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Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Titel: Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
Autoren: Peter F. Hamilton
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der Ly-Cilph benötigt zehn Stunden, um die unsichtbare Wolke aus Ionen zu durchqueren, die außerhalb der Fluxlinien lauern. In diesem Zeitraum reicht die Energie, welche die Atmosphäre überflutet, mehr als aus, um das empfindliche Gleichgewicht der langsamen Konvektionsströme zu zerstören.
    Die Sintflut steht am Ende der einzigen Paarungszeit, die es auf der Welt der Ly-Cilph gibt. Die Ly-Cilph und ihre nicht-intelligenten Vettern haben ihre Eier produziert und sie in die Seebetten gelegt. Pflanzen haben geblüht und ihre Samen über das Land verstreut. Jetzt gibt es nichts mehr außer dem Warten auf den Tod.
    Sobald die ersten gewaltigen azurfarbenen Lichtblitze über den Himmel zucken, beenden die Ly-Cilph ihre Naturbeobachtung und ihre Debatten und machen sich daran, all ihr Wissen in die leeren Zellen der Knollen zu pflanzen, die inzwischen wie Warzen aus der Haut unterhalb der Tentakelbasis gewachsen sind.
    Das Heulen der Stürme kündet von den Qualen des Planeten. Die Böen sind stark genug, um die meterdicken Stämme der Farnbäume zu zerbrechen wie Strohhalme. Wenn der erste fällt, beginnt ein Dominoeffekt der sich durch den gesamten Wald fortsetzt. Zerstörung breitet sich in großen Ringen aus, die von oben betrachtet an die Druckwellen gewaltiger Bombenexplosionen erinnern.
    Wolken werden zu kleinen Baumwollflöckchen zerrissen, die wie verrückt im Griff kleiner, irrwitziger Wirbelwinde davonrasen. Mikrotaifune rasen hin und her und beschleunigen die Vernichtung des Dschungels noch.
    Und die ganze Zeit über bleiben die Ly-Cilph standhaft. Ihr Schneckensaum verankert sie fest am Boden, während sich die Luft ringsum immer stärker mit zerfetzten Blättern und abgerissenem Astwerk füllt. Die Knollen, inzwischen gesättigt mit dem kostbaren Vermächtnis, fallen wie reife Früchte von ihnen ab. Sie liegen für drei weitere Jahre gut versteckt zwischen Gras und Wurzeln und den verwesenden Überresten der Vegetation.
    Auf der Nahen Seite toben gewaltige Gewitter. Hoch über den zerfledderten Wolken bildet die Aurora borealis einen riesigen Perlmuttschleier quer über den Himmel, überzogen von Tausenden von langen, gespenstischen Funken, die aussehen wie Milliarden Sternschnuppen. Dahinter gleiten die drei unteren Monde in ihre Konjunktion und baden in einer schaurigen, Milliarden Ampere starken Phosphoreszenz: Das Epizentrum eines planetenverschlingenden Zyklons, der in der Atmosphäre des Super-Gasriesen tobt.
    Der Partikelstrom hat den Zenit erreicht. Der Energieregen aus dem Fluxkanal durchdringt die gequälte untere Atmosphäre der Welt der Ly-Cilph, die ihn bereitwillig willkommen heißen. Ihr Bewußtsein verzehrt die Energie und benutzt sie, um eine weitere Metamorphose einzugehen. Die Knollen brachten ihnen das Bewußtsein, und die überschüssige Energie des Super-Gasriesen bringt ihnen nun die Transzendenz. Sie lassen die Puppenhülle des Fleisches hinter sich und schießen mit Lichtgeschwindigkeit den Partikelstrahl hinauf, um frei im Raum und bis in die Ewigkeit zu leben.
    Die freien Bewußtseine schwärmen noch mehrere Tage lang über ihrer verlassenen Welt aus, beobachten, wie die Stürme wieder nachlassen, wie sich die Wolkendecke aufs neue schließt, wie die alten Luftströmungen auf ihre gewohnten Bahnen zurückkehren.
    Die Ly-Cilph haben zwar das Stadium der Körperlosigkeit erreicht, doch ihre Weltsicht, gewachsen in der früheren, materiellen Existenz, bleibt unverändert. Wie schon zuvor, so sehen sie auch jetzt den Sinn ihres Lebens im Lernen und in der Erfahrung, um vielleicht eines Tages zu einem endgültigen Verständnis zu gelangen. Der einzige Unterschied ist der, daß sie nun nicht mehr auf eine einzige Welt und einen seltenen Ausblick auf die Sterne beschränkt sind; jetzt liegt das gesamte Universum vor ihnen ausgebreitet, und sie wollen alles sehen.
    Nach und nach treiben sie von dem Planeten ihrer Geburt weg, vorsichtig zu Beginn, dann mit größerem Mut, während sie sich zerstreuen wie eine Schar flüchtiger Geister. Eines Tages werden sie an diesen Ort zurückkehren, sämtliche Generationen von Ly-Cilph, die jemals gelebt haben. Doch das wird nicht geschehen, solange der Primärstern noch brennt. Die Ly-Cilph reisen weiter und weiter, bis sie an die Grenzen des Universums stoßen. Sie reisen, bis es sich wieder zusammenzuziehen beginnt, um dann den galaktischen Superclustern zu folgen, die zurückstürzen in die wiedergeborene dunkle Masse in Zentrum, dem kosmischen
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