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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Die chinesische Statue und andere Uberraschungen
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beides hatte er nichts übrig. Das Essen in solchen Institutionen war ausnahmslos scheußlich, und die Tischnachbarn noch schlimmer. Es stellte sich bald heraus, daß es auch diesmal nicht anders war, und der einzige Gewinn (Eduardo pflegte alles unter dem Gesichtspunkt von Gewinn und Verlust zu beurteilen), den er aus der Begegnung zog, war die Information, daß Manuel Rodrigues einer von drei Bewerbern war, die in die engere Wahl für den Bau des neuen Hafens von Lagos gezogen wurden, und vermutlich am Freitag eine Audienz beim Präsidenten haben würde, sollte ihm der Auftrag zugesprochen werden. Am Donnerstag morgens, gelobte sich de Silveira, werden nur noch zwei in der engeren Wahl stehen, und es wird keine Zusammenkunft mit dem Präsidenten geben. Dies schien ihm das Äußerste zu sein, was er von dem Mittagessen profitieren konnte, als der Botschafter hinzufügte:
    „Rodrigues scheint sehr darauf erpicht zu sein, daß Sie den Auftrag für die neue Stadt in Abuja bekommen. Er singt Loblieder auf Sie bei jedem Minister, den er trifft. Komisch“, fuhr der Botschafter fort, „ich habe immer gedacht, Sie beide seien nicht gut aufeinander zu sprechen.“
    Eduardo gab keine Antwort, da er zu ergründen versuchte, was Rodrigues wohl im Schilde führte, indem er sich für seine, Silveiras, Sache einsetzte.
    Er verbrachte den Nachmittag mit dem Finanzminister und bestätigte die provisorischen Abmachungen, die er mit dem Generaldirektor der Bank getroffen hatte. Der Finanzminister war von diesem vorgewarnt worden, was er von einem Treffen mit Eduardo de Silveira zu erwarten habe, und daß er sich von den barschen Forderungen des Brasilianers nicht über rumpeln lassen solle. De Silveira, dem klar war, daß der Minister solchermaßen vorbereitet war, ließ den armen Karl zunächst ein bißchen handeln, und gab so gar in ein paar unbedeutenden Punkten nach, über die dem Präsidenten dann bei der nächsten Sitzung des Obersten Militärrats berichtet werden konnte. Eduardo verabschiedete sich von dem lächelnden Minister, der stolz war, dem furchterregenden Südamerikaner ein oder zwei Punkte abgerungen zu haben.
    An diesem Abend speiste Eduardo mit seinen ranghöchsten Beratern, die ihrerseits bereits mit den Ministerialbeamten verhandelten. Nun kann jeder mit Klagen und Berichten über die Probleme, mit denen man konfrontiert sein würde, wenn man in Nigeria arbeitete. Der Chefingenieur beeilte sich herauszustreichen, daß Facharbeiter zu keinem Preis aufzutreiben seien, da die Deutschen den Arbeitsmarkt schon für ihre umfangreichen Straßenbauprojekte leergekauft hätten. Auch der Finanzberater legte einen düsteren Bericht vor, wonach internationale Unternehmen sechs Monate oder länger darauf warteten, daß ihre Schecks von der Central Bank eingelöst würden. Eduarde machte sich Notizen über die Ansichten, die seine Leute äußerten, gab aber nie eine eigene Meinung zum besten. Die Berater verabschiedeten sich kurz nach elf, und er beschloß, einen kurzen Spaziergang durch das Hotelgelände zu unternehmen, bevor er sich zu Bett begab. Auf seiner Wanderung durch die üppigen tropischen Gärten konnte er einen Zusammenstoß mit Rodrigues gerade noch vermeiden, indem er sich mit einem Satz hinter eine riesenhafte Iroko-Pflanze flüchtete. Der kleingewachsene Mann ging vorüber, geräuschvoll seinen Kaugummi kauend, ohne Eduardos haßerfüllte Blicke zu bemerken. Eduardo vertraute einem krächzenden Graupapagei seine geheimsten Gedanken an: am Donnerstag nachmittag, Rodrigues, wirst du auf dem Heimweg nach Brasilien sein, mit einem Koffer voller Pläne, die unter „fehlgeschlagen“ abgelegt werden können. Der Papagei legte den Kopf schief und kreischte ihn an, als habe er verstanden. Eduardo gestattete sich ein Lächeln und kehrte in sein Zimmer zurück.
    Oberst Usman kam ihn am nächsten Morgen wieder Schlag acht Uhr fünfundvierzig abholen, und Eduardo verbrachte den Vormittag mit dem Minister für Rohstoffe und Versorgungsgüter – oder den Mangel daran, wie er nachher zu seinem Privatsekretär bemerkte. Am Nachmittag suchte er den Arbeitsminister auf und ließ sich über die Verfügbarkeit ungelernter Arbeiter und den totalen Mangel an gelernten Arbeitskräften informieren. Eduardo kam sehr bald zu dem Schluß, daß dieser Auftrag, trotz des Optimismus, den die betreffenden Minister zur Schau trugen, der härteste sein würde, den er je in Angriff genommen hatte. Da war mehr als Geld zu verlieren, wenn die
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