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Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Titel: Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)
Autoren: Ilsa J. Bick
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pulverisierter Erde und überhitzter Luft durch das kaputte Fenster und fegte Marley einfach um. Plötzlich war es in dem Zimmer so sengend heiß, dass es Alex im Hals und in der Lunge brannte. Wolfs Körper über ihr erstarrte, sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Drinnen wie draußen war die Luft übersättigt von Klängen und Gerüchen und Empfindungen: das pfeffrige Beißen von explodiertem Sprengstoff, ein einzelner Schrei irgendwo hinter dem Fenster, der schmutzige Schauer aus qualmenden, zitternden Fleischklumpen, das Knattern von Gewehren.
    Dann herrschte Stille, als hätte sich die Zeit entschieden, ganz tief Luft zu holen  … und da fiel Alex ein, was sie vergessen hatte, denn jetzt blitzte in ihrem Gehirn plötzlich etwas auf. Los-los-pusch-pusch .
    Der rote Sturm – dieser seltsame Geist – war hier.

7
    W enige Sekunden lang wusste Chris nur, dass er mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag, keuchend hustete und zu atmen versuchte, obwohl sich seine Kehle anfühlte, als träte jemand mit dem Stiefel darauf und wollte sie zermalmen. Blut tropfte ihm aus der Stirnwunde in die Augen und auf die Wangen. Der Kupfergeschmack in seinem Mund stammte von dem Biss, den er sich selbst zugefügt hatte; auch seine rechte Hand war glitschig, und die Finger fingen an zu glühen. Außer dem hohen, dünnen Pfeifen beim Ein- und Ausatmen hörte er ein kehliges » Auu, Auu« . Das allerdings nicht von ihm stammte. Er blinzelte das Blut weg und schaffte es, den Kopf zu drehen – wobei ihm fast das Herz stehen blieb.
    An die gegenüberliegende Wand gelehnt stand ein Junge mit glitzernden Augen und Zottelhaaren. Ein Riese. Chris war groß, über eins achtzig, doch der Jugendliche brachte es locker auf zehn Zentimeter mehr. Außerdem hatte er eine Statur wie ein muskelbepacktes Fass. Allerdings war er mit jemandem – oder etwas – aneinandergeraten. Über das Gesicht des Veränderten zogen sich tiefe Schnitte, die bereits eiterten. Seine Unterlippe war gespalten, sie hing in zwei Lappen herab, sodass man bläuliches Zahnfleisch und verfärbte Zähne sah.
    Mit den Händen umklammerte der Junge seinen rechten Oberschenkel. Ein blutverschmiertes Glasdreieck schimmerte schwach im schwindenden Licht, Blut tropfte auf den Boden. Als Chris ihn ansah, öffnete der Junge seinen verwüsteten Mund und brüllte wieder: » Auuu.«
    Ich muss was tun. Obwohl sein Oberkörper bei jedem Atemzug schmerzhaft zitterte, kämpfte er sich aus dem zerrissenen Flanellhemd und zerrte sich dann die Thermowäsche vom Leib. Die rechte Hand hatte er sich an der Glasscherbe aufgeschnitten, aber die Finger ließen sich bewegen. Er rappelte sich auf, machte einen vorsichtigen Schritt, rutschte weg, musste sich an den Tisch klammern, um nicht zu fallen. Noch lauter als sein Herzklopfen war das Aufstampfen eines Stiefels, als der Junge sich von der Wand abstieß.
    O Gott. Chris drehte sich um, seine Finger verkrampften sich, er schwankte. Ohne den Halt am Tisch hätten seine Knie wahrscheinlich erneut nachgegeben. Für den Bruchteil einer Sekunde herrschte in seinem Kopf vollkommene Leere. Er vergaß, dass er kämpfen wollte. Er saß in der Falle, ohne Waffe und bereits verletzt. Vor weniger als einer Minute war er dem Tod so nahe gewesen, als hätte Hannahs Gift sein Gehirn durchströmt. Alles, was als Waffe dienen konnte – Töpfe, Pfannen, Messer – , lag hinter ihm, meilenweit entfernt. Und so konnte er nur zusehen, wie dieser Junge, dieses Monster, auf ihn zuwankte. Es war der Albtraum. Eine Mischung aus Fieberträumen von Peter und Lena – und aus Erinnerungen, in denen er nach dem Aufwachen immer einen Vater vorgefunden hatte, der nach Schnaps stank und hasserfüllt auf Chris hinunterschaute, in den blutunterlaufenen Augen nur eine einzige Botschaft: Ich bin erst in Sicherheit, wenn du tot bist.
    Kämpfe! Chris ertastete einen Teller, und schon schleuderte er ihn wie eine Frisbeescheibe von sich. Der Junge sah das Geschoss kommen und schlug es weg, aber inzwischen hatte Chris sich bereits ein Glas, noch einen Teller, eine Untertasse geschnappt. Er warf alles, was er in die Hände bekommen konnte, lauschte dem Krachen und Scheppern und versuchte, auf die andere Seite des Tisches zu gelangen. Doch unerbittlich wie das Schicksal rückte der Veränderte immer näher. Er schien diesen Augenblick trotz seiner offenkundigen Schmerzen zu genießen. Vielleicht war der Junge auf Vergeltung aus, wollte ihm mit den Zähnen ein Stück Fleisch
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