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Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)

Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)

Titel: Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
Autoren: Sarwat Chadda
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die Lippen? Diese Frau war ja wohl nicht ganz dicht. Wahrscheinlich hatte sie zu viel von der indischen Sonne abbekommen.
    Jackie führte sie zum Steg, der wenig mehr war, als eine Reihe schlampig zusammengebundener Bretter – noch dazu war das Seil schimmlig. Das einzig Solide waren zwei aus Stein gehauene Elefanten, die in Form von Säulen das äußere Ende begrenzten, wo bereits ein Boot und ein Schiffer auf sie warteten.
    Das Boot sah aus wie einer der Kähne, in denen Ash einmal bei einem Ausflug nach Cambridge gefahren war: Es war ziemlich flach und schwamm dicht am Wasser. Alles in allem nicht sehr krokodilabweisend.
    »Also sicher sieht das nicht aus«, meinte Ash. »Wo sind denn die Rettungswesten?«
    Tante Anita schüttelte tadelnd den Kopf. »Jetzt steig endlich ein.« Sie ging voraus und brachte das kleine Boot bereits mit dem ersten Schritt ins Wanken. »Und haltet die Finger nicht ins Wasser.«
    Der Fährmann stieß den Kahn mit seinem Ruder vom Steg ab und schon glitten sie davon. Ash spähte zu den verstreut geparkten Autos, bis ihre Scheinwerfer nur noch kleine Punkte in der Dunkelheit waren.
    »Guck mal!« Lucky sprang auf und das Boot schaukelte gefährlich.
    »Setz dich!«, fuhr Tante Anita sie an.
    Am anderen Ufer beleuchtete eine Reihe Laternen eine breite Steintreppe. Daneben ragte eine hohe und massige Wand steil wie eine Klippe aus dem Wasser. Entlang der Festungsmauer brannten züngelnde Fackeln, in deren Licht polierter Marmor und die weichen Umrisse eines ovalen Daches glänzten. Die riesigen Mauern waren von Lianen und sonstigen Kletterpflanzen überwuchert und zwischen dem Grün glitzerte das Glas der Fenster wie schwarze Diamanten.
    Onkel Vik hatte ihnen erzählt, dass das Gebäude früher einmal dem Maharadscha von Varanasi gehört hatte, dann aber jahrzehntelang verlassen gewesen und dem Verfall preisgegeben war. Jetzt sollte der gigantische Palast prächtiger denn je werden. Er hatte einen neuen Besitzer und einen neuen Namen.
    Schloss Savage.
    Als sie aufs Ufer zuglitten, ragten hoch über ihnen die von Fackeln beschienenen Zinnen auf. Abgesehen vom Palast selbst, gab es hier weder Häuser noch Leben. Es schien, als hätte Schloss Savage alles andere verschlungen und nur ausgetrocknete Flussbetten und ein paar verkümmerte Bäume zurückgelassen. Nur sehr weit entfernt sah man noch etwas, das wie eine kleine Barackensiedlung aus Zelten und windschiefen Verschlägen aussah. Auf der Straße parkten zahlreiche Lastwagen, außerdem sah Ash einige Bulldozer, die vermutlich zu dem Ausgrabungsprojekt gehörten, das Jackie erwähnt hatte.
    »Ich frage mich, was da draußen ist«, murmelte Vik. Er putzte seine Brille und warf einen kritischen Blick auf das weite Feld. »Was er auch vorhat, er macht keine halben Sachen.«
    Der Kahn hatte inzwischen die breiten Stufen des Anlegers erreicht, die zu einem Tor führten. Als sie hinaufstiegen, entdeckte Ash über dem Durchgang ein großes Steinschild, in das drei bauchige Blumen und zwei gekreuzte Schwerter gemeißelt waren.
    »Was ist das?«, fragte er. »Sollen das Disteln sein?«
    Onkel Vik setzte sich die Brille wieder auf. »Nein, das sind Mohnblumen. Die Familie der Savages hat ihr erstes Vermögen im Opiumkrieg mit China gemacht.«
    »Und der Spruch da?« Ash las die Inschrift unter dem Schild vor: »Ex dolor advebo opulentia?«
    »Durch Leiden entsteht Wohlstand.«
    Wie nett.
    Sie mühten sich einen steilen, feuchten Pfad hinauf und kamen wenig später in einem überfüllten Innenhof an, der für eine Party dekoriert war. In Weiß gekleidete Diener mit goldenen Turbanen und Schärpen trugen Silbertabletts mit Getränken und Häppchen durch eine Wiese aus Farben: Wie bunte Tupfen standen zahlreiche seidene Pavillons auf dem begrasten viereckigen Hof.
    An die hundert Gäste waren anwesend und schon bald tummelten sich Ashs Onkel und Tante mitten unter ihnen. Lucky hatte eine Gruppe kleinerer Kinder entdeckt und war losgerannt, um mit ihnen zu spielen.
    Ash dagegen beschloss, sich auf Entdeckungstour zu begeben.
    Von einem der vielen versteckten Balkone drang klassische indische Musik, deren verträumte Klänge perfekt hierher passten. In allen Ecken des Innenhofs standen Marmorstatuen und mächtige Fresken von Helden und Monstern zierten die Wände. Ash erkannte Szenen aus der indischen Mythologie. Auf einer Mauer war ein Kampf abgebildet, der aus dem Nationalepos Ramayana stammte – die vermutlich bekannteste Legende Indiens und obendrein
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