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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Autoren: Bernard Cornwell
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nicht für sich selbst kämpfen konnten. Das war seine Überzeugung, und all die vielen Jahre hatte er für das Kind Mordred gekämpft. Und jetzt, da er endlich für sich selbst kämpfte, hatte er all das verloren, was ihm am teuersten war. Ich überbrachte ihm Lancelots Antwort. Er nickte schweigend und winkte mich dann wieder davon.
    Später an jenem Vormittag schickte Guinevere Gwydre zu mir, um mich zu sich zu bitten. Der Knabe erkletterte die Wälle, auf denen ich mit meinen Männern stand, und zupfte mich am Mantel. »Onkel Derfel?« Mit mattem Lächeln blickte er zu mir empor. »Mutter möchte Euch sprechen.« Er sagte es ängstlich, mit Tränen in den Augen.
    Ich warf einen Blick zu Arthur hinüber, aber der interessierte sich nicht für uns. Also stieg ich die Treppe hinab und ging mit Gwydre zur Hütte des Speerkämpfers. Es muß Guineveres verletzten Stolz bis ins Mark getroffen haben, daß sie mich zu sich bitten mußte; aber sie wollte Arthur eine Nachricht zukommen lassen und wußte, daß ihm niemand auf Caer Cadarn so nahestand wie ich. Als ich durch die Tür in die Hütte schlüpfte, erwartete sie mich stehend. Ich verneigte mich vor ihr. Dann wartete ich, während sie Gwydre anwies, zu seinem Vater zu laufen und sich mit ihm zu unterhalten. Die Hütte war gerade eben hoch genug, daß Guinevere aufrecht stehen konnte. Ihr Gesicht war abgehärmt, fast eingefallen, doch irgendwie verlieh ihr die Traurigkeit eine durchscheinende Schönheit, die ihre gewohnte stolze Miene nie zugelassen hatte. »Nimue sagt mir, daß Ihr mit Lancelot gesprochen habt«, begann sie so leise, daß ich mich vorbeugen mußte, um sie zu verstehen.
    »Ja, Lady. Das ist richtig.«
    Ihre rechte Hand spielte unbewußt mit den Falten ihres Gewandes. »Hat er Euch eine Nachricht mitgegeben?«
    »Nein, Lady.«
    Mit ihren großen, grünen Augen starrte sie mich an. »Bitte, Derfel«, sagte sie leise.
    »Ich habe ihn aufgefordert, etwas zu sagen, Lady. Er hat geschwiegen.«
    Sie sank auf eine primitive Bank. Eine Zeitlang schwieg sie, während ich beobachtete, wie sich eine Spinne aus dem Dachstroh herabließ und ihren Faden immer weiter auf ihre Haare herunterspann. Wie gebannt war ich von dem Insekt und fragte mich, ob ich es wegwischen oder in Ruhe lassen sollte.
    »Was habt Ihr zu ihm gesagt?« wollte sie wissen.
    »Ich erbot mich, mit ihm zu kämpfen, Lady, Mann gegen Mann, Hywelbane gegen die Christusklinge. Und dann versprach ich ihm, seinen nackten Leichnam durch ganz Dumnonia zu schleppen.«
    Heftig schüttelte sie den Kopf. »Kämpfen!« sagte sie zornig,
    »das ist alles, was ihr Rohlinge tun könnt!« Ein paar Sekunden lang schloß sie die Augen. »Es tut mir leid, Lord Derfel«, sagte sie dann kleinlaut. »Ich dürfte Euch nicht beleidigen, solange ich Euch brauche, um Lord Arthur eine Bitte vorzutragen.« Als sie zu mir aufblickte, erkannte ich, daß sie nicht weniger gebrochen war als Arthur. »Werdet Ihr das für mich tun?«
    fragte sie mich.
    »Welche Bitte, Lady?«
    »Bittet ihn, mich gehen zu lassen, Derfel. Sagt ihm, ich werde übers Meer fahren. Sagt ihm, er kann unseren Sohn behalten, und daß es wirklich unser Sohn ist und daß ich fortgehen werde und daß er nie wieder etwas von mir sehen und hören wird.«
    »Ich werde ihn fragen, Lady«, gab ich zurück.
    Sie hörte den Zweifel aus meiner Stimme heraus und sah mich traurig an. Die Spinne war in ihren dichten, roten Haaren verschwunden. »Meint Ihr, er wird es mir verweigern?« fragte sie mich mit ganz kleiner, ängstlicher Stimme.
    »Lady«, antwortete ich, »er liebt Euch. Er liebt Euch so sehr, daß ich glaube, er wird Euch niemals gehen lassen.«
    Eine Träne trat ihr ins Auge und rollte ihre Wange hinab.
    »Aber was wird er dann mit mir machen?« fragte sie. Ich antwortete nicht. »Was wird er mit mir machen, Derfel?«
    fragte mich Guinevere plötzlich wieder mit ihrer alten Energie.
    »Sagt es mir!«
    »Er wird Euch irgendwo hinbringen, wo Ihr in Sicherheit seid, Lady«, antwortete ich bedächtig, »und Euch dort unter Bewachung festhalten.« Und tagtäglich, dachte ich, wird er an sie denken, jede Nacht wird er ihr Bild im Traum sehen, und an jedem Morgen wird er sich im Bett umdrehen und entdecken, daß sie verschwunden ist. »Ihr werdet gut behandelt werden, Lady«, versicherte ich ihr freundlich.
    »Nein!« weinte sie. Sie hätte den Tod erwarten können, doch die Aussicht auf endlose Gefangenschaft schien für sie noch schlimmer zu sein. »Bittet ihn,
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