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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Das Elfte Gebot
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durch einen kleinen Wink darauf aufmerksam zu machen, damit es schneller ging.
    Fitzgerald zog die Jacke aus und hängte sie über den nächsten Stuhl. Mit der Fernbedienung auf dem Nachttisch schaltete er den Fernseher ein; dann setzte er sich auf das Sofa davor. Ricardo Guzmans Gesicht nahm den Bildschirm ein.
    Fitzgerald wußte, daß Guzman auf die Fünfzig zuging, doch mit seinen eins fünfundachtzig, dem vollen schwarzen Haar und der sportlichen Figur hätte die begeisterte Menge ihm auch die Vierzig abgekauft. Schließlich erwarteten nur wenige Kolumbianer, daß ihre Politiker ihnen die Wahrheit sagten, schon gar nicht über ihr Alter.
    Ricardo Guzman, Favorit bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl, war der Boß des Cali-Kartells, das achtzig Prozent des New Yorker Kokainhandels beherrschte und jährlich mehr als eine Milliarde Gewinn machte. Darüber hatte Fitzgerald in keiner der drei nationalen Zeitungen Kolumbiens auch nur eine Zeile gefunden – was vermutlich daran lag, daß sie alle von Guzman kontrolliert wurden und nur veröffentlichen durften, was ihm in den Kram paßte.
    »Als euer Präsident werde ich als erstes jedes Unternehmen verstaatlichen, von dem Amerikaner die Aktienmehrheit besitzen.«
Die kleine Menge, die sich um die Freitreppe des Kongreßgebäudes an der Plaza de Bolivar versammelt hatte, jubelte begeistert. Ricardo Guzmans Berater hatten ihn immer wieder gewarnt, daß es Zeitverschwendung wäre, am Tag des Länderspiels eine Rede zu halten, doch Guzman hatte nicht auf sie gehört, weil er sich sagte, daß Millionen von Fernsehzuschauern auf der Suche nach dem Sender mit der Direktübertragung des Fußballspiels durch die Kanäle zappen und ihn auf den Schirm bekommen würden, und sei es auch nur für einen Augenblick. Diese Leute würden dann überrascht sein, ihren Präsidentschaftskandidaten schon eine Stunde später ins überfüllte Stadion stolzieren zu sehen. Fußball langweilte Guzman, aber er wußte, daß sein Erscheinen, kurz bevor die eigene Mannschaft aufs Spielfeld lief, die Aufmerksamkeit der Menge von Antonio Herrera ablenken würde, dem kolumbischen Vizepräsidenten und Guzmans Hauptrivalen bei der Wahl. Herrera saß in der Ehrenloge, aber er, Guzman, stand in der Menge hinter einem der Tore. Er wollte, daß die Leute ihn als einen der ihren betrachteten, als Mann aus dem Volk.
Fitzgerald schätzte, daß die Rede noch etwa sechs Minuten dauern wurde. Er hatte sie mindestens schon sechsmal gehört: in überfüllten Foyers, in halbleeren Bars, an einer Straßenecke, sogar in einem Busbahnhof. Er zog den Lederkoffer vom Bett auf seinen Schoß.
»… Antonio Herrera ist nicht der Kandidat der Liberalen«, schimpfte Guzman, »sondern der Amerikaner. Er ist nichts weiter als die Puppe eines Bauchredners, die lediglich die Worte des Mannes im Oval Office wiederholt.« Die Menge jubelte erneut.
Noch fünf Minuten, vermutete Fitzgerald. Er öffnete den vermeintlichen Aktenkoffer und starrte auf die Remington 700, die sich lediglich ein paar Stunden außerhalb seiner Sichtweite befunden hatte.
»Immer gehen die Amerikaner davon aus, daß wir mit allem einverstanden sind, was günstig für sie ist!« donnerte Guzman. »Was für eine Dreistigkeit! Was für eine Anmaßung! Und das nur wegen ihres allmächtigen Dollars! Zur Hölle mit diesem allmächtigen Dollar!« Die Menge jubelte mit noch mehr Begeisterung, als der Kandidat einen Dollarschein aus seiner Brieftasche zog und die George-Washington-Prägung zerriß.
»Ihr dürft mir eines glauben«, fuhr Guzman fort und verstreute die winzigen Fetzen grünen Papiers wie Konfetti über die Menge.
»Gott ist kein Amerikaner…«, murmelte Fitzgerald.
»Gott ist kein Amerikaner!« rief Guzman.
Behutsam hob Fitzgerald die McMillan-Fiberglasstütze aus dem Koffer.
»In zwei Wochen werden die Bürger Kolumbiens die Gelegenheit bekommen, ihre Meinung der ganzen Welt kundzutun!« brüllte Guzman.
»Vier Minuten«, murmelte Fitzgerald, während er zum Bildschirm blickte und das Lächeln des Kandidaten nachäffte. Er nahm den Lauf aus gehärtetem Edelstahl aus seinem Fach und schraubte ihn fest an den Schaft. Er paßte wi e angegossen.
»Bei zukünftigen Gipfeltreffen wird Kolumbien wieder mit am Konferenztisch sitzen und nicht erst am nächsten Tag durch die Medien informiert werden. In nur einem Jahr, meine geliebten Mitbürger, habe ich die Amerikaner so weit, daß sie uns nicht mehr als eine ihrer Kolonien der Dritten Welt behandeln,
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