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Arglist: Roman (German Edition)

Arglist: Roman (German Edition)

Titel: Arglist: Roman (German Edition)
Autoren: Faye Kellerman
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die außerhalb seiner Kontrolle lagen.
    Zum Zeitpunkt des Todes ihres Vaters waren seine Söhne, Nicolas Frank und Jared Eliot, fünfzehn und dreizehn Jahre alt. Jetzt waren sie dreißig und achtundzwanzig. Decker hätte gerne gewusst, wie sie heute, als Erwachsene, das Ganze sahen. Man musste sie unbedingt befragen.
    Bis Decker die Akte durchgearbeitet hatte, war es drei Uhr morgens. Seine Augen waren rot unterlaufen, sein Rücken tat weh, und seine Schultern schmerzten unter der Last der Pflichten. Er schlich auf Zehenspitzen ins Schlafzimmer und schlüpfte vorsichtig unter die Decke, um seine Ehefrau nicht zu wecken. Doch kaum nahm Rina die Bewegung der Matratze wahr, kuschelte sie sich an ihren Mann.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Ja, alles klar.«
    »Liebe dich.«
    »Liebe dich auch.« Obwohl Decker vollkommen erschöpft war, brauchte er eine Weile, um einzuschlafen. Seine Träume waren unruhig, doch als er am nächsten Morgen aufwachte, konnte er sich an nichts mehr erinnern – nur an ein Gefühl von Leere irgendwo tief in seinem Herzen.

4
     
    Mit offenen Fenstern durch die Canyons von Santa Monica zu düsen, bescherte Deckers Gesicht eine angenehm salzige und feuchte Brise Meeresluft, eine willkommene Abwechslung zu dem heißeren und trockeneren Klima des Stadtviertels, wo er arbeitete und wohnte. Hier in Pacific Palisades wurde der kalifornische Traum wahr: in die felsigen Hügel hineingepasste millionenschwere Häuser, mit Gärten, die viel zu grün waren, um ohne künstliche Bewässerung zu voller Blüte gelangt zu sein. Turmhohe Eukalyptusbäume und Palmen säumten die Straße wie Wachposten auf beiden Seiten. Die Sonne brach durch den Dunst, und ein bisschen Kobaltblau lugte durch die graue Wolkendecke. Die Temperatur war angenehm, und um zehn Uhr morgens sah es so aus, als würde dieser Tag ein guter werden.
    Decker trieb seinen schrottreifen Crown Vic bergauf, und mit jedem Winkel und jeder Kurve wurde die Fahrt anstrengender. Die Adresse lag an der obersten Kante eines Felsvorsprungs, wo es kaum Parkmöglichkeiten gab, aber die Straße wenigstens nicht abfiel. Das dazugehörige Haus war modern, eine Konstruktion aus Holz, Glas und Beton.
    Melinda Little Warren öffnete die Tür, bevor er überhaupt geklingelt hatte. Sie bat ihn herein und dirigierte ihn zu einem Sofa mit weißen Bezügen aus Segeltuch-Nessel. Kein höfliches Geplänkel, die Frau kam gleich zur Sache.
    »Nach all den Jahren«, wollte Melinda wissen, »warum gerade jetzt?«
    Decker ließ sich mit der Antwort etwas Zeit, während sein Blick über das eindrucksvolle Blau des Pazifiks schweifte. »Ich könnte Ihnen sagen, dass es daran liegt, dass Ihr verstorbener Mann ein guter Mensch war und der ungelöste Fall die ganze Zeit über viele Leute umgetrieben hat. Was sogar stimmt. Aber der wahre Grund ist das Angebot einer erheblichen Schenkung für das LAPD, wenn der Fall gelöst wird.«
    Melinda musste ungefähr Mitte fünfzig sein, sah aber jünger aus mit ihren dunklen, blitzenden Augen, einer blonden Mähne und den endlos langen Beinen. Sie trug eine olivfarbene Caprihose, eine weiße Leinenbluse und Sandaletten.
    »Es geht immer ums Geld, nicht wahr?« Sie fuhr sich mit langen Fingernägeln durch ihre aschblonde Lockenpracht. »Vermutlich hätte ich von selbst darauf kommen können. Natürlich, ich habe ja auch einen Privatdetektiv beauftragt, nachdem der Fall zu den Akten gelegt worden war. Es hat mich eine Menge Geld gekostet und mir viel Kummer bereitet.«
    Während Decker Notizblock und Stift zückte, fragte er: »Hat er etwas herausgefunden?«
    »Ganz offensichtlich nichts, was den Fall gelöst hätte.«
    »Erinnern Sie sich an seinen Namen?«
    »Phil Shriner. Ich habe seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm.«
    »Ich werde ihn überprüfen lassen.«
    »Wie Sie wollen, aber mir ist das egal.« Sie schüttelte den Kopf. »Wenn ich daran denke, was Mike mit unserer Heirat auf sich genommen hat... meine desaströse finanzielle Situation... und meine verstörten Jungs... meine Bewunderung für diesen Menschen steigt und steigt logarithmisch.«
    Mike war Michael K. Warren von Warren Communications. Seine technische Spezialität waren Stimmaktivierungssysteme. Er und Melinda lebten seit zehn Jahren an diesem paradiesischen Ort mit echten Naturholzböden, einem zweistöckigen Kamin und riesigen Fensterfronten. Die wenigen Möbel waren weiß, aber der Raum strahlte keine frostige Atmosphäre aus. Vielleicht lag es an dem vielen
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