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Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Titel: Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
Autoren: Ilsa J. Bick
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hatte nur eine zerrissene Tasche, und die Jeanstaschen waren voller Löcher.
    Mit behandschuhter Hand nahm sie die olivfarbene Jacke des Jungen am Aufhänger. Die Kapuze war mit Kunstfell gesäumt und hatte ein leicht durchhängendes, knallorangefarbenes heraustrennbares Steppfutter. Alex wog die Jacke in der Hand. Das Gewicht verriet nichts. Aber das war das Schöne an einem Reißverschlussfutter. Da hatte sie auch schon so manches drin gehamstert. Also zippte sie das Futter heraus.
    Etwas fiel klirrend auf den Fußboden. Metall schlug an Metall. Als Alex sah, was es war, schlug sie sich die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien.
    Kein Messer. Keine Pistole.
    Ihre Trillerpfeife.

63
    S ie weckte Kincaid nicht.
    Stattdessen saß sie mit trockenen Augen neben dem Jungen und versuchte ihn mit bloßer Willenskraft ins Bewusstsein zurückzuholen. Als das nicht klappte, maß sie seinen Blutdruck, hantierte an seiner Infusion herum, hörte seinen zu schnellen Herzschlag und fühlte seine Fingerspitzen, die eiskalt waren. Sie wusste, das war ein schlechtes Zeichen, bald würde sie Kincaid holen müssen, aber noch nicht gleich. Zuerst brauchte sie ein paar Minuten allein mit dem Jungen. Wenn er doch nur kurz aufwachen würde …
    Sie hängte sich die Pfeife um den Hals und verbarg sie unter ihrer Kleidung, und dann befühlte sie sie, nur um sicherzugehen, dass sie tatsächlich da war. Natürlich war sie da. Sie träumte nicht. Es war nicht wie in den Nächten, in denen ihre Eltern ihr entglitten. Das hier war real und fassbar, und sie sollte in der Lage sein, sich einen Reim darauf zu machen. Alle Puzzleteile lagen vor ihr, sie hatte nur noch nicht begriffen, wie sie zusammenpassten.
    Denk nach.
    Sie hatten die Rangerhütte am 10. November verlassen. Ellie wurde ihnen gleich am nächsten Tag, am 11., geraubt. Nach Harlans Schätzung hatte er sie zum letzten Mal eine Woche oder zehn Tage danach gesehen. Harlan war vor Thanksgiving aus Rule verbannt worden, sie konnte ihn also nicht befragen, aber hatte er nicht erzählt, sie seien südlich von Rule angegriffen worden? Was vermutlich stimmte. Der Junge hingegen kam aus Oren, im Nordwesten und mehr als achtzig Kilometer entfernt.
    Das hieß entweder, dass Ellie es allein bis Oren geschafft oder dass ihr jemand die Trillerpfeife weggenommen hatte – möglicherweise als sie noch südlich von Rule war – und dann nach Oren gekommen war. Entweder war der Junge also Ellie begegnet, und er hatte die Trillerpfeife von ihr, oder jemand anderer hatte sie ihm gegeben. Wie man es auch drehte und wendete, irgendjemand hatte Ellie zu Gesicht gekriegt, vielleicht sogar erst vor sechs Wochen, als Chris mit den Büchern und dieser Sonnenbrille aus Oren zurückgekommen war.
    Und dann Lena. Die wütende, schmollende, empörte Lena stammte aus Oren – und sie hatte versucht, dorthin zurück zu fliehen. Warum? Weil dort andere Leute waren? Gab es auch dort eine Enklave von Überlebenden? Anscheinend schon.
    Das Bild, wie Lena Chris etwas ins Gesicht schleuderte und ihn dann packte, sich ihm in die Arme warf …
    Und Chris: Es ist nicht so, wie du denkst.
    Lena stammte aus Oren. Und sie hatte Brüder, oder? Weshalb also war sie so wütend? Was sollte Chris für sie tun?
    Alex schnappte nach Luft.
    Nein, es ging nicht darum, etwas für sie zu tun .
    Er sollte jemanden für sie finden . Und herbringen.
    So passte es zusammen, überlegte Alex.
    Auf Patrouille gehen hatte mehr als eine Bedeutung. Es gab die normalen Streifengänge innerhalb der Zone, um Bösewichte aller Art fernzuhalten. Aber es gab eben auch die Streifzüge außerhalb von Rule, um Nachschub zu organisieren – was hieß, dass sie mit ziemlicher Sicherheit auf andere Überlebende stießen: auf Plünderer, andere Enklaven und zweifellos viele andere Rules. Als Alex vorgeschlagen hatte, sich zusammenzuschließen, hatte Chris nur abgewinkt und gesagt, davon verstünde sie nichts.
    Aber was, wenn sie etwas anderes nicht verstanden hatte? Nämlich dass die Männer von Rule nicht hehre Lichtgestalten waren – sondern die Armee der Finsternis?
    Nachdem sie diesen Gedanken zugelassen hatte, erkannte sie dessen Logik. Natürlich überfielen die Männer von Rule andere Siedlungen. Man erinnere sich nur daran, was in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina passiert war, und in Bagdad nach dem Truppeneinmarsch, oder damals, wenn man unmittelbar vor einem dieser großen Stürme – etwa einem Blizzard – in ein Lebensmittelgeschäft
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