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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Autoren: Bernard Cornwell
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mich gehen zu lassen, Derfel. Sagt ihm einfach, er soll mich gehen lassen!«
    »Ich werde ihn fragen«, versprach ich ihr, »aber ich glaube kaum, daß er es tun wird. Ich glaube, daß er es gar nicht tun kann .«
    Jetzt weinte sie richtig, das Gesicht in den Händen verborgen, und obwohl ich dastand und wartete, sagte sie nichts mehr. Also entfernte ich mich aus der Hütte. Gwydre hatte die Gesellschaft seines Vaters zu bedrückend gefunden und wollte zu seiner Mutter zurückkehren; aber ich nahm ihn mit mir und ließ ihn dabei helfen, Excalibur zu reinigen und zu schleifen. Der arme Gwydre war verängstigt, denn er begriff nicht, was geschehen war, und weder Guinevere noch Arthur konnten es ihm erklären. »Deine Mutter ist sehr krank«, erzählte ich ihm, »und du weißt ja, daß Kranke manchmal allein sein müssen.« Dabei lächelte ich ihn an. »Vielleicht darfst du mit mir kommen und bei Morwenna und Seren leben.«
    »Darf ich?«
    »Ich glaube, deine Eltern werden es gestatten«, sagte ich,
    »und ich fände es wirklich schön. Aufgepaßt, das Schwert nicht so scheuern! Du mußt es schleifen. Mit langen, gleichmäßigen Strichen. So!«
    Gegen Mittag ging ich zum Westtor hinüber und hielt nach Lancelots Boten Ausschau. Aber er kam nicht. Lancelots Heer zerstreute sich wie Sand, der vom Regen von einem Stein gewaschen wird. Einige gingen nach Süden, und mit ihnen ritt Lancelot, dessen Schwanenschwingen auf dem Helm hell und weiß leuchteten, als er davonritt; aber die meisten Männer kamen auf die Wiese am Fuß des Caer, legten dort ihre Speere, Schilde und Schwerter nieder und knieten im Gras, um auf Arthurs Gnade zu warten.
    »Ihr habt gesiegt, Lord«, sagte ich.
    »Ja, Derfel«, antwortete er im Sitzen, »das sieht so aus.« Sein neuer Bart, so seltsam grau, machte ihn älter. Nicht schwächer, aber älter und härter. Er stand ihm gut. Über seinem Kopf ließ
    ein Windstoß das Bärenbanner flattern.
    Ich setzte mich zu ihm. »Prinzessin Guinevere«, begann ich, während ich beobachtete, wie das feindliche Heer weiter unten die Waffen niederlegte und im Gras kniete, »hat mich gebeten, Euch eine Bitte vorzutragen.« Er antwortete nicht. Er sah mich nicht einmal an. »Sie möchte …«
    »… weggehen«, fiel er mir ins Wort.
    »Ja, Lord.«
    »Mit ihrem Seeadler«, sagte er verbittert.
    »Das hat sie nicht gesagt, Lord.«
    »Wohin sonst sollte sie gehen?« fragte er und richtete seinen eiskalten Blick auf mich. »Hat er nach ihr gefragt?«
    »Nein, Lord. Er hat kein Wort gesagt.«
    Darüber lachte Arthur, aber es war ein grausames Lachen.
    »Arme Guinevere«, sagte er, »arme, arme Guinevere. Er liebt sie nicht, stimmt’s? Sie war nur ein schönes Spielzeug für ihn, ein weiterer Spiegel, in dem er die eigene Schönheit bewundern konnte. Das muß sie treffen, Derfel, das muß sie sehr tief treffen.«
    »Sie bittet Euch, sie freizulassen«, wiederholte ich, wie ich es versprochen hatte. »Sie wird Euch Gwydre überlassen, sie wird weit fortgehen …«
    »Sie kann keine Bedingungen stellen«, warf Arthur zornig ein. »Keine einzige!«
    »Nein, Lord«, sagte ich leise. Ich hatte mein Bestes für sie getan – ohne Erfolg.
    »Sie wird in Dumnonia bleiben«, bestimmte Arthur.
    »Ja, Lord.«
    »Und Ihr werdet ebenfalls hierbleiben«, befahl er mir barsch.
    »Mordred mag Euch von seinem Eid befreien, ich aber werde das nicht tun. Ihr seid mein Mann, Derfel, Ihr seid mein Berater, und Ihr werdet hier bei mir bleiben. Von heute an seid Ihr mein Champion.«
    Ich wandte mich dorthin, wo das frisch gereinigte und geschliffene Schwert auf dem Krönungsstein lag. »Bin ich immer noch der Champion eines Königs, Lord?« fragte ich ihn.
    »Wir haben schon einen König«, gab er zurück, »und diesen Eid werde ich nicht brechen. Aber ich werde dieses Land regieren. Kein anderer, Derfel, nur ich allein.«
    Ich dachte an die Brücke bei Fontes, wo wir den Fluß
    überquert hatten, bevor wir gegen Aelle kämpften. »Wenn Ihr nicht König sein wollt, Lord«, sagte ich, »solltet Ihr unser Kaiser sein. Unser Lord der Könige.«
    Er lächelte. Es war das erste Lächeln, das ich auf seinem Gesicht sah, seit Nimue im Seepalast den schwarzen Vorhang zur Seite gerissen hatte. Es war ein schwaches Lächeln, aber es war ein Lächeln. Und meinen Titel wies er auch nicht zurück. Kaiser Arthur, Lord der Könige.
    Lancelot war fort, und das, was sein Heer gewesen war, kniete angstzitternd vor uns im Gras. Ihre Feldzeichen waren gefallen,
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