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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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rasch den Kopf und machte eine abwehrende Handbewegung. »Nicht so hastig, Professor. Sie waren immerhin mehr als zehn Minuten ohnmächtig. Damit ist nicht zu spaßen.«
    »Bewusstlos«, verbesserte sie Mogens, während er sich behutsam in eine halb sitzende Position hochstemmte. Miss Preussler hatte Recht: Ihm wurde fast sofort schwindelig.
    »Bewusstlos?« Miss Preussler blinzelte. »Und wo ist der Unterschied?«
    »Frauen fallen in Ohnmacht, Miss Preussler«, antwortete er und zog die Beine aus dem eisigen Wasser. »Männer verlieren das Bewusstsein.«
    »Aha«, sagte Miss Preussler. Sie stand auf. »Offensichtlich geht es Ihnen ja schon wieder ganz gut.«
    Mogens verzog die Lippen zu einem gequälten Grinsen und versuchte ebenfalls aufzustehen, glitt aber im feuchten Sand augenblicklich aus und fiel ungeschickt nach hinten.
    »Geben Sie Acht, Professor«, sagte Miss Preussler spöttisch. »Nicht dass Sie am Ende wieder das Bewusstsein verlieren.«
    »Ich werde mich bemühen«, ächzte Mogens. Umständlich stemmte er sich erneut und sehr viel vorsichtiger hoch und lauschte einen Moment mit geschlossenen Augen in sich hinein. Anscheinend hatte er sich tatsächlich weder etwas gebrochen noch irgendwelche anderen schweren Verletzungen zugezogen, aber das Muskelkater-Gefühl war noch immer da und ließ jede noch so kleine Bewegung zu einer fühlbaren Anstrengung werden. Mogens biss die Zähne zusammen. Aber er ertappte sich absurderweise auch dabei, dieses Gefühl zugleich in vollen Zügen zu genießen, bewies es ihm doch, dass er noch am Leben war.
    Ein Schatten huschte durch sein Gesichtsfeld, als er sich herumdrehte, und Mogens hielt für einen Moment in der Bewegung inne und blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht nach Süden. Irgendwo, weit hinter der zerbröckelnden Linie der Steilküste, stiegen graue und schwarze Rauchwolken in den Himmel. Dort hinten brannte es, und der Anblick löste einebenso sonderbares Gefühl in ihm aus wie der dumpfe Beinahe-Schmerz, der noch immer jede seiner Bewegungen begleitete. Der schwarze Rauch bedeutete zweifellos irgendein Unglück und möglicherweise auch Leid oder Tod, die über Menschen gekommen waren, aber er war auch ein Teil des Lebens, so wie ihm der Schmerz in seinen Gliedern letzten Endes bewies, dass auch er noch am Leben war.
    »Da hinten brennt es«, sagte er.
    Miss Preussler nickte. Sie sagte nichts, aber irgendetwas war an ihrem Schweigen, was Mogens beunruhigte.
    »Ich möchte wissen, was passiert ist«, fuhr er fort. Er dachte einen Moment angestrengt nach, kam aber zu keinem Ergebnis. Er hatte sich den Weg, den Tom und er genommen hatten, nicht gemerkt. Wozu auch? »Ist das … unser Lager?«, fragte er zögernd.
    Statt zu antworten, sah ihn Miss Preussler auf eine Weise an, die ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ, und das eindeutig länger, als ihm angemessen schien, dann hob sie die Hand und deutete auf einen schmalen Pfad, der in einiger Entfernung an der Steilküste hinauf führte. »Ich war oben.« Ihre Stimme klang … sonderbar, dachte Mogens.
    »Also ist es unser Lager«, murmelte er. Natürlich. Das Beben war zweifellos stark genug gewesen, um auch an der Oberfläche spürbar zu sein und nicht nur das Lager zu zerstören, sondern möglicherweise auch …
    Mogens erschrak. »O Gott«, flüsterte er. »Nicht die Stadt!« Fast entsetzt starrte er Miss Preussler an. »Dort müssen … mein Gott, dort leben Hunderte von Menschen. Sagen Sie mir, dass es nicht die Stadt ist!«
    »Nein«, antwortete Miss Preussler; aber sie tat es auf eine Art, die rein gar nichts Beruhigendes hatte, sondern seine Angst eher noch schürte. »Nicht die Stadt. Es ist San Francisco. Es brennt.«
    Mogens starrte sie an.
    »Man kann nicht viel sehen«, antwortete Miss Preussler leise. »Wir sind mindestens dreißig Meilen entfernt. Aber es sieht aus, als stünde der ganze Horizont in Flammen. DasFeuer muss gewaltig sein, wenn man den Rauch bis hierher sieht.«
    »San Francisco?«, wiederholte Mogens ungläubig. »Aber das … das ist doch nicht möglich. Wir sind doch viel zu weit …« San Francisco? Das konnte nicht sein. Die Explosion war gewaltig gewesen, aber nicht so gewaltig. Dreißig Meilen! Unmöglich! Das konnte nicht sein!
    Mogens schüttelte den Gedanken mit Gewalt ab und führte seine begonnene Bewegung mit einiger Verspätung zu Ende. Weniger als ein Dutzend Schritte hinter ihnen war die gesamte Steilküste zusammengebrochen. Der schmale
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