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Apocalypsis 3.02 (DEU): Point Nemo. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)

Apocalypsis 3.02 (DEU): Point Nemo. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)

Titel: Apocalypsis 3.02 (DEU): Point Nemo. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)
Autoren: Mario Giordano
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deutlich, als müsse er seine Stimme noch testen. Er saß aufrecht und seltsam steif auf der Untersuchungspritsche der medizinischen Station und blickte den Arzt aufmerksam und gesammelt an. Lieutenant Franklin hatte selbst eine Tochter im gleichen Alter, er kannte Kinder, er wusste, wie man mit ihnen redete. Aber dieses Kind war anders. Sein Blick aus diesen farblosen Augen wirkte viel älter, unendlich viel älter. Lieutenant Franklin verdrängte die Frage, was diese Augen im Rumpf der Asa wohl gesehen haben mochten.
    »Raymond, gut. Hey Ray, ich bin Dr. Franklin. Und wie heißt du weiter?«
    »Ray-mond.«
    »Aber hast du sonst noch einen Namen, Raymond?«
    Der Junge dachte nach.
    »Raymond … Raymond Creutzfeldt.«
    Mehr sagte er nicht. Auf jede andere Frage als die nach seinem Namen reagierte er nicht, starrte Dr. Franklin und jeden, der ihn ansprach, nur ruhig und konzentriert an.
    Unter welchen Umständen er auf das Geisterschiff gelangt war und wie er dort hatte überleben können, blieb daher weiter rätselhaft.
    Während der Arzt den Jungen untersuchte, hörte der Commander sich den Bericht der vier Kampfschwimmer an und traf eine Entscheidung. Kurz darauf traf ein Torpedo die Asa mittschiffs und versenkte sie auf den Grund des Pazifiks. In der Medizinstation kam das Geräusch der Detonation nur noch wie ein kurzes, fernes Aufstöhnen an, und Lieutenant Franklin bemerkte, dass der Junge kurz reagierte, als habe ihn jemand gerufen. Gleich darauf jedoch verhielt er sich wieder so ruhig und unbeteiligt wie zuvor.
    So verbrachte er auch die nächsten acht Tage an Bord. Die meiste Zeit verließ er die Kabine nicht, die der Doktor ihm abgetreten hatte. Wenn er sich jedoch an Deck zeigte und über die Bordwand auf den endlosen Pazifik starrte, hielt die Mannschaft Abstand zu ihm. Niemand außer dem Doktor und dem Commander sprach mit ihm. Aber er sprach ja auch selbst nicht. Er schlief nur wenig, aß und trank, was man ihm aus der Bordküche brachte, zeigte weder bestimmte Vorlieben noch Abneigungen. Er war gesund, aber unheimlich. Erst als das australische Festland in Sicht kam, bemerkte der Arzt eine sonderbare Unruhe an ihm. Raymond scharrte sanft mit den Füßen und reckte jetzt öfter den Kopf, als lausche er einer fernen, undeutlichen Stimme.
    Am Morgen des 23. Juli, sechs Stunden vor ihrem geplanten Eintreffen im Militärhafen von Sydney, brach der Funkkontakt zur Warramunga ab. Gegen Mittag entdeckten Suchhubschrauber der australischen Marine die Fregatte. Das Schiff trieb unbeschädigt, aber vollkommen verlassen neun Seemeilen nördlich von Sydney. Weder von der Besatzung noch von dem geretteten Kind fand man irgendeine Spur. Keine Leichen, kein Anzeichen von Gewalt oder irgendeiner Katastrophe. Der Maschinenraum, die Steuerstände, die Offizierskabinen und die Mannschaftsunterkünfte wirkten, als seien sie plötzlich, aber ohne Hast verlassen worden. Als sei die gesamte Besatzung auf irgendein Kommando hin unvermittelt von Bord gegangen. Nicht ohne allerdings vorher noch die Logbücher zu verbrennen und sämtliche digitalen Aufzeichnungen zu löschen.
    Der Abschlussbericht der Untersuchungskommission zum Warramunga -Fall fand also keine Erklärung für das, was in den Stunden nach dem Abbruch der Funkverbindung an Bord geschehen war. Der streng geheime Bericht erwähnte auf zwei Seiten die vergeblichen Bemühungen, Angehörige des Jungen, dessen Aussehen man nur vage aus dem Funkverkehr der Warramunga mit dem Flottenoberkommando kannte, ausfindig zu machen. Er blieb auch hier jede Erklärung schuldig, wer der Junge war, woher er stammte und wie er auf die Asa kam, deren Wrack ebenfalls nie gefunden wurde. Daher wagte der Bericht abschließend nur die Vermutung, bei dem japanischen Geisterschiff und dem blonden Jungen habe es sich womöglich um eine rätselhafte Form einer Massenpsychose gehandelt, die zum Wahnsinn und schließlich zum Suizid der 174 Seeleute geführt habe.
    Das australische Flottenoberkommando konnte trotz einer Nachrichtensperre nicht verhindern, dass die Medien wochenlang über das Verschwinden einer ganzen Schiffsbesatzung spekulierten. Aber wenigstens blieb die angebliche Begegnung mit dem Geisterschiff und dem Jungen geheim.
    Daher erfuhr das Flottenoberkommando auch nie, dass Raymond am Abend des 24. Juli bei Jim Coyne in Bawley Point klingelte und höflich nach Rahel Kannai fragte. Jim Coyne wunderte sich zwar über den sonderbaren, weiß gekleideten Jungen mit dem seltsam
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