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Armageddon 1 - Das Musical

Armageddon 1 - Das Musical

Titel: Armageddon 1 - Das Musical
Autoren: Robert Rankin
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unter den Wohlhabenden und Mächtigen dieser Erde, baufällige alte
    Häuser zu kaufen und restaurieren zu lassen. Mittelalterliche Fachwerk-
    scheunen, Hopfenkarren, flügel ahme Windmühlen, all das galt als tod-
    schick. Und man war nicht wirklich irgendwer, wenn man nicht mindes-
    tens eine wesleyanische Kapel e besaß, mit allem zugehörigem und intak-
    tem Krimskrams, mühsam in eine Designerwohnung umgewandelt,
    komplett mit mehreren Badezimmern, Einbauküche und Solarium.
    Nur wenige besaßen genügend Voraussicht, um über das nachzuden-
    ken, was das zwanzigste Jahrhundert selbst als stilvolles Besitztum anzu-
    bieten hatte. Genaugenommen dauerte es bis weit in die Neunziger hin-
    ein, bevor das Potential aufgegebener Relikte jener Epoche – wie bei-
    spielsweise Supermärkte, Habitat-Lager, Schnelle Brüter und Legebatte-
    rien – vol ausgeschöpft wurde. Im Jahr 2050 jedoch gab es kaum noch
    ein über der Erde stehendes Gebäude, das nicht in Besitz genommen
    und umgebaut worden wäre.

    Rex Mundi bewohnte ein Appartement oben in der nordwestlichen Ecke
    von Odeon Towers. Das Gebäude stammte aus der Prä-NHE-Ära und
    war vor langer, langer Zeit ein Kino gewesen. Rex teilte sein Apparte-
    ment mit einem beträchtlichen Stück falschen Rokoko-Deckenstucks
    und einem gewaltigen vergoldeten Engel. Diese grinsende Monstrosität
    hatte einst ihr Lächeln den Köpfen mehrerer Generationen von Kinobe-
    suchern zuteil werden lassen. Heute starrte sie mit dem gleichen Froh-
    sinn im Gesicht, wenngleich einer doch stark verkürzten Sehweite, auf
    das zerfledderte Stück Sackleinen, das Rex Mundi als Teppich diente. Es
    war ein vergleichsweise kleiner Preis, den er für das Wohnen auf der
    Oberfläche zu zahlen hatte. Sechs Etagen tiefer teilte Mrs. Maycroft ihre
    Räumlichkeiten mit mehreren Reihen von Kinostühlen, und auch die
    junge Frau, die im einstigen Tabakkiosk lebte, hatte sich noch nie be-
    schwert. Was das alte Ehepaar betraf, dem die Herrentoilette als Quartier
    zugewiesen worden war, daran wol te Rex Mundi lieber erst gar nicht
    denken.
    An diesem besonderen Morgen saß Rex in seinem selbstgebauten
    Lehnsessel und starrte auf die flackernde Bildröhre. Es war die klassische
    Haltung des Aktiven Zuschauers™. Entspannt und doch aufmerksam,
    den rechten Daumen um die und den Zeigefingerstumpen auf der Fern-
    bedienung, der Gesichtsausdruck wach, die Augen weit geöffnet.
    Doch damit endeten auch schon sämtliche Ähnlichkeiten. Rex Mundi
    schlief nämlich tief und fest.
    Sein alter Onkel Tony hatte Rex diese Technik beigebracht, als er noch
    ein kleiner lepröser Junge gewesen war, und es bestand nicht der gerings-
    te Zweifel, daß sie sich blendend auszahlte. Rex hatte sich bereits genü-
    gend Umquartierungs-Kredits verdient, um an der Oberfläche zu woh-
    nen, und er besaß sogar einen Überschuß an Nahrung und Medico-
    Rationen. Seine Freigebigkeit mit diesen machte ihn über al e Maßen
    populär und zu einem angesehenen Bürger. Doch was Rex am meisten
    an dieser Technik schätzte, war die Tatsache, daß sie ihm reichlich Zeit
    ließ, seinen eigenen persönlichen Studien nachzugehen.
    Diese Studien kreisten um ein Buch, das sein Onkel Tony ihm hinter-
    lassen hatte, ein eigenartiger Band mit dem Titel Das Sub-Urbane Buch der Toten. Onkel Tony hatte Rex den zerbröckelnden Wälzer mit den einfachen Worten ›Wissen ist Macht‹ in die Hände gedrückt.
    Kurze Zeit später hatte Onkel Tony sich spontan selbst entzündet,
    während er vor dem Fernseher gesessen und seine Lieblings-Gameshow
    gesehen hatte. »So möchte ich auch gerne eines Tages von hier gehen«,
    hatte Tantchen Norma dazu gesagt.
    Rex machte sich daran, die inneren Mysterien des alten Schinkens zu
    entwirren. Es war keine leichte Angelegenheit. Die Sprache war besten-
    fal s archaisch, das Buch irgendwann in der Mitte des vorigen Jahrhun-
    derts geschrieben, und vieles von seinem Inhalt stel te für Rex ein abso-
    lutes Rätsel dar. Und doch spürte Rex, daß er es dem alten Knaben ir-
    gendwie schuldete. Schließlich hatte er Rex eine unglaublich effiziente
    Methode vermittelt, das System zu schlagen, und außer diesem Buch
    hatte er seiner Nachwelt nichts weiter vermacht als ein paar rauchende
    Stiefel und eine verschmorte Fernbedienung.
    Was Rex’ Wohnung anbetraf, so gab es nicht viel, das für sie gespro-
    chen hätte. Sie befand sich über der Erde und war den größten Teil des
    Jahres trocken, und das reichte für seine
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