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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Die chinesische Statue und andere Uberraschungen
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ein Süchtiger lauschte er Radio Nigeria regelmäßig zu jeder vollen Stunde, um jedes kleinste Fetzchen Information zu erhaschen. Um fünf Uhr erfuhr er, daß der Oberste Militärrat einen neuen Präsidenten gewählt habe, der um neun Uhr abends über Fernsehen und Rundfunk zur Nation sprechen werde.
    Eduardo de Silveira drehte um acht Uhr fünfundvierzig das Fernsehen an; normalerweise hätte ein Mitarbeiter eine Minute vor neun den Apparat für ihn eingeschaltet. Er saß da uns sah einer nigerianischen Dame zu, die einen Vortrag über Schneiderei hielt, worauf der Wetterbericht folgte, der Eduardo mit der an eine Offenbarung grenzenden Information beglückte, daß es auch im nächsten Monat heiß sein werde. Eduardos Knie zuckten nervös, während er auf die Ansprache des neuen Präsidenten wartete. Um neun Uhr, nachdem die Nationalhymne verklungen war, erschien das neue Staatsoberhaupt, General Obasanjo, in Galauniform auf dem Bildschirm. Er sprach zunächst vom tragischen Tod des ehemaligen Präsidenten und dem unersetzlichen Verlust, den die Nation dadurch erlitten habe, und sagte dann, daß seine Regierung die Arbeit zum Besten Nigerias fortsetzen werde. Er sah verlegen drein, als er alle ausländischen Gäste, die durch den Putschversuch in Unannehmlichkeiten geraten waren, um Entschuldigung bat, machte aber deutlich, daß das nächtliche Ausgangsverbot weiterbestünde, bis die Rebellenführer aufgespürt und der Justiz überantwortet worden seien. Er bestätigte ferner, daß sämtliche Flughäfen gesperrt blieben, bis Oberstleutnant Dimka in sicherem Gewahrsam sei. Der neue Präsident beendete seine Ausführungen mit der Mitteilung, daß alle Kommunikationsmittel so bald wie möglich wiederhergestellt werden würden. Die Nationalhymne wurde ein zweitesmal gespielt, und Eduardo dachte an die Millionen Dollar, die er infolge seiner Einkerkerung in diesem Hotelzimmer möglicherweise verlieren würde, während nur wenige Kilometer entfernt sein Privatflugzeug müßig auf der Rollbahn stand. Einer seiner führenden Manager schloß Wetten darüber ab, wie lange die Behörden brauchen würden, um Oberstleutnant Dimka zu fassen; er sagte de Silveira nicht, für wie wahrscheinlich er es hielt, daß mit mindestens einem Monat zu rechnen sei.
    Eduardo ging in dem Anzug hinunter in den Speisesaal, den er tags zuvor getragen hatte. Ein Kellner wies ihm einen Platz an einem Tisch mit einigen Franzosen an, die gehofft hatten, einen Auftrag für Probebohrungen im Staat Niger zu ergattern. Wieder winkte Eduardo gelangweilt ab, als sie versuchten, ihn in ihr Gespräch einzubeziehen. Genau in diesem Augenblick hätte er mit dem französischen Innenminister Zusammensein sollen, nicht mit ein paar französischen Löcher-Bohrern! Er gab sich Mühe, sich auf die wäßrige Suppe zu konzentrieren, während er überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis sie überhaupt nur noch aus Wasser bestünde. Der Oberkellner tauchte neben ihm auf, deutete auf den letzten freien Stuhl am Tisch und wies ihn Manuel Rodrigues an. Keiner der beiden Männer gab ein Zeichen des Erkennens von sich. Eduardo kämpfte mit sich, ob er vom Tisch aufstehen oder weiterhin so tun sollte, als befände sich sein ältester Rivale nach wie vor in Brasilien. Er entschied, daß letzteres würdiger wäre. Die Franzosen begannen darüber zu streiten, wann sie wohl aus Lagos herauskommen würden. Einer von ihnen erklärte nachdrücklich, er habe von höchster offizieller Stelle erfahren, daß die Regierung beabsichtige, jeden einzelnen, der in den Staatsstreich verwickelt gewesen sei, ausfindig zu machen, bevor sie die Flughäfen wieder öffnete, und dies könne bis zu einem Monat dauern.
    „Was?“ riefen die beiden Brasilianer gleichzeitig auf englisch.
„Ich kann hier nicht einen Monat lang bleiben“, sagte Eduardo.
„Ich auch nicht“, sagte Manuel Rodrigues.
„Sie werden dableiben müssen, zumindest bis Dimka gefaßt ist“, erklärte einer der Franzosen, ins Englische überwechselnd. „Also sollten Sie beide versuchen, sich hier zu entspannen, nicht wahr?“
Die zwei Brasilianer setzten das Mahl schweigend fort. Als Eduardo fertiggegessen hatte, stand er vom Tisch auf, und ohne Rodrigues direkt anzusehen, sagte er auf portugiesisch Gute Nacht. Sein Erzrivale neigte zur Antwort den Kopf.
Der nächste Tag brachte keine weiteren Neuigkeiten. Das Hotel war nach wie vor von Soldaten umstellt, und bis zum Abend hatte Eduardo jedes Mitglied seines Stabes, mit
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