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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock
Autoren: George R.R. Martin
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hatte sie ihnen letzte Nacht vorspielen wollen, aber dann hatte eins zum anderen geführt, und er war nicht dazu gekommen.
    Das Foto auf der Plattenhülle war auf der städtischen Müllhalde von Philadelphia aufgenommen. Sie standen da, umgeben von herrenlosen Kühlschränken, alten Reifen, kaputten Fernsehern und Sofas, bei denen die Polsterung herausquoll. Sie waren jetzt zu sechst; die ursprünglichen drei, Larry Richmond an der Rhythmusgitarre, ein verdammt guter Keyboarder und ihr brandneuer Leadsänger, ein gertenschlanker junger Schwarzer, dessen Stimme fast so aufregend war wie die von Hobbins früher. The Nazgûl stand auf der Hülle, Back From The Junkyard!
    Alles neue Songs, für die vergrößerte Gruppe umgeschrieben und neu arrangiert. Sandy hielt sie in seinen Händen, fragte sich, wie sie klingen, wie sie sich verkaufen würden. Es gab keine Garantien. Aber die gab es nie.
    Er trug das Album zum Plattenspieler zurück, schlitzte die Plastikschutzhülle mit dem Daumennagel auf und legte die Scheibe sorgfältig auf den Plattenteller. Sie wachten zu dem Song vom »Thursday’s Child« auf, das einen weiten Weg vor sich hat.
     

Nachwort
     
     
    »The whole world is watching, the whole world is watching!« Als ich das las, fiel mir der alte Song »Prologue August 29. 1968/Someday« der Gruppe Chicago Transit Authority – dieser Name! das konnte doch kein Zufall sein – wieder ein, der mit diesem Sprechchor, original und live, beginnt. 1968 war das gewesen; beim Parteitag der Demokraten in Chicago prügelten 25.000 Polizisten auf 12.000 unbewaffnete und wehrlose Demonstranten ein, die nur gekommen waren, um Senator Eugene McCarthy, »ihren« Friedenskandidaten, gegen Hubert Humphrey, seinen Mitbewerber bei der Nominierung für die Präsidentenwahl, zu unterstützen. Es gab einen Toten und Hunderte von Verletzten, und als die Nachricht von dem Gemetzel samt den ersten Bildern in den völlig abgeschirmten Versammlungssaal der Demokraten durchsickerte, sprach der Senator von Connecticut, Abraham Ribicoff, mitten in seiner Nominierungsrede fassungslos von »Gestapo-Taktiken in den Straßen von Chicago«.
    Die Bilder von der Prügelorgie gingen um die Welt, aber ich kann mich nicht daran erinnern; damals hatte ich gerade die Tanzstunde hinter mir und war bis in die Haarwurzeln verliebt. Was kümmerte mich eine Schlägerei in Chicago?
    Sicher, auch bei uns in der BRD war einiges los; die APO, die außerparlamentarische Opposition, lüftete den tausendjährigen »Muff unter den Talaren«, es gab die »Enteignet Springer!«-Demonstrationen, bei denen es auch nicht gerade sanft zuging, Rudi Dutschke hielt aufrührerische Reden, und Fritz Teufel und Rainer Langhans wollten in der Kommune unser aller Sexualleben revolutionieren. Das »Establishment« sah sich plötzlich mit einer ganzen Generation schmuddelig gekleideter, bartstoppeliger Revoluzzer konfrontiert. Und die schweigende Mehrheit aus der älteren (oder Eltern-) Generation wird in ihrem Fernsehsessel voller Genugtuung mit angesehen haben, wie »die Langhaarigen« in Chicago endlich mal richtig eins auf die Mütze bekamen.
    Ich war gegen Gewalt. Sowohl als auch und sowieso. Ich war für Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Love and Peace. Ich ließ mir die Haare wachsen und zog in eine Wohngemeinschaft.
    Natürlich wußte ich über Vietnam Bescheid, dieses kleine und – wie Deutschland – geteilte Land in Südostasien. Im Norden waren die Kommunisten und im Süden die anderen, und im Süden herrschte Aufruhr. Deshalb hatten die Amerikaner dort erst zigtausend »Berater« und dann 500.000 Soldaten stationiert. Aber was hatten sie da zu suchen? Ich fand, sie sollten machen, daß sie nach Hause kamen. Meine Freiheit verteidigten sie dort gewiß nicht.
    Vietnam: Das war das magische Wort, das Thema, bei dem wir alle einer Meinung waren, die Freaks, Hippies, Spontis, die Kommunisten, die linken Studenten – alle. In den USA war es genauso. Zusammen mit der schwarzen Bürgerrechtsbewegung war der Krieg in Südostasien das große Thema, unter dem sich das »Movement«, die Protestbewegung, zusammenfand. Dazu gehörten die freundlichen Hippies und die militanteren Yippies, die von Jerry Rubin (»Do it!«) und Abbie Hoffmann (»Steal this book«; deutsches Pendant »Klau mich« von Rainer Langhans und Fritz Teufel) repräsentiert wurden, die Schwarzen, die von dem Prediger Martin Luther King und den »Black Panthers« angeführt wurden, die
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