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Arschloch!

Arschloch!

Titel: Arschloch!
Autoren: Mauricio Borinski
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vorne gibt es bloß das metallene Innere der wäscheschonenden Trommel. Als sie ein paar Zentimeter vor der Öffnung steht, schubse ich sie hinein und schließe die Luke. Ich kippe Waschmittel in die Maschine, wähle das Waschprogramm 95°C Kochwäsche, stelle das Stativ auf und richte die Kamera so aus, dass sie die Luke voll im Bild hat. Während die Maschine anheizt und meine Kamera alles sorgfältig aufnimmt, setze ich mich auf einen meiner Stühle und beobachte das Geschehen. Susan fiept wie am Spieß. Aber hier gibt‘s kein Entrinnen. Ganz egal wie du schreist! Sie fiept weiter und dabei dreht sich die Trommel noch gar nicht. Sie füllt sich bloß mit Wasser. Ganz langsam und das Fiepen hört erst irgendwann während des ersten Waschgangs auf, als die ersten weißen Luftblasen zu sehen sind. Susan rutscht dann nur noch hin und her und ich schalte das Programm vor, auf Schleudern mit 1400 Umdrehungen in der Minute.
    Nach dem dritten Schleudergang öffne ich die Luke und hole Susan heraus. Sie ist warm und riecht wunderbar nach Ariel. Aber ein Schuss Weichspüler wäre auch nicht schlecht gewesen. Ich lege sie in eine Schüssel und schütte Cola hinein. Richtig viel. Dann stelle ich die Kamera auf das Stativ und nehme auf, wie sich Susan in der Phosphorsäure auflöst.
    Da es nicht so schnell geht wie in den Horrorfilmen, setze ich mich drüben im Wohnzimmer auf mein schwarzes Ledersofa, schalte den Fernseher ein, schaue mir eine Reportage über Seemöwen an und schnappe mir einen Stift und ein Blatt Papier. Jetzt geht es mit dem Brainstorming für meine Party los. Es soll ein reichhaltiges Buffet geben, einen roten Teppich, Spezialdeko, Cocktails, Bier und weitere Alkoholika. Nachdem ich alle Punkte notiert habe, setze ich mich an meinen Laptop, bestelle mir im Internet Palmen und logge mich gleich danach in meiner Community ein.
    Um drei Uhr nachts, nachdem ich stundenlang unter falscher Identität mit fremden Menschen aus aller Welt gechattet und mir hunderte von Videoclips angesehen habe, hat sich die Phosphorsäure immer noch nicht über Susan Stahnke hergemacht.
    Also beschließe ich, das Experiment abzubrechen. Es langweilt mich. Die Cola landet im Ausguss, Susan neben alten Pizza-resten im Biomüll und die Kameraaufnahme auf meiner externen Festplatte mit USB-Anschluss. Ich mache mich bettfertig und starte eine Pornoszene, in der es eine Frau, die irgendetwas von Sonya Kraus hat, auf irgendeiner Landstraße mit zwölf Typen treibt, die den Hells Angels ähnlich sehen. Als die Cumshot-Session beginnt, öffne ich den Sicherheitsverschluss der Tupperdose und nehme den Deckel ab. Wenn die voll ist, dann habe ich genau soviel, wie ich für mein Zaziki benötige und um diesen Punkt der angefertigten to-do Liste so schnell wie möglich abzuhaken, wichse ich mir gleich noch einen.
    10.01.2005
    Nachdem ich meinen Schreibtisch aus jedem erdenklichen Winkel gefilmt habe, mache ich einen Schwenk über die Tastatur am Flachbildmonitor entlang zum Aktenvernichter, durch den ich noch eine Kundenanfrage jage, um mehr Authentizität von meiner Arbeit zu vermitteln.
    Anschließend zoome ich auf Thomas, der seine Tasche packt.
    „Hey Thomas!“
    „Was ist?“
    „Komm‘ stell‘ mal das Callcenter vor und ich filme dich dabei!“
    „Wieso?“
    „Ich will einen Film für meine Freundin machen. Damit sie weiß, wie ich arbeite!“, sage ich, obwohl ich keine Freundin habe, aber das muss ja keiner wissen.
    „Hab‘ kein Bock drauf. Außerdem habe ich jetzt Feierabend.“
    „Dann eben nicht!“, sage ich und filme wieder meinen Arbeitsplatz. Ich halte die Kamera auf Kopfhöhe und mache über den Trenn-wänden einen Schwenk durch das mit Neonlicht durchflutete Großraumbüro. Ich filme, wie Thomas das Callcenter verlässt. Die Eingangstür schwingt wunderbar vor und zurück und als sie stillsteht ist das Firmenlogo voll im Bild und dank des digitalen Bildstabilisators wackelt es auch kaum. Nach zehn Sekunden beginne ich mit meinem Weg durch das Großraumbüro. Bis zu Danielas Arbeitsplatz filme ich aus der Hundeperspektive - Deutsche Dogge, nicht Rauhaardackel - entlang an den Trenn-wänden. Das schwenkbare Kameradisplay nach oben gedreht, um das Bild stets kontrollieren zu können, was alles andere als leicht ist, denn der Weg gleicht mit all seinen Schikanen, den Yucca-Palmen, Drehstühlen und Tischbeinen einem anspruchsvollem Hindernisparcour. Trotz ruhiger Hand bin ich mir sicher, dass ich diese Kamerafahrt nicht
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