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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg
Autoren: Martin Mucha
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entlocken, dann war sie sanft entschlummert. Die Ampel schaltete auf Grün und ich fuhr weiter. Ganz konnte ich dem Spaß nicht entsagen, und so ließ ich den Motor erst richtig kommen und anschließend sachte die Kupplung schleifen. Die Reifen bissen und 400 Pferde katapultierten uns die Felberstraße hinunter, der Wagen lag perfekt, wie auf Schienen ging es dahin, kein unkontrolliertes Schlenkern, kein Korrekturlenken war nötig. Auch beim Schalten in den Zweiten verhielt sich das Auto so sanft wie ein Kätzchen, perfekt ausbalanciert verteilte sich der Druck auf beide Achsen, es war herrlich.
    Noch ein wenig wollte ich den Spaß auskosten, mit quietschenden Reifen unter der Westbahn hindurch, danach mit ordentlich Gas die Schlossallee runter nach Schönbrunn. Was für einen Rausch ein solch seelenloses Ding wie ein Verbrennungsmotor doch erzeugen kann. Langsam gewann ich wieder die Herrschaft über mich und ließ den Benz sanft an einem der Parks ausrollen. Ich beugte mich zu meiner Kopilotin hinüber und wollte sie sanft wecken, aber da war nichts zu machen. So gönnte ich mir einen kurzen Augenblick lang den Genuss des Anblicks ihrer nackten, weißen Schenkel, bevor ich ihr den Rock wieder über das Knie hinunterzog.
    Wenn sie mir schon nicht sagen konnte, wo sie hinwollte, dann vielleicht ihre Handtasche. Ich holte mir die kleine Tasche, tatsächlich D&G, und öffnete den Druckknopf. Die Brieftasche lag zuoberst, aber mich interessierte sofort etwas anderes. Waffenöl und Pulvergeruch kamen aus der Tasche, wo doch irgendein wie auch immer benannter ›Fragrance‹-Duft hätte vorherrschen sollen. Ich nahm die Brieftasche weg, und tatsächlich kam darunter ein seidenes Tuch zum Vorschein, das nur ungenügend die Form eines kleinen, gedrungenen Revolvers verdeckte. Ich legte die Brieftasche auf das Armaturenbrett und nahm den Revolver vorsichtig mit dem Taschentuch heraus. Was für eine Verschwendung, dachte ich, das eigelb gefärbte Seidentuch war fleckig vom Öl. Der Revolver selbst war alt und schwarz. Etliche Schrammen im Metall sowie im Holzgriff verrieten häufigen Gebrauch. Außerdem war er kurzläufig und die Kammer noch mit allen sechs Schuss gefüllt. Ich schnupperte. Kein Zweifel, aus der Waffe war vor Kurzem ein Schuss abgefeuert worden. Behutsam legte ich die Knarre zurück in die Tasche und nahm die Hände meiner Gastgeberin genau in Augenschein. Sie waren schlank und wohlgeformt, ein schmaler Weißgoldring an der linken Hand war der einzige Schmuck, und auch Pulverrückstände konnte ich weder sehen noch riechen. So viel CSI hatte ich gesehen, um mich soweit auszukennen.
    Ein wahnwitziger Plan formte sich hinter meiner Stirn. Ich schaltete das Radio ein, schloss meinen iPod an das von Mercedes entworfene iPod-Dock an und ließ mir von Lester Young ›That’s All‹ in der wunderbaren Version von ›A Night out with Verve‹ blasen. Bei seinem zweiten Einsatz, der ganz sachte rauchig das kleinere Thema des ersten Solos abwandelt, war ich mir sicher, was zu tun wäre, schließlich hatte ich genug Chandler und Hammett gelesen. Wo so viel Geld herkam, dass das Fräulein Tochter Gucci trägt und Benz fährt, könnte auch für mich was drin sein.
    Ich öffnete die Brieftasche und sah die Karten durch. Schließlich wurde ich fündig. Sabine Meyerhöffer, Untere Schreibergasse 6, irgendwo oben in Grinzing. Ich steckte mir eine der Karten ein, Lester jubilierte gerade über dem verrückten Rhythmus von ›In a little spanish town‹, und fuhr dann weiter. ›Highway to Hell‹ hätte zwar besser gepasst, aber das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
    Einen Moment lang machte ich mir Sorgen, wie denn die genaue Adresse zu finden wäre, da mein Fahrgast nicht imstande gewesen wäre, mir zu helfen. Aber auch daran hatte Mercedes – oder war es der findige Herr Papa gewesen? – gedacht, und ein GPS-Gerät eingebaut. Die Bedienung war kinderleicht und schon führte mich der elektronische Lotse mit der Stimme von Brad Pitt hinaus in die schöne Gegend.
    Die Straßen waren nur wenig befahren, das GPS arbeitete gut, Lester blies wie gewohnt stilsicher und souverän, das Auto zu fahren war wie Schokolade essen und auf dem Beifahrersitz saß eine Schönheit. Aber irgendwie wurde ich dabei nicht richtig glücklich. Lag es am Dope in meiner Tasche, daran, dass das Mädchen möglicherweise eine Tatverdächtige war, die eine Mordwaffe in ihrer Handtasche verstaut hatte, oder dass ich vorhatte, die Arbeit der
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