass du einen Job an der Columbia hast. Gratuliere. Ich weiß, wie dünn die gesät sind.»
    «Danke.» Jons Lächeln reichte nicht bis zu seinen Augen. «Wie geht’s Dan?»
    Clemmie hielt nur ihre linke Hand hoch. «Und wenn du jetzt sagst: ‹Ich hab’s dir ja gleich gesagt›, hau ich dir eine runter.»
    Nach einem kurzen Stocken erwiderte er mit einem trüben Lächeln: «Danke, du kannst mir dasselbe sagen.»
    «Caitlin?» Jon hatte sie vor drei Jahren geheiratet. Sie hatten sich in Stanford kennengelernt, wo Caitlin irgendetwas mit Geistesgeschichte gemacht hatte, während Jons Schwerpunkt moderne britische Geschichte gewesen war. Wie durch ein Wunder hatten sie beide Anstellungen an der University of North Carolina bekommen, nicht in Chapel Hill, sondern an einem der anderen Standorte. «Ist sie … ich meine, seid ihr …?»
    Jon stieß mit ihr an. «Du sagst es.»
    «Das tut mir leid.» Sie meinte es ehrlich. Bis zu einem gewissen Grad jedenfalls. Sie war nie begeistert gewesen von Caitlin. ‹Überheblich› war noch das Mildeste, was man über sie sagen konnte.
    «Ja, mir auch. Sie behält das Haus.»
    «Und was bekommst du?»
    «Wut und Enttäuschung?»
    «Na, wenn das keinen Spaß macht.» Einen Moment lang lächelten sie einander an, vereint im Land der gebrochenen Herzen. Clemmie senkte den Blick zuerst. Während sie Muster auf ihr beschlagenes Glas malte, sagte sie: «Jon, wenn du drüber reden willst?»
    Er fixierte demonstrativ ihre linke Hand. «Willst
du
denn drüber reden?»
    Er hatte recht. So war ihre Beziehung nie gewesen. Es war wahrscheinlich zu spät, um jetzt damit anzufangen. «Und was hältst du so von den Jets?», fragte sie betont lebhaft.
    Jon warf ihr einen Blick zu. «Ach was, du kennst die Jets?»
    Es war das gleiche Spiel wie früher. Ständig ging es darum, zu beweisen, dass man dem anderen eine Nasenlänge voraus war. «Du brauchst gar nicht so skeptisch zu tun. Das ist eine Sportmannschaft», versetzte Clemmie mit leichter Schärfe. «Ist doch klar.»
    Jons Augen blitzten auf. «Welche Sportart?»
    Ach, Mist. Das hatte sie nun davon, dass sie sich niemals den Sportausflügen der Kanzlei anschloss. Sie wagte einen Schuss ins Blaue. «Basketball?»
    Die
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