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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia
Autoren: Annegret Held
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zusammen, wenn ich nur ein oder zwei Jahre älter gewesen wäre. Aber so mussten wir noch ein wenig warten. Dabei konnte Jim gar nicht mehr warten, weil die U.S. Army ganz andere Pläne mit ihm hatte und er im Oktober fort sollte zum Stützpunkt Vilseck, das war am anderen Ende der Welt! Wer wusste, welche Lydia Kosslowskis es erst in Vilseck gab! Und danach sollte er wieder in die Staaten gehen, nach Fort Polk Louisiana!
    Wenn ich also jetzt in den Polters ging, um Jim zu treffen, dann war ich vollends verwirrt, denn mein Herz schlug noch immer für ihn, aber ich wusste auch: Liebeskummer lohnt sich nicht, mein Darling, schade um die Tränen in der Nacht.
    Ich hatte sein olivgrünes Unterhemd auf meinem Schoß liegen, darin hatte er von mir geträumt, aber ich hatte das Hemd nicht anziehen können, denn mit dem Hemd hatte ich ihn Lydia umarmen sehen.
    Was sollte ich nur tun? In meiner Handtasche trug ich das hundertfach verknitterte und verstoßene Patentex und hatte schon ganz vergessen, um was es da ging, und mit der Haarbürste ein Loch hineingedrückt. Wahrscheinlich konnte ich es bald wegwerfen, ohne dass ich es je gebraucht hätte, und ich dachte schuldbewusst an die zwanzig Mark, die meine Großmutter mir gegeben hatte, ohne zu ahnen, wofür.
    Da ich sowieso nicht wusste, was ich tun sollte, konnte ich mich auch schön machen und mein Haar kämmen und meine Wimpern anmalen, mehr aber nicht, denn das ist nichts für uns Wäller, ach nein, ach nein, ach nein. Aber die enge Jeans zog ich an und kriegte sie nicht zu und musste mich auf den Boden legen und sie mit der Gabel im Reißverschluss hochziehen, und dann zog ich die helle Bluse mit den vielen bunten Bändern und der Stickerei an und meine hellen Schuhe mit den Schnürbändern am Knöchel.
    Es konnte ja sein, dass ich jetzt Schluss machte mit Jim, weil er mich betrogen hatte, aber wenn ich schon Schluss machte, dann wollte ich auf jeden Fall wunderbar aussehen dabei. – Go to Vilseck! Vilseck is … the end of the world … the a. of the world … Man gibt vielleicht einen Menschen her … für die Vereinigten Staaten von Amerika … für New York! Aber doch nicht für Vilseck.
    Meine Haare wehten im Wäller Wind, die Blusenbänder und meine weiten Ärmel flatterten. Ich hörte schon von weitem aus der Disko: »Queen of Chinatown« von Amanda Lear.
    Es war gegen sieben und noch nicht voll, aber Jim saß schon an der Theke in Jeans und weißem T-Shirt und hatte die Jeansjacke über dem Hocker hängen und trank sein Asco.
    – Hi Sweety, glad you came, sagte er und küsste mich auf den Hals und ich dachte, naja, er riecht aber gut. Irgendwie dachte ich dauernd naja, naja, so ganz wunderbar ist er nicht, aber so süß; so ganz toll ist er nicht, aber auch so wunderbar, man kann ihm nicht recht glauben, aber man muss ihn anhimmeln, es ist Hopfen und Malz verloren, aber er gefällt mir, ich kann mir nicht helfen, was mache ich nur?
    Kennst du einen, kennst du alle, ich habe schon Schönere gesehen.
    Am besten, ich trank auch einen und da ich Scholmerbacherin war von ganzem Herzen, trank ich ein Hachenburger, wie sich das gehört. Der Polters gab mir dann noch einen Persico aus. Und Jim trank noch einen Asco. Ich weiß gar nicht, was uns einfiel, jedenfalls fingen wir einfach an, uns zu besaufen. Das hatte ich gelernt, das konnte ich. Ein Bier, ein Persico, ein Bier, ein Pfläumchen, ein Bier, einen Apfelkorn, ein Bier einen Kümmerling. Knallvoll.
    – What shall we do now?
    – Was wir jetzt machen?? Weiß ich doch nicht!!
    – Wanna dance??
    – Jetzt gehen wir … Sommernooscht en Bloiteduft!!
    Und so packte ich ihn am Ärmel und zerrte ihn hinaus in die Nacht, denn in der Nacht fühlte ich mich sicher, in der Dorfnacht war es immer herrlich, wenn es nach Heublumen duftete und die Grillen zirpten und die Frösche am Schafsbach quakten, und sogar die Glühwürmchen konnte man tanzen sehen. In Linnen und Langdehrenbach war Kirmes, und man hörte es sogar aus Pfeifensterz. Da feierte die Feuerwehr, und es spielte die Blasmusik, und im Steinbruch von Luckheim spielte die Band Troja, überall war Musik, überall feierten sie, überall spielten sie »Jenny, Jenny, Glück braucht keinen Penny« und »Anneliese, ach Anneliese, warum bist du böse auf mich« und eine entfesselte Rosamunde tanzte über Hügel und Wälder durch Berg und Tal.
    – Let’s go to the Lusthäuschen!, rief ich.
    – To the what? Ah … yeah, de kleine woodhouse …
    Da nahm ich
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