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Arche Noah | Roman aus Ägypten

Arche Noah | Roman aus Ägypten

Titel: Arche Noah | Roman aus Ägypten
Autoren: Chalid al-Chamissi
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einige Details, wie Wohnung, Brautgeld und Brautschmuck, ansprach, sagte sie mit der ihr üblichen Entschiedenheit, dass Achmad nur den kleinen Finger zu rühren brauche, damit sie ihm das Jawort gebe. Ausserdem erklärte sie ihrem Vater unmissverständlich, dass er sich in Acht nehmen müsse, denn sie sei imstande, die Beziehung zu jedem abzubrechen, der sich zwischen sie und Achmad stelle.
    D er Entschluss, mich von Hâgar zu trennen, fiel mir nicht leicht. Glaub ja nicht, dass unsere Beziehung, wie so viele an der Uni, bloss auf die Dauer der Studienzeit angelegt war. Keineswegs. Und glaub auch nicht, dass es uns um Sex ging. Was uns verbindet, sind die Engel, nicht die Teufel. Hâgar fliesst durch meine Adern wie Blut. Sie und meine Mutter oder vielmehr meine Mutter und sie. Was ich sagen will, ist, dass die beiden für mich Heimat, Erde und Himmel sind. Aber was soll ich machen? Ich sehe keinen anderen Ausweg.
    Nach dem Examen hoffte ich, Staatsanwalt zu werden. Dann setzte ich meine Hoffnung in die Anwaltsrobe. Das waren allesernsthafte Bemühungen, mir die Sache mit dem Ausland aus dem Kopf zu schlagen. Mutter auf der einen und Hâgar auf der anderen Seite redeten auf mich ein. Ich solle es hier versuchen, beknieten sie mich. Na gut, dachte ich, dann klammere ich mich eben an den berühmten Strohhalm. Aber selbst Strohhalme sind heutzutage rar. Alle Wege, die ich ging, führten zu ein und demselben Ergebnis: Ägypten so schnell wie möglich zu verlassen.
    Hâgar weiss, wie die Dinge stehen, und war damit einverstanden, dass ich zuerst gehe und sie später nachkommt. Schliesslich reden meine Freunde und ich seit Jahren von nichts anderem. Wir kennen alle Wege und Möglichkeiten, aus dem Land zu kommen. Jeden Plan, der aufging, haben wir genau studiert. Aber alles hat seinen Preis. Am billigsten geht es per Internet. Diesen Monat bin ich jeden Abend im Cybercafé nebenan gewesen. Das ist ein schlauchartiger Laden, in dem rechts und links ungefähr zehn Computer mit Internetanschluss aufgestellt sind. Und tatsächlich lernte ich eines Abends beim Chatten eine Amerikanerin kennen. In derselben Nacht beschloss ich, mich von Hâgar zu trennen, denn ich kann es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, sie auch nur einen Moment zu betrügen. Sie zu betrügen hiesse, meine Seele zu betrügen.
    A m 1. Januar 2000 um 11 Uhr 55 betrat Achmad sein Büro im Ministerium und wollte ungestört sein. Augenblicklich gingen alle Anwesenden aus dem Raum und liessen ihn allein. Selbstverständlich handelte es sich bei diesem Herrn nicht um unseren Achmad, sondern um Doktor Achmad Nasîf, den Minister für Kommunikation und Informationstechnologie. Um 11 Uhr 59 Minuten und 58 Sekunden verscheuchte er eine Fliege, die sich auf seinem Brillenglasniedergelassen hatte, und schaute aus dem Fenster zum goldenen Horizont. Und Punkt zwölf kam ihm wie eine höhere Eingebung die Idee zu den Cybercafés, und ein zufriedenes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht. Und in dem Moment, in dem Hâgar strauchelte, weil ihr linkes Knie leicht ins Zittern geriet, schoss ihm ein weiterer Gedanke durch den Kopf. Er wollte das Gespräch mit den Studenten der Universität Kairo suchen, um sie an seinem Traum teilhaben zu lassen.
    Am Montag, dem 17. Januar 2000, besuchte Doktor Achmad Nasîf die Universität und verkündete im Rahmen seiner Rede anlässlich der Feierlichkeiten unter dem Motto »Ägypten und das neue Jahrtausend« vor Achmad, Hâgar und vielen anderen jungen Studenten, dass im Februar ein umfassendes Fortbildungsprogramm in Informationstechnologie für Universitätsabsolventen starte. Ausserdem plane das Ministerium, Projekte zur Förderung der jungen Menschen ins Leben zu rufen, zum Beispiel durch die Erstellung einer Datenbank zur Erfassung der Arbeitslosigkeit in Ägypten. Ferner solle Arbeitswilligen die Jobsuche durch die Installation eines Informationsnetzwerkes erleichtert werden, das landesweit alle ausgeschriebenen Stellen im öffentlichen Dienst wie auch im privaten Sektor verzeichnen werde.
    Doktor Achmad Nasîf verliess die Universität, beseelt von einem Gedanken: Die Einrichtung von Cybercafés im ganzen Land, ausgestattet mit Rechnern und schnellen Internetverbindungen, benutzbar gegen ein symbolisches Entgelt, würde dem ägyptischen Volk den Eintritt ins Informationszeitalter ermöglichen. Zweifellos würde das neueArbeitsperspektiven eröffnen, vor allem auf dem Gebiet des Exports, denn endlich hätte der ägyptische
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