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Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Titel: Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)
Autoren: Ilsa J. Bick
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dunkle Viereck des Fensters. Einen Moment später nahm der dünne Store mit dem Faltenwurf Konturen an. Dann erkannte Jed die Ledercouch und das lebhaft gelborange flackernde Kaminfeuer. Weiter hinten im Raum entdeckte er Grace, und was hatte sie an … ? Er konzentrierte sich, fasste sie gewissermaßen in sein mentales Fadenkreuz. Ja, Grace trug diesen flauschigen pinkfarbenen Pullover, sie löffelte gerade Kaffee in eine alte Kanne und rechnete dabei wahrscheinlich aus, wie viel Kaffeesatz von jedem Löffel übrig blieb.
    Sie und Zahlen, das war eine vertrackte Sache, genau wie bei ihm mit seinem plötzlichen Adlerblick. Grace war schon immer ein heller Kopf gewesen, die Beste in ihrer Schwesternschule und ein echtes Rechengenie. Schon oft hatte er sich gedacht, wenn sie fünfzehn Jahre später geboren worden wäre, hätte sie Ärztin werden können oder vielleicht sogar eine von diesen großen Raketenwissenschaftlern. Aber nach der Sache mit Michael war sie nicht mehr dieselbe gewesen. Und als die Alzheimerkrankheit begann … na ja, da war das beinahe ein Segen. Doch dann passierte FUBAR und sperrte irgendein verborgenes Hinterstübchen in ihrem Kopf auf, in dem sie sämtliche mathematische Gleichungen und Berechnungen seit dem Anbeginn der Zeit gespeichert hatte.
    Sie hatte den Jungen gerettet. Dank ihrer mehr als vierzigjährigen Erfahrung als Krankenschwester und der angehäuften Intelligenz, die genau im richtigen Moment zurückgekehrt war. Mit dem Jungen heilte sie auch sich selbst, zumindest so weit, wie man ein gebrochenes Herz aus eigener Kraft wieder zusammenflicken konnte. Sie tat so, als wäre der Junge Michael, und der ließ es geschehen, wofür Jed ihn so inbrünstig liebte, dass es ihm schier den Atem verschlug.
    Der Odd Lake lag tief im Nicolet-Nationalpark. Jeds Eisfischerhaus – eigentlich ein umgebauter Wohnwagen auf einem Flachbettauflieger – stand einen knappen Kilometer vom Seeufer entfernt. Wenn man noch ein Stückchen weiter auf den See hinausging und sich links hielt, veränderte sich das Eis, es wurde matschig und gab dann auf einer Länge von etwa zwanzig Metern die blauschwarze Wasseroberfläche frei, ehe sich dahinter wieder die Eisfläche fortsetzte. Der Grund dafür war, dass der See oberhalb eines Ausläufers der Douglas-Verwerfung lag, einer Erdspalte, die sich von Minnesota bis Ashland zog. Das aus dem Erdinnern hervorquellende Wasser war ein paar Grad wärmer als der Rest und sorgte dafür, dass der See nie komplett zufror. Daher der Name Odd Lake – Seltsamer See. Und wenn man sich zu weit auf das dünne Eis hinauswagte, war es ganz schnell um einen geschehen.
    Die Bootshütte, gebaut aus solidem, verwittertem Zedernholz, mit einer Tür nach Norden und einem Schiebefenster nach Westen, stand auf einer schneebedeckten Sandbank. Vor fünfundzwanzig Jahren, als Michael sechzehn war und einen Platz für sich allein haben wollte, hatten sie es gemeinsam ausgebaut, Fenster eingesetzt, wärmeisoliert, danach Trockenbauwände eingezogen und Regale angeschraubt. Auf Wasser und Strom hatten sie verzichtet, es sollte ganz schlicht sein. Michael wollte nicht viel mehr als eine eigene Bude und ein bisschen Ruhe. Drei Jahre später meldete er sich zum Militär, seine Bude hatte er da immer noch, aber Ruhe gab es keine für Angehörige der Marines. Siebzehn Jahre später klopften drei ernst dreinschauende Männer in dunkelblauen Uniformen an ihre Tür, und zwei Wochen darauf kam Michael in einer flaggendekorierten Kiste aus Al-Anbar zurück. Jetzt hatte Michael ganz viel Ruhe.
    Jed mit seinem Adlerauge bemerkte es sofort, als die Tür an der Nordseite geöffnet wurde, allerdings quietschten auch die Türangeln dermaßen, dass man es wohl noch im Norden von Michigan hören konnte. Zuerst sprang ein Golden Retriever heraus. Einen Augenblick später trat der Junge, eine schlaksige schwarze Silhouette vor weißem Schnee, aus der Tür. Wenn Jed seine Gedanken schweifen ließ, konnte er sich beinahe wie Grace zu der Vorstellung hinreißen lassen, dass der Junge tatsächlich Michael war. Doch als der Hund sein Herrchen bemerkte und bellte und der Junge ihm kurz zuwinkte, war dieser bittersüße Moment auch schon vorüber.
    »He, schon zurück? Wie war’s im Baxter’s?«, fragte der Junge, als Jed mit schlurfenden Schritten näherkam.
    Das Baxter’s war ein alter Anglertreff gleich westlich der Grenze zu Michigan, eine Viertagesreise entfernt, in neutralem Gebiet, wo die Leute Tauschhandel
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